Der Wald und die Klimawende
Die Nachfrage nach Holz steigt und steigt. Die Bemühungen zur Klimawende sind mitverantwortlich. Was dies für Holzproduzenten bedeutet, lesen Sie im Beitrag von Jens Schweizer, Anlagespezialist bei der Zürcher Kantonalbank.
Text: Jens Schweizer / Bild: Andreas Guntli
Stellen Sie sich vor, Sie spazieren auf Ihrem Lieblingsweg durch den Wald. Der Wind rauscht in den Bäumen. Sie atmen tief durch und entspannen sich.
So ruhig wie Ihr Waldbad ist die Situation auf dem Holzmarkt nicht. Mit dem Beginn der Corona-Krise und dem Ukraine-Krieg kam es dort zu wiederkehrenden, heftigen Preisturbulenzen. Konjunkturprogramme und ein verändertes Wohnbewusstsein trieben die Bautätigkeit massgeblich an. Die Nachfrage nach Holz schoss nach oben. Das Angebot hingegen konnte aufgrund reduzierter Sägewerkkapazitäten durch überhastete Entlassungen und Coronafälle sowie unterbrochener Lieferketten lange nicht mithalten.
Strukturell steigende Nachfrage nach Holz
Dieser Situation liegt aber auch eine sich strukturell verändernde Nachfrage nach Holz zugrunde. Die Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) rechnet bis in das Jahr 2050 mit einem Anstieg der jährlichen Holznachfrage um über ein Drittel. Neben Bevölkerungswachstum und Urbanisierung waren in den letzten Jahren zunehmend die intensivierten Bemühungen um die Energiewende für den Anstieg mitverantwortlich. Holz gilt nämlich als nachhaltiger Baustoff. Bei seiner Herstellung wird viel weniger CO2 ausgestossen als bei Stahl und Beton. Zudem isoliert es bei vergleichbar guten statischen Eigenschaften wegen seiner schlechten Wärmeleitfähigkeit deutlich besser. Gebäude und Infrastrukturen werden vermehrt aus Holz erstellt.
Wald hat bezüglich Klimawende eine Doppelfunktion
Im Gegensatz zu anderen Rohstoffen hat der Wald aber noch weitere lebensnotwendige Funktionen: Er liefert Sauerstoff und bindet CO2. Befürchtet wird folglich, dass die Bemühungen um die Klimawende über eine verstärkte Nutzung des Waldes schlussendlich und unwiderruflich für das Klima das Gegenteil bedeuten könnten. Soll der Wald weiterhin seinen Beitrag zur Klimawende leisten, so die Schlussfolgerung der FAO, muss Raubbau verhindert und mehr Holz nachhaltig nutzbar gemacht werden.
Dies ginge über die zusätzliche und streng geregelte Nutzung bestehender, aber auch neu aufgeforsteter Wälder. Bei Konsumenten und Produzenten würde dies ein konsequentes Umdenken erfordern. Wir tun gut daran, nicht den Ast abzusägen, auf dem wir sitzen.
Produzenten von nachhaltig hergestelltem Holz profitieren
Dieser Wandel wird viel Zeit brauchen. Dies wird dazu führen, dass das Angebot von nachhaltig produziertem Holz der strukturell starken Nachfrage nur schrittweise folgen kann. Produzenten von nachhaltig hergestelltem Holz werden in diesem Umfeld eine höhere Bedeutung erlangen. Investierbare Unternehmen der Holzwirtschaft gehören mehrheitlich dem eher konjunktursensitiven Sektor der Grundstoffe an. Auch wenn das Risiko einer unerwartet starken konjunkturellen Verlangsamung besteht, sehen die Experten der Zürcher Kantonalbank eine vergleichsweise stabile Gewinnentwicklung und günstige Bewertungen im Sektor. Vielleicht sollten Sie also Holz anfassen. Dies bringt dem Volksmund nach Glück!