Was ist Marktpotenzial?

Unternehmen müssen zwingend Erträge erzielen, um am Markt erfolgreich zu bestehen. Die Entscheidung, in einen neuen Markt einzutreten, erfordert dabei umfangreiche Abklärungen und Risikoabwägungen.

Text: Rolando Seger, Anlagespezialist

Kind mit Raketenanzug und Skateboard an Startrampe (Bild: Getty)
Als theoretische Grösse beschreibt das Marktpotenzial, wer realistischerweise infrage kommt oder das Bedürfnis haben könnte, das Produkt oder die Dienstleistung zu kaufen. (Bild: Getty)

In einem marktwirtschaftlichen System stehen aus Unternehmenssicht grundsätzlich alle Entscheidungen stets unter der Prämisse von Wirtschaftlichkeit und Gewinn. So auch die Entscheidung, neue Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln und zu vertreiben, denn kein Unternehmen würde dies tun, ohne dass sich damit Erträge erzielen lassen.

Dies erfordert besonders bei forschungsintensiven Produkten umfangreiche Abklärungen und Risikoabwägungen. Stellen wir uns ein Medikament im Bereich der Schmerzlinderung vor. Um im Markt gegenüber Mitbewerbern erfolgreich bestehen zu können, muss ein Produktnutzen vorhanden sein, der einen komparativen Vorteil darstellt. Das können rationale oder emotionale Kaufargumente sein. Beispielsweise eine höhere Wirksamkeit des Medikaments, geringere Nebenwirkungen, ein tieferer Preis, längere Haltbarkeit, eine vorteilhaftere Verpackung oder eine besonders sympathische Werbung. Die Liste liesse sich beliebig verlängern.

Erweitert der Bäcker sein bestehendes Sortiment um eine neue Brotsorte, die jedoch bei den Kunden nicht ankommt, hält sich der Schaden in überschaubaren Grenzen. Bei einem Pharmaprodukt sind die Dimensionen der Kosten für Entwicklung, Produktion, Vertrieb und Vermarktung jedoch gigantisch. Ohne umfassende Marktforschung wird heute kaum ein neues Produkt entwickelt, das erhebliche Vorinvestitionen erfordert. Zu gross ist das Risiko eines Flops, falls die Hausaufgaben im Vorfeld nicht sauber erledigt wurden.

Von der Marktkapazität zum Marktpotenzial

In der Marktforschung werden Absatzmärkte quantifiziert, um daraus klassische Bemessungsgrössen abzuleiten. Bleiben wir beim Beispiel der Schmerzlinderung für Erwachsene und beschränken wir uns auf die Schweiz. Das Medikament könnte theoretisch von allen in der Schweiz lebenden Erwachsenen verwendet werden. Diese Grösse beschreibt die Marktkapazität.

Die Marktkapazität ist jedoch nur eine bedingt nützliche Zahl. Menschen, die keine Schmerzmittel benötigen, scheiden aus. Auch solche, die Pharmaerzeugnisse ablehnen. Vielleicht gibt es auch Regionen, in denen das Medikament gar nicht vertrieben wird. Als ebenfalls theoretische Grösse beschreibt das Marktpotenzial also, wer realistischerweise infrage kommt oder das Bedürfnis haben könnte, die Arznei zu kaufen.

Marktvolumen relevant für Neueinsteiger

Sprechen wir vom tatsächlich mit Schmerzmitteln erzielten Umsatz innerhalb einer definierten Region, entspricht dies dem Marktvolumen. Dieses ist gegenüber dem Marktpotenzial deshalb geringer, weil hier weitere Ausschlusskriterien zum Tragen kommen. Zum Beispiel in Bezug auf Kaufwilligkeit, Kaufkraft, Nützlichkeit, Verträglichkeit und so weiter.

Kennt ein Unternehmen das Marktvolumen und ist es selbst in diesem Markt aktiv, kann es seinen Marktanteil in Bezug auf Absatz oder Umsatz leicht errechnen. Das Marktvolumen ist aber auch sehr nützlich für diejenigen, die erwägen, in einen Markt einzusteigen.

Wissen, was zu holen ist

Ein bestehender Markt kann unter Aspekten der Innovation und des Produktlebenszyklus wachsen und sich weiterentwickeln. Anbieter unternehmen deshalb grosse Anstrengungen, um Märkte zu analysieren und um das Potenzial der Nachfrage zu ermitteln. Stagnieren die Umsätze, ist anzuzweifeln, ob es sich überhaupt lohnt, in einen Markt zu investieren, da eventuell sein Potenzial schon ausgeschöpft und damit seine Sättigung erreicht ist.

 

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