«Be a hero, fly CO2 zero»

Welche alternativen Flugtreibstoffe es gibt und wie sinnvoll CO2-Kompensationen sind – dies erklärt Silke Humbert, Nachhaltigkeits-Research im CIO-Office der Zürcher Kantonalbank.

Text: Silke Humbert

Bis jetzt kamen die alternativen, CO2-neutralen Treibstoffe nicht zum Fliegen. Auch wenn Kompensationen langfristig keine Lösung sind, sind sie doch besser, als keine Kompensation. (Bild: Zürcher Kantonalbank)

Sommerzeit ist Ferienzeit. Nachdem letztes Jahr einige Ferienpläne der Pandemie zum Opfer gefallen sind, wünschen sich viele für diesen Sommer ein besonders schönes Feriendomizil. Entsprechend gross ist der Andrang an den Flughäfen. Aber Moment – wie war das nochmal mit dem hohen CO2-Fussabdruck von Fernflügen, der zu neuen Wortkreationen wie Flugscham geführt hat?

Die niederländische Fluggesellschaft KLM hat ein Projekt namens «Be a hero, fly CO2 zero» lanciert, um genau solchen Gewissensbissen entgegenzuwirken. Dabei können die verursachten CO2-Emissionen des eigenen Flugs mit einer Spende an ein Projekt zur Wiederaufforstung in Panama kompensiert werden. Das klingt erst einmal nicht schlecht; aber weshalb kann man die Flüge nicht gleich ganz ohne Treibhausgasemissionen anbieten?

Treibstoffe ohne Treibhausgase

Prinzipiell existieren drei Möglichkeiten für Flugtreibstoffe ohne Treibhausgase.

Erstens gibt es die Möglichkeit eines elektrischen Antriebs, sozusagen ein Tesla für die Luft. Prototypen kleinerer Elektroflugzeuge gibt es schon seit etwa zehn Jahren, sie haben erste Flugmeilen bereits erfolgreich absolviert. Ob die Technologie allerdings auch für grosse Passagierflugzeuge anwendbar ist, hängt sehr von der zukünftigen Batterieentwicklung ab. Stromspeicher haben derzeit eine viel geringere Energiedichte als fossile Brennstoffe, wodurch batteriebetriebene Flugzeuge viel zu schwer wären.

Zweitens gibt es die Möglichkeit wasserstoffbetriebener Flugzeuge. Da hierzu grosse Wasserstofftanks nötig wären, müssten Triebwerke, Betankung und Sicherheitskonzepte neu konzipiert werden. Für eine kommerzielle Nutzung müsste zudem Wasserstoff in grossen Mengen bereitstehen, was aktuell nicht der Fall ist. Und damit Wasserstoff auch wirklich klimaschonend ist, müsste er durch erneuerbare Energien erzeugt werden. Airbus will 2035 das erste wasserstoffbetriebene Passagierflugzeug auf den Markt bringen.

Die dritte Variante sind Treibstoffe mit geringem CO2-Ausstoss wie Biotreibstoffe. Diese haben den Vorteil, dass die Flugzeuge wie gewohnt weiter betrieben, betankt und geflogen werden könnten. Biotreibstoffe werden heute schon verwendet beziehungsweise konventionellem Kraftstoff beigemischt. Problematisch ist, dass Biostreibstoffe für den Flugverkehr in Konkurrenz zu jenem für den Bodenverkehr stehen und in der Produktion um ein Vielfaches teurer sind.

Ablasshandel 2.0 statt echter Reduzierung?

Kompensationsmechanismen ziehen viel Kritik auf sich. Es gibt noch keinen regulierten, transparenten Markt für Kompensationszertifikate und so ist unklar, ob sie Emissionen tatsächlich auch vollständig kompensieren und ob die mit den Zertifikaten finanzierten Aktivitäten nicht sowieso stattgefunden hätten.

Viele kritisieren jedoch das Konzept des Handels mit Zertifikaten grundsätzlich: Er lenke davon ab, dass Emissionen real reduziert werden müssen und suggeriere, dass man sich freikaufen könne. Tatsächlich stellt sich die Frage, ob Emissionen absolut sinken werden, wenn sie von vielen lediglich kompensiert werden.

CO2-Kompensationen sind besser als nichts

Genau dieser Kritik sah sich auch KLM mit ihrem Werbespruch «Be a hero, fly CO2 zero» ausgesetzt. Er impliziere den absoluten Anspruch, kein Kohlendioxid zu emittieren. Tatsächlich fliegt die Flotte von KLM jedoch mit fossilen Treibstoffen. Der Slogan täusche etwas vor und dürfe nicht weiter benutzt werden, befand daher der niederländische Werbekodex-Ausschuss.

Mechanismen zur reinen Kompensation von CO2 sind langfristig keine Lösung. Aus Mangel an CO2-neutralen Treibstoffen sind sie in der Luftfahrt jedoch besser als nichts und jeder kompensierte Flug ist für das Klima besser als ein nicht-kompensierter Flug.

Mittel- bis langfristig ruhen die Hoffnungen allerdings auf der Erforschung und Entwicklung CO2-neutraler Treibstoffe. Mit welchen griffigen Slogans Fliegen dann beworben werden wird, wissen wir jetzt schon.

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