Weshalb Hypotheken auch jetzt noch attraktiv sind
Trotz grossen strukturellen Veränderungen am Hypothekarmarkt bieten sich für Investorinnen und Investoren in diesem Segment interessante Anlagechancen.
Text: Maurizio Pedrini, Leiter Fixed Income Credit im Asset Management der Zürcher Kantonalbank
Die veränderten Rahmenbedingungen auf dem Hypothekenmarkt machen sich in zahlreichen Faktoren bemerkbar. Umso mehr lohnt sich derzeit ein genauer Blick auf das Segment. Im nachfolgenden Überblick erläutern wir, welche Schlussfolgerungen sich daraus ziehen lassen und welche Opportunitäten sich dadurch ergeben.
Immobilienpreise
Sie sind trotz deutlichem Zinsanstieg nominal (das ist für Hypotheken die relevante Grösse) erstaunlich robust geblieben. Die unerwartete Inflation, das Mietsteigerungspotential dank höheren Zinsen und die zumindest im Bereich Wohnen sehr starke Nachfragesituation unterstützen den Markt. Wie zu erwarten war, haben Renditeobjekte etwas stärker gelitten als selbstgenutztes Wohnen. Allerdings sind aus unserer Sicht die zukünftigen Risiken eher gestiegen, da der Puffer für unerwartete, negative Entwicklungen kleiner geworden ist (z.B. unerwartete weitere Zinserhöhungen).
Aus Sicht der Hypothekeninvestoren liegt die Kreditseite aktuell zwar unverändert im grünen Bereich. Dennoch sollten höhere Belehnungen reduziert respektive gemieden werden. Aufgrund höherer Zinssensivität bleiben Renditeliegenschaften in unserer Anlagelösung eher ein Untergewicht.
Wegfall der Negativzinsen und relative Attraktivität
Hypothekenanlagen konnten sich praktisch als einzige CHF-Anlage den Negativzinsen entziehen. Dieses Argument für Hypotheken fällt nun vorderhand weg. Für letztere spricht weiter, dass schon vor der Negativzins-Zeit im langjährigen Vergleich eine Prämie von 20 bis 30 Basispunkten gegenüber dem Bondmarkt nach Kosten verdient werden konnte.
Neu profitieren Hypotheken von zwei Spezialeffekten
Erstens sind zurzeit die Swap-Sätze im Vergleich zu allen Bonds erhöht. So beträgt z.B. die Rendite (vor Kosten) unserer Hypothekenanlagegruppe 2,50% gegenüber der Rendite des Swiss Bond Index (SBI) von 1,70% (beides per 30.9.23). Zweitens dürfte der Wettbewerb am Hypothekenmarkt in den nächsten zwei bis vier Jahren weniger intensiv werden, was die Hypothekenmargen unterstützen wird. Hypotheken werden Bonds längerfristig überflügeln – und das mit einer tieferen Volatilität, weil die Duration immer etwas kürzer ist.
Dislozierte Swap-Sätze
Die CHF-Swap-Renditen liegen ca. 15 Basispunkte höher als im langjährigen Durchschnitt (im Vergleich zu Eidgenossen, Pfandbriefen und Corporate-Bonds). Hypothekarzinssätze werden auf Basis der Swap-Sätze angeboten und sind somit im Vergleich zu Bonds sehr attraktiv.
Die Integration der Credit Suisse in die UBS wird zu einer zusätzlichen Reduzierung des Marktanteils der Grossbanken führen.
Maurizio Pedrini, Leiter Fixed Income Credit im Asset Management der Zürcher Kantonalbank
Wettbewerbssituation
Die Integration der Credit Suisse in die UBS wird zu einer zusätzlichen Reduzierung des Marktanteils der Grossbanken führen. Seit der Finanzkrise hat das Hypothekarvolumen von UBS und CS in der Schweiz stagniert, während die Inlandbanken relativ stark gewachsen sind. Dies war eine direkte Folge der verschärften Kapitalanforderungen, die insbesondere die Grossbanken im Hypothekargeschäft gebremst haben. Sowohl das Kundenverhalten als auch die Bilanzsituation sprechen bei der neuen UBS wahrscheinlich sogar für eine leichte Schrumpfung der Bilanzsumme bezüglich Hypotheken. Erstmals werden aber die Inlandbanken an ihre Grenzen stossen, da neue Hypotheken zusätzliches Eigenkapital benötigen. Sie können dieses mehrheitlich nur aus einbehaltenen Gewinnen generieren. Dies dürfte für die Margen in naher Zukunft eine stützende Wirkung haben.
Stress bei Hypothekarvermittlern
Aufgrund von höheren Zinsen sind zehnjährige Hypotheken weniger gesucht. Kürzere Laufzeiten bedeuten bei der Vermittlung, zumindest kurzfristig, eine tiefere Vergütung. Dieses Phänomen dürfte sich über die Zeit wieder normalisieren, müssen doch kurze Hypotheken schneller refinanziert werden. Zusätzlich sucht ein für die Vermittlung wichtiges Finanzierersegment – die Versicherer – weniger stark zusätzliche Hypotheken. Grosse Vermittler wie Money-Park und Valuu haben reagiert und passen sich an die neue Situation an. Das System wird sich mit der Zeit wieder einpendeln, aber weniger dynamisch wachsen. Für Investoren bedeutet das, dass die Diversifizierung der Zugänge zum Hypothekarmarkt an Wichtigkeit gewinnt.
Versicherer sind «voll» investiert
Die meisten Versicherer haben in den vergangenen Tiefzins-Jahren ihre Hypothekenquote ausgebaut und sind jetzt «voll» investiert. Zusätzlich bieten viele Versicherer keine Saron-Hypotheken an, was den «Verkehr» bei Vermittlern und den Margenwettbewerb eher reduzieren wird. Dies hat wiederum einen positiven Einfluss auf die Margen. Ein breiter Zugang in den Hypothekenmarkt gewinnt dadurch an Bedeutung.
Kürzere Laufzeiten
Die Laufzeiten der neuen Hypotheken sind durchschnittlich deutlich kürzer geworden. Das ist vor allem bei Anlagelösungen ein Thema, die auf den Bondmarkt ausgerichtet sind. Da diese Portfolios im Vergleich zum Markt sehr klein sind, können sie aber weiterhin ohne Probleme genügend lange Hypotheken finden. Doch auch diesbezüglich ist ein breiter Marktzugang wichtiger geworden.
Ob relative Attraktivität, eine veränderte Wettbewerbssituation oder Diversifikationsaspekte: Auf dem Hypothekarmarkt ist derzeit viel in Bewegung. Dennoch lässt sich ein klares Fazit ziehen: Insbesondere für institutionelle Anleger bleiben Hypotheken als Ergänzung zu CHF-Bonds auch für die Zukunft eine sehr interessante Anlage.