Investment Stewardship: Einblicke und Ausblicke

Stewardship als nachhaltiger Anlageansatz hat in den vergangenen Jahren an Aufmerksamkeit gewonnen. Die Ergebnisse der diesjährigen Stewardship-Analyse von Asset Managern bestätigt dies – allerdings sind auch Rückschläge zu beobachten. Die Analyse der ZKB liefert Einblicke ins Thema.

Text: Sarah Spirig

Neue Hard - Geschäftshaus Zürcher Kantonalbank
Die ZKB beschäftigt sich seit 2021 vertieft mit dem Thema Stewardship. (Bild: Christian Grund)

Stewardship, auch «Active Ownership» genannt, wird oftmals als Mittel gesehen, im öffentlichen Markt eine Wirkung zu erzielen oder Einfluss auf verschiedene Akteure auszuüben. Dies geschieht üblicherweise durch den direkten Dialog mit den investierten Firmen (Engagement) sowie über das Abstimmungsverhalten an Generalversammlungen (Proxy Voting). Die gestiegene Relevanz des Themas ist auf vermehrtes Interesse seitens wichtiger Anspruchsgruppen wie Investoren sowie der Entstehung verschiedener Standards und Initiativen zurückzuführen. Somit ist der Druck nicht nur für Asset Manager gestiegen, sondern auch für institutionelle Investoren wie Banken oder Pensionskassen (auch Asset Owner genannt).

Seit Anfang 2021 beschäftigen wir uns bei der ZKB im Bereich Manager Selection vertieft mit dem Thema Stewardship. Da wir bei unseren standardisierten Vermögensverwaltungsmandaten in Fondslösungen von verschiedenen Asset Managern investiert sind, wurde ein Stewardship Assessment auf Asset-Manager-Ebene entwickelt. Die von uns entworfene Stewardship-Scorecard hat zum Ziel, Asset Manager systematisch auf ihre Stewardship-Aktivitäten zu überprüfen und diese zu bewerten – einerseits im historischen Vergleich und andererseits im Peer-Group-Vergleich. Mithilfe der Stewardship-Scorecard haben wir schon das zweite Jahr in Folge eine Auswahl von für uns relevanten Asset Managern überprüft und bewertet. Dies sind momentan über 50 internationale Fondsanbieter.

Die Ergebnisse unserer Stewardship-Auswertung fliessen in den Instrumentenselektionsprozess mit ein und haben direkte Implikationen im ESG-Due-Diligence-Prozess. Die Stewardship-Analyse stellt somit ein weiteres Selektionskriterium dar und dient als Basis für unser eigenes Engagement mit den Asset Managern. Durch den direkten Dialog mit den Asset Managern wollen wir nicht zuletzt unsere Verantwortung wahrnehmen und versuchen, unseren Einfluss geltend zu machen. Ziel ist es, die verschiedenen Stewardship-Ansätze besser zu verstehen, die Resultate unserer Analyse zu diskutieren und gegebenenfalls auch Verbesserungen anzustossen.

Sarah Spirig
Sarah Spirig ist Stewardship Spezialistin im Team Manager Selection der Zürcher Kantonalbank, das für die Selektion von Anlageinstrumenten im Bereich Investment Solutions verantwortlich ist. (Bild: Simon Baumann)

ZKB Stewardship Scorecard

Die jährliche Beurteilung der Stewardship-Aktivitäten der Asset Manager wird jeweils auf Basis der Daten des letzten Kalenderjahres durchgeführt. Die Scorecard besteht aus drei verschiedenen Bewertungskriterien:

Transparenz und Glaubwürdigkeit

In dieser Dimension wird geprüft, ob der Asset Manager Stewardship-Prozesse sowie ein Reporting eingeführt hat. Zudem wird die Mitgliedschaft in Initiativen und die Einhaltung von Standards überprüft.

Voting

Der Fokus liegt bei diesem Kriterium auf dem Abstimmungsverhalten der Asset Manager, z.B. bei Aktionärsanträgen mit ESG-Bezug sowie von uns spezifisch ausgewählten Aktionärs- und Managementanträgen. Des Weiteren werden auch Auswertungen von unabhängigen Anbietern beigezogen.

Engagement

Bei der Engagement-Beurteilung werden vor allem die Richtlinien und Prozesse geprüft. Diese sollten anerkannten Best-Practice-Vorgaben entsprechen. Zudem werden spezifische Engagement-Beispiele angeschaut und auf ihre Qualität überprüft.

Insgesamt umfassen die drei Bewertungsdimensionen mehr als 20 Indikatoren, welche basierend auf öffentlich verfügbaren Informationen wie zum Beispiel Stewardship-Berichte bewertet werden. Es kann jeweils ein Score von 0 bis 6 erzielt werden. Für den Gesamtscore werden die einzelnen Ergebnisse nach einem bestimmten Gewichtungsschema miteinander verrechnet. Die Auswahl der Indikatoren basiert auf bestehenden Best-Practice-Vorgaben.

Erkenntnisse aus der diesjährigen Analyse

Die diesjährigen Resultate, basierend auf Daten von 2023, zeigen, dass das Thema Stewardship bei den Asset Managern weiter an Bedeutung gewinnt. Im Durchschnitt schneiden die Asset Manager im Bereich Engagement am besten ab, wohingegen die Voting-Aktivitäten noch Verbesserungspotenzial aufweisen. Die Daten für die Analyse wurden dieses Jahr transparenter berichtet und der Gesamtscore hat sich im Vergleich zum letzten Jahr leicht verbessert. Auffallend sind allerdings die sinkenden Zustimmungsquoten bei ESG-Aktionärsantragen – vor allem bei US-Managern. Aktionärsanträge im Bereich Umwelt und Soziales sind dabei am meisten betroffen. In Bezug auf Regionen, haben die Europäischen Asset Manager beim Stewardship-Ranking klar die Nase vorn. Des Weiteren haben sich durch unsere Stewardship-Analyse und Dialoge mit den Asset Managern auch spannende Best-Practice-Ansätze abgezeichnet. Die detaillierteren Ausführungen dazu können in den kürzlich publizierten Analyseresultaten nachgelesen werden.

 

Ein Ausblick

Die Berichterstattung der Asset Manager im Stewardship-Bereich wird immer umfangreicher und die Prozesse professioneller und institutionalisierter. Doch trotz der zunehmenden Initiativen und Standardisierung, der vermehrten Offenlegung von Daten und dem Aufbau von dedizierten Ressourcen, ist die Anti-ESG-Bewegung aus den USA zu spüren – vor allem beim Abstimmungsverhalten.

Dennoch erwarten wir, dass Stewardship als Nachhaltigkeitsansatz bei den Asset Managern weiter an Bedeutung gewinnt und dass sich Asset Owner und Investoren ihrer Verantwortung bewusst werden. Mit den neuen und sich laufend weiterentwickelnden Industriestandards wird sich auch unser jährliches Assessment stetig anpassen, so dass wir den Asset Manager jeweils ein individuelles und zielgerichtetes Feedback bereitstellen können.