Was ist ein Bank Run?

Schweizer Banken unterliegen strengen regulatorischen Anforderungen, um ihre Stabilität zu gewährleisten. Ein Bank Run kann jedoch durch Vertrauensverlust und Panik entstehen, wenn Kunden ihre Einlagen massenhaft abheben. Massnahmen wie Einlagensicherung und Notfallkredite der Zentralbanken sollen solche Krisen verhindern.

Text: Rolando Seger, Anlagespezialist

Mehrere Personen stehen Schlange und heben Geld ab am Schalter
«Das Vertrauen der Kunden ist die wichtigste Währung für Banken. Ohne dieses Vertrauen kann selbst die stabilste Bank ins Wanken geraten.», erklärt Rolando Seger.

Schweizer Banken müssen hohe regulatorische Anforderungen erfüllen, um ihre finanzielle Stabilität zu gewährleisten. Diese werden durch die Finanzmarktaufsicht (FINMA) und die Schweizerische Nationalbank (SNB) festgelegt. Dazu gehören Mindestreserven in Form eines bestimmten Prozentsatzes der kurzfristigen Verbindlichkeiten der Bank. Weitere Auflagen sind unter anderem die Anforderungen an die Höhe und Quote des Eigenkapitals sowie Liquiditätsreserven. Die Erfüllung dieser Vorgaben dient dem Zweck, das Vertrauen in das Bankensystem zu stärken. Für systemrelevante Banken, deren Ausfall erhebliche Auswirkungen auf das Finanzsystem haben würde, gelten strengere Anforderungen. In der Schweiz gelten die UBS, die Zürcher Kantonalbank, die Postfinance und die Raiffeisen-Gruppe als systemrelevant.

Regulatorische Anforderungen und Kundenvertrauen

Kundenvertrauen ist für Banken die wichtigste Währung. Die wirtschaftliche Robustheit von Banken ist essentiell, wobei Finanzinstitute genauso von gesamtwirtschaftlichen Schwankungen betroffen sind wie andere Unternehmen. Kritisch wird es, wenn eine Bank die regulatorischen Vorgaben nicht mehr erfüllt, negative Bilanzen hat oder unter Kreditausfällen leidet, welche die finanzielle Stabilität der Bank gefährden. Genügen die Kapitalreserven nicht, um Verluste aufzufangen, kann dies ein Warnsignal sein. Auch ein starker Rückgang des Aktienkurses der Bank oder ein Anstieg der Renditen auf deren Anleihen können Indikatoren für finanzielle Probleme sein. Gesellt sich zu diesen Schwierigkeiten eine negative Medienberichterstattung über die finanzielle Gesundheit der Bank oder leitet die Finanzaufsichtsbehörde Untersuchungen ein, kann dies das Vertrauen der Kundinnen und Kunden erschüttern. Gerüchte über mögliche Liquiditätsprobleme oder eine drohende Insolvenz verbreiten sich sehr schnell und können bei der Kundschaft Panik auslösen, weil diese sich um die Sicherheit ihres Vermögens sorgt. Dies gilt besonders dann, wenn die betroffene Bank in ihrer Kommunikation die Bedenken nicht glaubhaft aus dem Weg zu räumen vermag. Akzentuiert sich der Vertrauensverlust, versucht eine grosse Anzahl Kundinnen und Kunden gleichzeitig, ihre Einlagen abzuheben oder an vermeintlich sicherere Finanzinstitute zu transferieren. Genau diesen Bankensturm bezeichnet das englische Wort «Bank Run». Möglicherweise hat die Bank nicht genügend liquide Mittel, um alle Abhebungen und Transaktionen sofort zu bedienen, so dass diese limitiert werden, was die Panik nur noch zusätzlich anheizt. Hat ein Bank Run erst einmal eingesetzt, ist er kaum mehr zu stoppen. Um die Zahlungsunfähigkeit abzuwenden und um liquide Mittel zu beschaffen, könnte die Bank gezwungen sein, Vermögenswerte zu verkaufen, oft zu ungünstigen Preisen. Doch oft ist es dafür schon zu spät oder die Vermögenswerte reichen nicht aus.

Massnahmen zur Vermeidung von Bank Runs

Viele Länder kennen Systeme zur Sicherung von Kundeneinlagen. Zudem können Zentralbanken Notfallkredite bereitstellen, um Banken in Liquiditätskrisen zu unterstützen. In der Schweiz ist die Stabilität der Banken und des Finanzsystems sehr hoch, und Bank Runs sind äusserst selten. 1991 gab es bei der Sparund Leihkasse Thun einen Bankensturm. Kurz darauf wurde diese wegen Überschuldung geschlossen. 2023 befand sich die Credit Suisse in einer akuten Vertrauenskrise, so dass der Bundesrat, die SNB und die FINMA sehr kurzfristig intervenieren mussten, um die Volkswirtschaft der Schweiz zu schützen und Schäden für das Land abzuwenden. Der Bundesrat erliess ein Massnahmenpaket, das die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS ermöglichte und den Verlust von Kundeneinlagen abwendete.