Das Problem der Zombiefirmen
Zombiefirmen sind unprofitable, hochverschuldete Unternehmen, die nicht mehr in der Lage sind, die Zinsen für aufgenommene Kredite zurückzuzahlen. Inwiefern ist das ein Problem für die Schweizer Wirtschaft? Lesen Sie die Einschätzung von David Marmet, Chefökonom Schweiz.
Text: David Marmet
Mitte Juni 2023 wurde das Schweizer Volk ein weiteres Mal an die Urne gebeten, um über das Pandemiegesetz abzustimmen, das mit 61.9% angenommen wurde. In den Köpfen der Mehrheit ist die Corona-Pandemie überwunden, unsere Gesellschaft will sich nach vorne orientieren. Indes stehen die Aufarbeitung und die Bewältigung der Folgen aus diesen düsteren Jahren noch aus. So gilt es für viele Unternehmen, die von März bis Juli 2020 erhaltenen Corona-Kredite zurückzuzahlen. Über 137'000 solcher Kredite wurden gewährt. Vollständig zurückbezahlt sind bisher davon rund 40'000.
Die öffentliche Debatte drehte sich zuletzt vor allem um die mutmasslichen Missbräuche bei den beantragten Krediten, den Härtefallgeldern und dem Bezug von Kurzarbeit. Aus makroökonomischer Sicht ist aber die Frage wichtiger, ob durch die rasche staatliche Hilfe Unternehmen unterstützt wurden, die auch unter normalen Bedingungen kaum hätten überleben können. Haben die Corona-Kredite also zu einer «Zombifizierung» geführt?
Zombiefirmen und deren Bedeutung
Zombiefirmen sind unprofitable, hochverschuldete Unternehmen, die nicht mehr in der Lage sind, die Zinsen für aufgenommene Kredite zurückzuzahlen. Für eine Volkswirtschaft kann dies zum Problem werden, wenn die schöpferische Zerstörung auf Eis gelegt wird. So zeigen Studien, dass Zombiefirmen negative Übertragungseffekte auf Unternehmen derselben Branche haben, indem sie Investitionen dämpfen, die Produktivität verschlechtern und sich nachteilig auf die Beschäftigung auswirken. Zudem ist das Kreditangebot für gesunde Unternehmen geringer, wenn sie mit Zombiefirmen konkurrieren müssen. Und Kreditgeber haben Anreize, Darlehen weiterhin an Zombies zu vergeben, damit Verluste in ihren eigenen Bilanzen vermieden werden. Dies führt zu einer Fehlallokation von Krediten.
Schweiz hat kaum Zombiefirmen
Gemäss einer jüngst erschienen Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF) schneidet die Schweiz bezüglich Zombiefirmen im internationalen Vergleich äusserst gut ab (Albuquergue, B. and Roshan Iyer, «The Rise of the Walking Dead: Zombie Firms Around the World», Juni 2023). Die Autoren zeigen auf, dass auf globaler Ebene in den letzten 20 Jahren der Anteil börsennotierter und privater Zombiefirmen stetig zugenommen hat – insbesondere im Nachgang der Finanzkrise von 2008/09. Auch nach der Coronapandemie ist der Anteil an Zombiefirmen nochmals überdurchschnittlich gestiegen. Nach der Definition der Autoren sind inzwischen 10 Prozent aller börsennotierten Unternehmen als Zombiefirmen zu taxieren. Für die Schweiz liegt dieser Anteil indes auch nach der Pandemie unter 4 Prozent.
Bei Privatunternehmen musste in den letzten 20 Jahren ein Anstieg von 1 auf über 5 Prozent hingenommen werden. Die Schweiz bildet bei den Privatunternehmen unter den 55 Ländern der Analyse sogar das als positiv zu betrachtende Schlusslicht. In unserem Land machen Zombiefirmen weniger als ein Prozent der nicht börsennotierten Unternehmen aus. Die geringere Häufigkeit der Zombifizierung bei Privatunternehmen deutet an, dass unprofitable kleine Privatfirmen rascher aus dem Markt ausscheiden als börsenkotierte, unprofitable Unternehmen.
Möglichkeiten der Politik
Politisch kann in erster Linie mit einem griffigen Konkurs- und Insolvenzrecht gegen die Zombifizierung vorgegangen werden. Wie die Autoren der IWF-Studie zudem darlegen, haben Länder mit einem höheren regulatorischen Kapitalpuffer und einer strengeren makroprudenziellen Politik tendenziell tiefere Zombiequoten. Die gute Nachricht für die Schweiz ist, dass der gesetzliche Rahmen einer Zombifizierung von Unternehmen auch nach der Pandemie keinen Vorschub zu leisten scheint.