Allerdings sind das Inflationsziel und die Zielinflation von 2 Prozent nicht das Ergebnis einer ausgereiften wissenschaftlichen Arbeit, sondern einer spontanen Äusserung des neuseeländischen Finanzministers Roger Douglas Ende der 1980er-Jahre. Damals kämpfte die neuseeländische Wirtschaft mit hohen zweistelligen Inflationsraten, und die Regierung sah in der Institutionalisierung der Unabhängigkeit der Zentralbank die Lösung des Problems. Die entsprechend wichtige gesetzliche Verankerung erfolgte mit dem «Reserve Bank of New Zealand Act».
Um die Unabhängigkeit der Reserve Bank of New Zealand zu kontrollieren, legte die Regierung gemeinsam mit der Zentralbank ein Inflationsziel fest. Wird dieses eingehalten, bleibt der Notenbankchef im Amt. Falls die Inflationsrate das Inflationsziel jedoch überschreitet, kann er entlassen werden. Wie hoch die Zielinflation sein soll, darüber mussten damals Finanzminister David Caygill und Notenbankchef Donald Brash entscheiden. Einen Ausgangspunkt für die Debatte lieferte der ehemalige Finanzminister Roger Douglas, als er 1988 in einem Interview sagte, dass er eine Inflationsrate zwischen 0 und 1 Prozent für angemessen halte. Allein diese unfundierte Aussage führte zu einer Veränderung der Inflationserwartungen. David Caygill und Donald Brash beschlossen letztlich, etwas Spielraum nach oben zu lassen, und so kam es zur Zielinflation von 2 Prozent. Bis 1991 sank die Inflation in Neuseeland tatsächlich auf 2 Prozent, und die Wirtschaft stabilisierte sich.
Das Erfolgsrezept sprach sich jedenfalls schnell herum. Die Bank of Canada und die Bank of England folgten bald dem Beispiel der neuseeländischen Zentralbank. Die neuseeländische Notenbank hat ihr Inflationsziel mittlerweile angepasst. Ihr Auftrag ist erfüllt, wenn die Inflationsrate sich in einem Zielband von 1 bis 3 Prozent bewegt. Und übrigens: Donald Brash begann seine Karriere als Ökonom bei der «New Zealand Kiwifruit Authority», welche die Exportstandards für Kiwis festlegt. Heute züchtet er Kiwis als Hobby.