Der Onlinehandel im Rausch

Der vorweihnachtliche Konsumrausch startet jährlich mit dem Black Friday im November. Immer mehr Menschen konsumieren aber nicht mehr vor Ort, sondern online, weswegen zusätzlich der Cyber Monday geschaffen wurde. Welche Anlagechancen und -risiken sich daraus ergeben, lesen Sie im Beitrag von Anlagespezialist Jens Schweizer.

Text: Jens Schweizer

Hochregallager
«Allein die Schweizerische Post transportierte im Jahr 2023 185 Millionen Pakete. Dies entspricht einem Anstieg von rund einem Viertel seit 2019 und 20 Paketen pro Einwohner. Ein Zusammenhang mit dem stark zunehmenden Onlinehandel liegt nahe», erklärt Anlagespezialist Jens Schweizer. (Bild: Getty Images)

Wir alle kennen diese tumultuösen Szenen: Mit einem Glockenschlag öffnen sich die gläsernen Schiebetüren, und eine unkontrollierte Menschenmasse macht ohne Rücksicht auf Verluste Jagd auf Schnäppchen. Der institutionalisierte vorweihnachtliche Konsumrausch startet Ende November mit dem Black Friday / Cyber Monday-Wochenende. Allein in den USA wird an jenen Tagen für mehr als die Höhe des Jahresbudgets des Kanton Zürich eingekauft.

Aller überspitzten Negativität zum Trotz ist der Konsum eine wichtige Stütze des Wirtschaftswachstums und Teil unseres Alltags sowie einer Branche im Wandel. Schon davor, aber vor allem seit der Coronapandemie, wird immer weniger vor Ort, sondern online eingekauft. Onlinehandel oder «E-Commerce» ist für den Nutzer praktisch und bequem. Er spart den Weg zu den einzelnen Verkaufsstätten und damit Zeit. Zudem bietet der Onlinekanal eine Vielzahl von Angeboten. Ware, die den Ansprüchen nicht gerecht wird, kann oft unkompliziert zurückgeschickt werden.

Der Onlinehandel profitiert massgeblich vom demografischen Wandel und dem digitalen Konsum­verhalten der immer einkommensstärkeren Millenials und der Generation Z.

Jens Schweizer, Anlagespezialist

Noch tiefer Anteil des Onlinehandels

Kein Wunder also, dass der Global eCommerce Market Report 2024 des Datenanbieters ECDB den globalen Onlinehandelsumsatz auf USD 5 140 Mrd. schätzt, was einer Verdoppelung innerhalb von fünf Jahren entspricht. Auch der Anteil des Onlinehandels am gesamten Detailhandelsumsatz steigt stark an und liegt dem Report zufolge 2024 bei schätzungsweise 17.3%, nach 10.7% im Jahr 2019. Eigentlich immer noch erstaunlich tief und im Umkehrschluss noch mit viel Luft nach oben.

Starker und struktureller Anstieg

Der Onlinehandel profitiert massgeblich vom demografischen Wandel und dem digitalen Konsumverhalten der immer einkommensstärkeren Millenials und der Generation Z. Auch eine wachsende digital affine Mittelschicht in Entwicklungsländern verleiht dem Onlinekanal Rückenwind. Darüber hinaus dürfte der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) und der Blockchain-Technologie der Branche zusätzlichen Schub verleihen. Eine Voraussetzung für den Einsatz von KI ist die Verfügbarkeit von Daten. E-Commerce-Unternehmen produzieren aufgrund ihrer vielgliedrigen Wertschöpfungsketten und vieler Transaktionen Unmengen davon. Diese komplexen Ketten müssen zuverlässig rückverfolgt werden können, wofür sich die Blockchain-Technologie natürlicherweise anbietet.

Die Herausforderungen der Branche liegen wie beim traditionellen Detailhandel in der Vermeidung einer Konsum- und Wegwerfgesellschaft. Hinzu kommt, dass gerade der hinter dem E-Commerce stehenden Logistik ein erhöhtes Verkehrs- und Abfallvolumen zugeschrieben wird. Auch der Schutz der umfangreichen Daten ist anspruchsvoll. Es gibt aber auch Stimmen, die gerade der E-Commerce-Branche die Lösung dieser Probleme zutrauen.

Vielfältige E-Commerce Branche

Denn E-Commerce besteht nicht bloss aus Apps und Lastwagen. Erst umfassende Systeme ermöglichen die zeitnahe und kostengünstige Lieferung von Waren vom Hersteller zum Käufer. Spezialisierte Unternehmen bieten hier einzelne oder mehrere Glieder dieser Kette an. Dazu gehören Anbieter von Onlineshop-Software, Lösungen zum Bestandsmanagement, Auftragsabwicklung, Rücksendeoptimierung, Kundenmanagement, Logistik- und Transportdienstleistungen und vielem mehr. Investierbare Unternehmen kommen mehrheitlich aus den Sektoren Industrie, zyklischer Konsum und Informationstechnologie und sind weltweit zu finden. Gehen Sie für Ihre Weihnachtseinkäufe noch in den Laden?