Viele Wege führen nach Rom

Die Europäische Zentralbank muss unter heterogenen Mitgliedstaaten eine homogene Geldpolitik umsetzen. Was dies für italienische Staatsanleihen bedeutet, lesen Sie im Beitrag von Jens Schweizer, Anlagespezialist der Zürcher Kantonalbank.

Text: Jens Schweizer

Italienische Flagge vor Gebäude
Italien steht vor unmittelbaren Herausforderungen. Für Anleger eröffnen sich aber auch Chancen. (Bild: Pixabay / Julia Casado)

Vor dem Gotthard staut sich der Verkehr gen Süden. Erholungssuchende reisen in Massen nach Italien in die Ferien. Sie interessieren sich wohl eher am Rande für die politischen und wirtschaftlichen Ereignisse, die dort aktuell stattfinden.

Ministerpräsident und Technokrat Mario Draghi ist entnervt von den politischen Spielchen zurückgetreten. Das Land steht vor Neuwahlen, die wie schon so oft keine entscheidungsfreudigen Mehrheiten hervorbringen dürften. Angestrebte strukturelle Reformen könnten zum Stillstand kommen. Auch die daran gebundenen EU-Aufbaugelder könnten ausbleiben. Ausserdem ist Italien stark abhängig von russischer Energie, die vor dem kommenden Winter nur schwer ersetzt werden kann. Italien steht vor unmittelbaren Herausforderungen.

Italienische Staatsanleihen werden günstiger

Dies wird auch an den Finanzmärkten sichtbar ist. Italienische Staatsanleihen werden zwar immer günstiger, die Reaktionen auf die aktuellen Ereignisse sind in Relation zur Schuldenkrise 2012 aber immer noch bescheiden. Dies hängt insbesondere mit der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zusammen. Diese erhöhte an ihrer letzten Lagebeurteilung nicht nur die Zinsen überraschend stark, sondern präsentierte ein neues Instrument, mit welchem eine unerwünschte Fragmentierung der Finanzierungskosten innerhalb der Eurozone verhindert werden soll.

Das sogenannte Transmission Protection Instrument (TPI) soll sicherstellen, dass die Geldpolitik innerhalb der Währungsunion möglichst einheitlich wirkt. Es wird aktiviert, wenn ungerechtfertigte und ungeordnete Marktdynamiken festgestellt werden. Die Käufe sind zwar unbeschränkt möglich, jedoch an Bedingungen geknüpft.

So müssen sich Fiskal- und Wirtschaftspolitik der Länder an den Empfehlungen der Europäischen Kommission orientieren und es dürfen keine makroökonomischen Ungleichgewichte vorliegen. Die EZB wird die einheitliche Wirksamkeit ihrer Geldpolitik sicherstellen. Dies bedeutet faktisch, dass die Anleihen-Renditen der einzelnen europäischen Staaten nicht zu stark auseinanderlaufen können.

Die EZB hält die Zinsaufschläge im Rahmen

Die Zinsaufschläge zu deutschen Staatsanleihen haben sich von den Tiefstständen im Jahr 2021 bereits verdoppelt. Wie weit sind diese noch durch makroökonomische Unterschiede zu erklären? Beispielsweise ist der Zinsaufschlag auch gegenüber anderen Peripheriestaaten wie Spanien deutlich angestiegen. Wann ist die Transmission der Geldpolitik gefährdet?

Dazu lässt uns die EZB bewusst im Unklaren und dennoch wird sie die Renditedifferenzen, gerade beim aktuell erhöhten Zinsniveau, wohl kaum mehr auf die Stände der Schuldenkrise 2012 ansteigen lassen. Aufgrund der Wachstumssorgen in der Eurozone rechnen die Experten der Zürcher Kantonalbank nur noch mit moderat steigenden Renditen. Zusammen mit dem nach oben durch einen neuartigen EZB Put begrenzten Zinsaufschlag, bieten italienische Staatsanleihen immer attraktivere Einstiegsniveaus.

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