Die ZKB auf dem Weg zu Netto-Null im eigenen Betrieb

Die Zürcher Kantonalbank ist bestrebt, alle betrieblichen Restemissionen zu entfernen – dies mit einem Portfolio an natürlichen und technischen Negativemissionstechnologien.

Interview: Tanja Müller

Marit Kruthoff, Fachstelle Leistungsauftrag
«Wir müssen die CO₂-Entnahme und -Speicherung mit verschiedenen Technologien angehen»: Marit Kruthoff. (Bild: Flavio Pinton)

Wir erinnern uns: Im August 2019 beschloss der Bundesrat als Reaktion auf den Sonderbericht des Weltklimarates über die Erderwärmung von 1,5 °C, bis 2050 eine ausgeglichene Treibhausgasbilanz anzustreben. Diesem Netto-Null-Ziel hat die Stimmbevölkerung am 18. Juni 2023 mit Annahme des Klima- und Innovationsgesetzes zugestimmt.

Die Zürcher Kantonalbank wiederum hat sich zum Ziel gesetzt, in ihrem Betrieb das Netto-Null-Ziel bereits bis 2030 zu erreichen. Es ist die Fachstelle Leistungsauftrag, die innerhalb der ZKB für die Erreichung des betrieblichen Netto-Null-Ziels bis 2030 verantwortlich ist.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die verbleibenden Emissionen, die nicht reduziert werden können, mittels geeigneter Technologien aus der Atmosphäre entfernt werden. Im Bereich der Negativemissionstechnologien (NET) arbeitet die Zürcher Kantonalbank mit neustark AG und seit Kurzem mit zwei weiteren Partnern zusammen: climeworks AG und Bioenergie Frauenfeld AG. Climeworks und die Zürcher Kantonalbank verbindet bereits eine langjährige Partnerschaft, denn seit 2014 ist die ZKB auch Investorin bei climeworks.

Marit Kruthoff von der Fachstelle Leistungsauftrag erklärt den Weg der ZKB zum betrieblichen Netto-Null-Ziel und wie die Negativemissionstechnologien dabei unterstützen.

Der Begriff Netto-Null ist seit geraumer Zeit in aller Munde – was bedeutet er genau?

Netto-Null bedeutet, dass alle durch den Menschen verursachten Treibhausgasemissionen durch Reduktionsmassnahmen wieder aus der Atmosphäre entfernt werden, sodass die Klimabilanz der Erde nach diesem natürlichen oder technologischen Abzug netto Null beträgt. Damit wäre die Menschheit klimaneutral – und die globalen Temperaturen könnten sich stabilisieren.

Wie verfolgt die Zürcher Kantonalbank mit ihrem betrieblichen Umweltprogramm ihren Weg zu Netto-Null und welche Ziele wurden definiert?

Zunächst einmal definiert das betriebliche Umweltprogramm die Umweltziele für die Betriebsökologie der Zürcher Kantonalbank. Gesamthaft ist das Ziel des Umweltprogramms die kontinuierliche Senkung der CO2-Äquivalent-Emissionen (CO2e) und die Steigerung der betriebsökologischen Leistung. Die vier wichtigsten Treiber der CO2e-Emissionen im Betrieb der Zürcher Kantonalbank sind: Strom- und Wärmeenergie, der Verkehr – hier besonders der Strassen- und Luftverkehr – sowie der Papierverbrauch. Bei diesen wichtigsten Treibern will die ZKB in Zukunft weitere Einsparungen realisieren. Mithilfe des betrieblichen Umweltprogramms konnte die Bank ihren CO2e-Fussabdruck seit 2010 um circa 70 Prozent senken. Bis 2030 will die ZKB ihre Emissionen auf maximal 1'800 Tonnen CO2e pro Jahr beschränken.

Marit Kruthoff, Fachstelle Leistungsauftrag

Mithilfe des betrieblichen Umweltprogramms konnte die Bank ihren CO2e-Fussabdruck seit 2010 um circa 70 Prozent senken.

Marit Kruthoff, Fachstelle Leistungsauftrag

Was sind Negativemissionstechnologien und wie unterstützen diese die Bank bei ihrer betrieblichen Netto-Null-Strategie?

Trotz der vorgesehenen Reduktionsmassnahmen gibt es die sogenannten verbleibenden CO2-Restemissionen, die sehr schwer zu vermeiden sind. Die Negativemissionstechnologien – auf Englisch Carbon Removal oder CDR genannt – umfassen technologische und naturbasierte Ansätze, mit denen das CO2 direkt aus der Atmosphäre entfernt und über einen langen Zeitraum – von Jahrzehnten bis zu Zehntausenden von Jahren – gespeichert wird. Das CO2 kann in Pflanzen, Böden, Ozeanen, Gesteinen, salzhaltigen Aquiferen, erschöpften Ölquellen oder in langlebigen Produkten wie Zement gespeichert werden. Durch die CO2-Entfernung werden sogenannte Negativemissionen erzielt.

Was ist der Unterschied zu den herkömmlichen CO2-Vermeidungszertifikaten (CO2-Kompensation) und den Negativemissionstechnologien?

Die CO2-Kompensation bezieht sich auf Massnahmen, die Treibhausgasemissionen an einem Ort durch Investitionen in Projekte zur Emissionsreduktion an einem anderen Ort ausgleichen, wie beispielsweise die Förderung des Ausbaus von Solarstrom. Negativemissionstechnologien hingegen zielen darauf ab, CO2 aktiv aus der Atmosphäre zu entfernen und dauerhaft zu speichern. Während CO2-Kompensation darauf abzielt, Emissionen an einem anderen Ort zu vermeiden, reduzieren Negativemissionstechnologien den tatsächlichen CO2-Gehalt in der Atmosphäre.

Weshalb setzt die Zürcher Kantonalbank im Bereich der Negativemissionstechnologien auf drei verschiedene Partnerschaften?

Die Bank setzt auf die Kombination der drei Anbieter neustark, climeworks und Bioenergie Frauenfeld. Die von diesen Firmen genutzten Technologien sind allesamt noch relativ jung. Es ist daher nicht voraussehbar, wie schnell sie sich in Zukunft entwickeln werden. Generell müssen wir die CO2-Entnahme und -Speicherung mit verschiedenen Technologien angehen. Je nach geografischen Eigenheiten und abhängig vom Ausmass der Urbanisierung einer Gegend bestehen unterschiedliche Voraussetzungen, die für die eine oder andere Technologie sprechen. Ausserdem unterstützen wir mit den drei Partnerschaften die Skalierung aller drei Unternehmen.

Wie funktioniert die Negativemissionstechnologie bei climeworks?

Climeworks entwickelt, baut und betreibt Direct-Air-Capture-Anlagen. Direct Air Capture ist eine Technologie, die CO2 direkt aus der Atmosphäre entfernt. Der Prozess umfasst zwei Hauptschritte: Zuerst wird Kohlendioxid aus der Umgebungsluft mit climeworks Direct-Air-Capture-Technologie eingefangen. In einem zweiten Schritt wird das aus der Luft eingefangene CO2 dauerhaft für Tausende von Jahren gespeichert, zum Beispiel durch unterirdische Mineralisierung. Climeworks betreibt die weltweit zwei grössten Direct-Air-Capture-Anlagen in Island, die ausschliesslich mit erneuerbarer Energie betrieben werden.

Climeworks-Anlage in Island
Direct-Air-Capture-Anlagen von climeworks in Island. (Bild: climeworks)

Wie funktioniert die Negativemissionstechnologie bei der Bioenergie Frauenfeld?

Im Holzheizkraftwerk der Bioenergie Frauenfeld kommt das Verfahren der Pyrolyse zur Anwendung. Ungenutztes Restholz aus der Wald- und Landschaftspflege, Sturmholz oder von Schädlingen befallenes Holz wird bei diesem Prozess in zwei Stufen erhitzt. In der ersten Stufe wird das Holz zu Biokohle pyrolysiert. Bei der zweiten Stufe wird die Kohle erneut erhitzt – und so wird Holzgas gewonnen, welches an Motoren weitergeleitet und in erneuerbaren Strom umgewandelt wird. Dieser reicht aus, um den jährlichen Bedarf von rund 8’000 Haushalten zu decken. Während der Umwandlung von Gas zu Ökostrom entsteht zusätzlich Abwärme, die dem Fernwärmeleitungsnetz zugeführt wird. Die in der Anlage des Holzheizkraftwerks produzierte Biokohle kommt zudem als wertvolles Produkt in der Landwirtschaft und weiteren Industrien zum Einsatz. Ein weiterer Pluspunkt: Der von den Bäumen aufgenommende Kohlenstoff wird durch den Prozess als Biokohle fixiert und nicht mehr als CO2 an die Atmosphäre abgegeben. Somit wird die gesamte Produktion zu einem CO2-negativen und somit klimapositiven Prozess.

Anlage von Bioenergie Frauenfeld
Holzheizkraftwerk der Bioenergie Frauenfeld (Bild: Bioenergie Frauenfeld)

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