Eskalation im Nahen Osten

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hat sich der Konflikt auf den Libanon ausgeweitet. Die libanesische Miliz Hizbullah, unterstützt vom Iran, beschiesst Israel, was zu einer Evakuierung der nördlichen Gebiete Israels führte. Israel reagierte mit einer Bodenoffensive im Südlibanon. Der Iran antwortete mit Raketenangriffen. Diese geopolitischen Spannungen haben bisher nur begrenzte Auswirkungen auf die globalen Märkte. Der Rohölpreis stieg zwar um 5 Prozent, doch die Angebotsströme bleiben intakt. Lesen Sie die Einschätzung von Chefstratege Manuel Ferreira.

Manuel Ferreira

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober letzten Jahres haben sich die Kriegsfronten vom Gazastreifen bis zum Libanon ausgeweitet. Die libanesische Miliz Hizbullah, welche auf der Seite der Hamas steht und vom Iran unterstützt wird, beschiesst seit dem Angriff der Hamas Israel mit Raketen. Vor allem die an Libanon angrenzenden nördlichen Gebiete Israels sind davon betroffen. Die dort ansässige israelische Bevölkerung ist daher seit Ausbruch des Krieges aus dieser Gegend evakuiert worden. Nachdem es Israel gelungen ist, die Hizbullah-Führung zu schwächen, sind israelische Bodentruppen in das südlibanesische Grenzgebiet einmarschiert. Israel spricht dabei von einer «begrenzten Bodenoffensive» zur Sicherung des israelischen Grenzgebietes im Norden. Laut dem israelischen Verteidigungsminister Joaw Galant ist das Ziel, dass die Siedler wieder sicher zurück in den Norden Israels ziehen können. Noch am selben Tag und mit wenig Vorwarnung antwortete der Iran mit Raketenangriffen auf Israel als Vergeltung für die israelische Bodenoffensive.

Wie ordnen wir diese geopolitische Entwicklung in unseren Analysen ein?

Die kriegerischen Handlungen und starken Spannungen im Nahen Osten rund um den Konflikt zwischen Israel und der Hamas bzw. Hizbullah sind zweifelsohne geopolitisch brisant. Ob der Konflikt noch weiter eskaliert hängt insbesondere davon ab, inwieweit andere Länder neben dem Iran hineingezogen oder von sich auch aktiv werden. Zwar ist aus heutiger Sicht denkbar, dass Israel Vergeltungsaktionen auf den Iran ausüben wird, auf der anderen Seite hat keiner der Grossmächte Interesse an einer weiteren Stufe der Eskalation.
 

Auswirkungen auf die Wirtschaft

Aus wirtschaftlicher Sicht hat der isolierte Konflikt im Gebiet um Israel überschaubare Auswirkungen auf die globalen Handelsströme und Finanzmärkte. Im Vordergrund steht die Frage, ob eine Unterbindung der iranischen Ölproduktion die Weltwirtschaft empfindlich treffen würde. Iran ist nach wie vor ein wichtiger Energieexporteur. Beispielsweise entfallen mittlerweile wieder rund 3 bis 4% der weltweiten Erdölproduktion und Rohölexporte auf die Islamische Republik, nach dem die Produktion in den letzten Jahren angestiegen ist. Allerdings geht von den Ölexporten der grösste Teil nach Asien, weshalb die direkte Abhängigkeit westlicher Staaten gering ist. Dies reduziert das Risiko, eines abrupten, umfassenden Importstopps. Mit der jüngsten Eskalation hat der Rohölpreis zwar schnell um 5% zugelegt. Der Anstieg reflektiert aber lediglich die Angst, dass das Ölangebot aus dem Iran wegfällt. Die Angebotsströme sind nach wie vor intakt. Zudem litt der Ölpreis zuletzt an einer konjunkturell bedingten Nachfrageschwäche.

Ölpreis Sorte Brent (USD/bbl)

Kurzfristige Volatilität

Oelpreis
Quellen: ZKB, Refinitiv

Die derzeitige Kriegsprämie könnte daher nur von kurzer Dauer sein. Ein Wiederansteigen der Energiepreise und damit der Inflation ist somit nicht zu sehen. Generell scheint der Konflikt die globalen Märkte nur mässig und nur sehr kurzfristig zu bewegen. Auch sichere Häfen wie Gold oder der Schweizer Franken haben Anfang Woche nur geringfügig von einer höheren Nachfrage profitiert.

Goldpreis (USD/Unze)

Andere Treiber

Goldpreis
Quellen: ZKB, Refinitiv

Wechselkurs USD/CHF

Folgt der Zinsdifferenz

Wechselkurs USD/CHF
Quellen: ZKB, Refinitiv



Die Frankenstärke hängt mit der Zinssenkung der EZB und des Fed zusammen und der Goldpreis wird vor allem wegen der höheren Nachfrage der Notenbanken sowie von kurzfristigen spekulativen Positionen am Markt getrieben.

Unsere Einschätzung zum Einfluss der Geopolitik auf die Finanzmärkte

Geopolitische Ereignisse können den wirtschaftlichen Verlauf beeinflussen und sich auf die Finanzmärkte auswirken. Die Betonung liegt dabei auf «können». Denn nicht jede geopolitische Anspannung hat tatsächlich auch einen relevanten ökonomischen und vor allem nachhaltigen Einfluss. Zu dieser Erkenntnis gelangt man allerdings erst auf den zweiten Blick. Im ersten Moment führt geopolitischer Stress wegen des ungewissen Ausgangs zu Unsicherheit, die sich in den reagiblen Finanzmärkten schnell bemerkbar macht. In den meisten Fällen und mit jeder zusätzlichen Information sowie der Kontexterstellung nimmt die Unsicherheit ab und die Wogen glätten sich. Wir beobachten die Lage laufend und werden entsprechend handeln, sollten sich unsere Einschätzungen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen ändern.
 

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