«Es sind nicht die Menschen, die kreditunwürdig sind. Es sind die Banken, die menschenunwürdig sind.» Mit diesem Credo entwickelte Muhammad Yunus in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein Instrument, das an der Schnittstelle zwischen Finanzwesen und Armutsbekämpfung liegt: die Mikrofinanzierung. Die Armut, die der Wirtschaftsprofessor in seinem Heimatland Bangladesch erlebte, führte er darauf zurück, dass die Armen vom Finanzsystem weitestgehend ausgeschlossen waren. Um der armen Bevölkerung zu helfen, sich selbst zu helfen, entwickelte er das Konzept der Mikrokredite und baute damit eine Brücke über diese Finanzierungslücke.
Mikrokredite werden meist von lokalen Instituten vergeben. Dies geschieht selten an Einzelpersonen, sondern meist an Gruppen, die solidarisch für die Rückzahlung haften. Auf diese Weise unterstützen sich die Menschen innerhalb der Gruppe gegenseitig, das Ausfallrisiko sinkt. Mittlerweile zählt die Mikrofinanzierung zu den etablierten Grössen der Armutsbekämpfung.
Die euphorische Hoffnung der Anfangszeit, dass Mikrofinanz die Armut vollständig besiegen könnte, ist jedoch verflogen, da die Branche an ihre Grenzen stösst. Aktuelle technologische Entwicklungen könnten dieser Form der Armutsbekämpfung allerdings neuen Schwung verleihen. Die Diskussion über die Digitalisierung der Branche intensiviert sich.