Teurer Traum

Einfamilienhauspreise sind im Kanton Zürich in den letzten fünf Jahren massiv gestiegen. Je höher das Preisniveau einer Gemeinde, desto grösser war das Preiswachstum. Für viele bleibt damit der Traum vom Einfamilienhaus unerreichbar.

Text: Julia Lareida und Andrea Horehájová, Analytics Immobilien

Teurer Traum - klein
Für viele zum unbezahlbaren Traum geworden: das Eigenheim. (Illustration: Maria Salvatore)

Der Traum vom Haus – für viele ist seine Erfüllung in den letzten fünf Jahren in weite Ferne gerückt. Die Preise für Einfamilienhäuser (EFH) sind explodiert, insbesondere in den Pandemiejahren. Gefangen in der Wohnung, stieg die Sehnsucht nach Platz, privaten Aussenflächen, Gestaltungsmöglichkeiten und Freiheit. Der Traum vom bereits als bieder und als Auslaufmodell abgestempelten Einfamilienhauses ist bei vielen Haushalten aufgeflammt. Die Angebotsplattformen waren wie leergefegt. Private Eigenheimbesitzer, insbesondere ältere, blieben länger in ihren vier Wänden. Niemand wollte sich vom vertrauten Eigenheim trennen. Als Konsequenz hat eine regelrechte Preisrallye um die wenigen zum Verkauf stehenden Einfamilienhäuser begonnen. Im Bieterverfahren stiegen vielerorts die Preise in bisher unbekannte Höhen. Wir haben erstmals alle Einfamilienhäuser im Kanton Zürich aktuell und rückwirkend per 2018 bewertet. Unsere Analyse zeigt: Die Preissteigerungen sind enorm.

1 Million mehr, bitte


Ein Eigenheim mit Seesicht ist für viele die Idealvorstellung. Mit eingeschränktem Budget muss man die Seegemeinden allerdings rasch ausser Acht lassen und sich anderweitig umschauen. Die untenstehende Karte zeigt die Zunahme der Einfamilien­hauspreise zwischen 2018 und 2023 pro Gemeinde und für Zürich und Winterthur pro Kreis. Wir haben jedes EFH im Kanton Zürich bewertet, und unsere Auswertung belegt: In nur fünf Jahren erfuhren rund um den Zürichsee 12 Prozent aller EFH eine Wertsteigerung von über 1 Million Franken. Um sich ein solches Haus leisten zu können, müsste man in nur fünf Jahren ein um 200’000 Franken höheres Vermögen vorweisen. Gleichzeitig hätte das jährliche Einkommen um rund 160’000 Franken steigen müssen. Bereits vor 2018 gehörten die Bezirke Meilen, Horgen und Zürich zu den teuersten Pflastern im Kanton. Nun haben diese auch noch am kräftigsten zugelegt. Die Preiserhöhungen bewegen sich links und rechts vom See für den Grossteil der EFH in Horgen zwischen 270’000 und 700’000 Franken und in Meilen zwischen 340’000 und 830’000 Franken.

Die Stadt Zürich schlägt diese Entwicklung sogar noch. In der Limmatstadt bewegen sich die Preiserhöhungen mehrheitlich zwischen 380’000 und 990’000 Franken. Dabei lassen sich innerhalb der Stadt Zürich deutliche Unterschiede erkennen. Am stärksten sind die Preise rund um Wipkingen und Höngg sowie in Hottingen gestiegen. Der Kreis 7 mit den meisten Einfamilienhäusern in der Stadt gehörte schon seit Längerem zu den teuersten in Zürich. Die Einfamilienhauspreise haben sich dort sogar von durchschnittlich 2,9 auf 3,8 Millionen Franken erhöht. Der Kreis 10, ebenfalls reich an EFH, kann mit Südhanglage und Blick über die Innenstadt und den See punkten. Hier sind die Preise von durchschnittlich 1,8 auf 2,7 Millionen Franken gestiegen.

Ein wenig entspannter wirkt der restliche Kanton Zürich. Hier sind die Einfamilienhauspreise im Schnitt um rund 280’000 Franken gestiegen. Den niedrigsten mittleren Anstieg kann der Bezirk Andelfingen verzeichnen mit einem Plus von weniger als 200’000 Franken. Wer den Bezirk Winterthur auf der Suche nach einem EFH durchstreift, findet vom Bauernhaus bis zum verglasten Neubau das ganze Spektrum. Der heterogene Bezirk hat eine moderate Preisentwicklung hinter sich. Dennoch zeigt sich auch hier das typische Muster. Die urbaneren Räume und gut erschlossenen Regionen haben deutlicher zugelegt als die ländlichen.

Die Seegemeinden verzeichneten das stärkste Preiswachstum

Preiswachstum 2018 bis 2023
Quelle: Zürcher Kantonalbank

Je teurer die Gemeinde, desto grösser das Preiswachstum

Die fünf grössten und kleinsten absoluten Preisanstiege seit 2018 in Franken, Gemeinden Kanton Zürich

Preiswachstum Tabelle
Quelle: Zürcher Kantonalbank

Teuer wird teurer

Es erscheint intuitiv, dass die Preise in teuren Lagen stärker gestiegen sind. Steigen die Preise in Marthalen, so steigen sie meist auch in Erlenbach, und aufgrund des unterschiedlichen Niveaus ist der Aufschlag in Franken in Erlenbach höher. Überraschenderweise sind die Preise in hochpreisigen Regionen aber nicht nur absolut, sondern in der Tendenz auch prozentual stärker gestiegen. So stiegen beispielsweise die Preise in Erlenbach 29 Prozentpunkte stärker als in Marthalen. Die Preisschere ist dadurch deutlich aufgegangen.

Von den massiven Preissteigerungen profitieren Eigenheimbesitzer. Der indirekte Vermögensaufbau der letzten fünf Jahre war gross. Besitzer eines EFH in Erlenbach könnten sich theoretisch mit dem Wertgewinn schon beinahe ein weiteres EFH in Marthalen leisten.

Standard für 3 Millionen

Die Stadt Zürich sowie die Bezirke links und rechts vom See gehören schon längst, aber nach den Preissteigerungen der letzten fünf Jahre nun umso mehr, zu den Preischampions. Das liegt nicht nur an der Lage, in den Seeregionen wird auch grösser gebaut. Den Bedürfnissen der Klientel entsprechend fällt die Wohnfläche um einiges höher aus. Daher sind Preise über 3 Millionen Franken schon gang und gäbe. In Zürich ist dies bei mehr als jedem vierten EFH der Fall. Dies liegt primär an dem knappen Angebot. Einfamilienhäuser sind in der Stadt Zürich ein rares Gut. Dementsprechend hoch sind die Preise. Im Bezirk Meilen kosten mittlerweile sogar bereits 37 Prozent aller EFH mehr als 3 Millionen Franken. Wer kann sich das noch leisten?

Teure Einfamilienhäuser

Anzahl Einfamilienhäuser im Bestand, neu bewertet per 2023, Kanton Zürich

Preissegmente EFH
Quellen: Zürcher Kantonalbank

Trübe Aussichten

Auf der anderen Seite des Preisspektrums befinden sich die günstigeren EFH. Für unter 1 Million Franken bekommt man im Schnitt ein 87 Jahre altes Haus mit 117 Quadratmetern Wohnfläche, 361 Quadratmetern Grundstück und 4 Zimmern. In der Stadt Zürich befinden sich unterhalb dieser Preisgrenze noch genau zwei EFH. Der Anteil dieser günstigen EFH ist im gesamten Kanton auf 8 Prozent gesunken. Die besten Aussichten, ein solches Haus zu finden, hat man in den Bezirken Winterthur und Andelfingen, darauf folgt Hinwil. Dennoch ist auch hier der Anteil seit 2018 geschrumpft. Zwei von drei EFH für unter 1 Million Franken, die man sich 2018 vielleicht noch hätte leisten können, kosten heute deutlich mehr. Die folgende Karte zeigt den Schwund. Dieser ist im ganzen Kanton eklatant. Im Zentrum Winterthurs beispielsweise wurde das Segment der günstigen EFH regelrecht verdrängt. Auch die kleinen Arbeiterhäuser sind mittlerweile teuer geworden. Primär in den urbanen Räumen und den verkehrstechnisch gut angebundenen Regionen sind die günstigen Häuser mittlerweile Mangelware. Ein Inserat mit einem Verkaufspreis für unter 1 Million Franken erscheint nur noch selten.

Und nicht einmal ein solches Objekt könnte sich der durchschnittliche Mieter im Kanton Zürich leisten. So haben wir basierend auf den kantonalen Steuerdaten für alle Steuerzahler in Miete die maximal finanzierbaren Einfamilienhauspreise entsprechend ihres jeweiligen Einkommens und Vermögens berechnet. Unsere Auswertung zeigt, dass über 80 Prozent aller Steuerzahler in Miete im Kanton Zürich sich kein Einfamilienhaus für 1 Million Franken leisten können. Damit ist der Grossteil der Mietenden fast chancenlos, in nächster Zeit am Einfamilienhausmarkt zu partizipieren, auch wenn der Wunsch danach gross sein sollte.

Einfamilienhäuser unter einer Million Franken sind rar geworden

Alle Einfamilienhäuser bewertet per 2018 und heutiges Preisniveau, Kanton Zürich

EFH unter 1 Mio. Fr.
Quellen: Zürcher Kantonalbank

Ohne Angebot kein eigenes Traumhaus

Die enormen Preissteigerungen scheinen der Vergangenheit anzugehören. Dennoch ist trotz gestiegener Hypothekarkosten nicht von sinkenden Preisen auszugehen. Zu gering ist der Bestand an EFH und weiterhin zu gross die Nachfrage. Wer sich 2018 noch ein EFH geleistet hat, darf sich glücklich schätzen. Für künftige Eigenheimbesitzer wird die Suche nach dem Traumhaus herausfordernder, denn das Preisniveau hat bereits jetzt schwindelerregende Höhen erreicht.

Unsere Bewertung aller EFH im Kanton Zürich und das damit quantifizierte Preiswachstum zeigen deutlich, dass der Traum für viele Mieter weiterhin ein Traum bleiben wird. Der begrenzte Boden und die zunehmende Bevölkerung machen das Einfamilienhaus zwangsläufig zum Auslaufmodell. Auf dem Weg zur 10-Millionen-Schweiz scheint diese Wohnform nicht mehr passend zu sein. Die neue Ausgangslage zwingt viele, insbesondere die Jungen, zum Umdenken und Umträumen. Und vielleicht wird sich auch der Wunsch nach Wohneigentum wandeln, weg vom freistehenden Einfamilienhaus mit Umschwung hin zum Urban Gardening und zur sonnenverwöhnten Terrasse. Die Zeitenwende wurde bereits eingeläutet.

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