Alternde Gesellschaft
Die Bevölkerung altert. Was gesellschaftlich enorme Herausforderungen mit sich bringt, kann für Anlegerinnen und Anleger Chancen bieten. Welche das sind, erfahren Sie im Beitrag von Anlagespezialist Jens Schweizer.
Text: Jens Schweizer
Nein, ich nicht! Mir passiert das bestimmt nie! Ich werde nie alt! Waren wir als Jugendliche und junge Erwachsene nicht alle dieser Meinung? Und es passiert doch, auch ich, ehemaliger Halbwüchsiger und alternder Familienvater, werde jeden Tag mindestens 24 Stunden älter. Immerhin altern wir alle gemeinsam. Ein immer grösserer Teil der Bevölkerung beginnt sogar bereits den dritten Lebensabschnitt – vor allem in den Industrieländern.
Die Babyboomer, die geburtenstarken Jahrgänge der 1950er- und 1960er-Jahre, gehen nun langsam in Rente. 2028 wird die Verrentungswelle in der Schweiz ihren Höhepunkt erreichen. Seit dem Pillenknick in den späten 1960er-Jahren liegt die Geburtenrate hierzulande bei lediglich 1,5 Kindern pro Frau, ein tiefer Wert bei gleichzeitig steigender Lebenserwartung. Lag diese 1880 in der Schweiz noch bei rund 40 Jahren, hat sie sich gemäss dem Bundesamt für Statistik (BFS) auf nunmehr über 80 Jahre verdoppelt. Die Menschen werden immer älter und weniger Junge kommen nach. In europäischen Industrieländern sind typischerweise bereits 20 bis 25 Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre alt, Tendenz steigend.
Die Ausgabemuster von älteren Menschen unterscheiden sich von jüngeren Generationen, was zu einer Verlagerung in Bereiche wie Gesundheit und Finanzdienstleistungen führen kann.
Jens Schweizer, Anlagespezialist Zürcher Kantonalbank
Gesellschaftliche Herausforderungen, aber Chancen für Anlegerinnen und Anleger
Soziodemografisch ist diese Entwicklung enorm herausfordernd, da eine alternde Gesellschaft den Generationenvertrag zunehmend belastet. Sozial- und Steuersysteme, der Arbeitsmarkt und viele andere gesellschaftliche und staatliche Strukturen beruhen immer noch auf längst überholten Annahmen zur Bevölkerungsentwicklung. Doch sehen wir das Positive: Für Unternehmen führt dies zu Chancen in einem stark wachsenden Markt. Personen über 65 Jahren besitzen im Durchschnitt mehr Vermögen als Junge und verfügen über eine entsprechend höhere Kaufkraft. Auch unterscheiden sich ihre Ausgabenmuster von jüngeren Generationen, was zu Verlagerungen in folgenden Bereichen führen könnte:
- Gesundheit und Wohlbefinden: Mit zunehmendem Alter steigt der Bedarf an medizinischer Unterstützung. Auf Altersgebrechen ausgerichtete Medikamente, Behandlungsmethoden oder physische Unterstützung wie Hörgeräte, Seh- und Gehhilfen gehören dazu. Aber auch breiter gefasste Ausgaben zur Unterstützung des Alltags und Wohlbefindens, beispielsweise ein angepasstes Wohnumfeld und Wellnessprogramme, werden wichtiger.
- Finanzdienstleistungen: Höhere Vermögen, ein wegfallendes Erwerbseinkommen und gleichzeitig steigende Komplexität der finanziellen und familiären Verhältnisse erfordern Finanzdienstleistungen aller Art. Das Risikobedürfnis sinkt nicht nur bei den Anlagen, sondern kann auch den Bezug umfangreicherer Versicherungsleistungen notwendig machen. Auch der Wunsch nach finanzieller Absicherung der Angehörigen im Falle des eigenen Ablebens wird immer drängender (z. B. über Lebensversicherungen).
- Freizeit und Reisen: Die Reduzierung oder Aufgabe der Erwerbstätigkeit lädt zu anderen Aktivitäten ein. Lang gehegte Wünsche nach Reisen oder zeitintensiveren Freizeitaktivitäten können endlich erfüllt werden.
Unternehmen, die sich diesen Bereichen widmen, könnten davon profitieren. Den heiligen Gral und die Suche nach Unsterblichkeit überlassen wir jedoch lieber Indiana Jones. Konzentrieren wir uns auf Ihre Anlagen. Ist Ihr Portfolio bereit für die alternde Gesellschaft?