Multinationale Unternehmen in der Schweiz

Globalisierung: Nach KOF-Berechnungen ist die Schweiz das am stärksten globalisierte Land der Welt.

Text: David Marmet

Die Schweiz ist nach KOF-Berechnungen das am stärksten globalisierte Land der Welt, vor den Niederlanden und Belgien. (Bild: Jakob Radlgruber / EyeEm)

Immer wieder hört man, dass die Globalisierungsdynamik zu einem Ende komme. Die Coronapandemie und der Ukraine-Krieg hätten bei den Unternehmen ein Umdenken ausgelöst. Nun sei nicht mehr die Kosteneffizienz, sondern die Produktion nahe beim Endkunden das Mass aller Dinge. Dies sei notwendig, um besser für zukünftige Krisen gewappnet zu sein. Lässt sich das belegen?

Die im Dezember 2022 veröffentlichte Studie der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) attestiert der Schweiz, dass sie aufgrund ihrer wirtschaftlichen Struktur selbst im Krisenjahr 2020 global sehr stark verflochten blieb. Sie ist nach KOF-Berechnungen das am stärksten globalisierte Land der Welt, vor den Niederlanden und Belgien.

In seiner Auswertung vom November 2022 zeigt das Bundesamt für Statistik (BfS) die Bedeutung und die Dynamik der multinationalen Unternehmensgruppen in der Schweiz auf. Dabei wird zwischen ausländisch und inländisch kontrollierten Multinationalen unterschieden. Ende 2021 gab es in der Schweiz 35 273 multinationale Unternehmen. Davon waren 52% inländisch kontrolliert.

 

1,5 Millionen Menschen arbeiten für multinationale Unternehmen

In den letzten Jahren stieg die Zahl multinationaler Unternehmen in der Schweiz stetig an, sodass inzwischen knapp 1.5 Mio. Menschen für eine multinationale Unternehmensgruppe in der Schweiz arbeiten – rund ein Viertel aller Beschäftigten. Inländisch kontrollierte Unternehmensgruppen haben mit 0.96 Mio. Beschäftigten am Arbeitsmarkt eine wesentlich grössere Bedeutung. Sie sind fast doppelt so stark vertreten wie Unternehmen unter ausländischer Kontrolle.

Beim Umsatz verhält es sich umgekehrt: Ausländisch dominierte Firmen generieren ein doppelt so hohes Umsatzvolumen. Dieses Phänomen ist der Branchenstruktur geschuldet, dominieren doch multinationale Unternehmensgruppen aus dem Ausland den Grosshandel – und der Grosshandel alleine ist für zwei Drittel des Umsatzvolumens aller Multinationalen verantwortlich.

Chinesische Unternehmen wachsen am schnellsten

In der Schweiz arbeiten 125 000 Menschen für deutsche, 104 000 für US-amerikanische und 77 000 für französische Unternehmensgruppen. In dieser Statistik folgen die Niederlande, Grossbritannien und Dänemark. Von 2014 bis 2017 erhöhten die ausländischen Unternehmensgruppen die Anzahl ihrer Beschäftigten im Durchschnitt um 1.7% jährlich. Eine ganz andere Dynamik legten chinesische Unternehmen an den Tag. Hier wuchs die Beschäftigung jährlich um 27% – allerdings von einem sehr tiefen Niveau aus, sodass Ende letzten Jahres in der Schweiz knapp 10'000 Menschen für chinesisch kontrollierte Unternehmen tätig waren.

Kleine, hochentwickelte Volkswirtschaften stehen letztlich gar nicht vor der Wahl, die Rückverlagerung von Produktionsstätten («Reshoring») konsequent voranzutreiben. Die räumliche Beschränktheit und die hohe Technologisierung machen es unumgänglich, dass die wirtschaftspolitische Globalisierung mit all ihren Konsequenzen gepflegt wird, um den Wohlstand eines Landes zu steigern. Die zunehmende Bedeutung der multinationalen Unternehmen in der Schweiz ist eine unmittelbare Folge davon. Indes bleibt es für den Zusammenhalt einer Gesellschaft zentral, den Globalisierungsgrad des Landes demokratisch zu legitimieren.
 

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