Systematic Rebalancing: Wissen, wann es genug ist

Rebalancing-Strategien setzen den Ansatz «Buy Low, Sell High» diszipliniert um. Doch wann ist der möglichst optimale Zeitpunkt für ein Rebalancing? Unser systematischer Ansatz bietet hier nun Orientierung.

Roger Rüegg

Investiert bleiben oder ein Rebalancing vornehmen? Unser Rebalancing-Signal zeigt mögliche Wendepunkte an. (Quelle: iStock.com)

Das regelmässige Rebalancing eines Portfolios gegenüber der gewählten Anlage­strategie ist keine grosse Sache – könnte man meinen. Doch die Praxis birgt Tücken, die uns zur Entwicklung unseres Systematic Rebalancing Ansatzes veranlasst haben.

Bislang kommen beim Rebalancing verbreitet Kalenderregeln oder Bandbreiten zum Einsatz: Während beispielsweise das quartalsweise Rebalancing das tiefste Risiko im Vergleich zur Anlagestrategie über die Zeit aufzeigt, können mit dem Bandbreiten-Rebalancing die Transaktionskosten minimiert und eine höhere Rendite erzielt werden.

Zu enge Bandbreiten verzerren das Bild

Oftmals orientieren sich Investoren bei der Festlegung der Bandbreiten an den Volatilitäten der entsprechenden Anlageklassen. Auf diese Weise erhalten etwa die eher risikoarmen Obligationen CHF eine engere Bandbreite als die volatileren Aktien Schweiz.

Die Folge ist ein Zerrbild. Wird analysiert, wie oft die jeweiligen Bandbreiten über die Zeit touchiert wurden, fällt auf, dass dies bei den Obligationen CHF häufiger der Fall ist. Im Vergleich zu Aktien Schweiz oder anderen gängigen Anlageklassen wird das Rebalancing demnach fast ausschliesslich aufgrund von Obligationen CHF ausgelöst.

Wie wir am folgenden Beispiel (siehe Grafik unten) zeigen, lösten die Obligationen seit 2006 elfmal ein Rebalancing aus, die Aktien Schweiz beispielsweise aber nur einmal.

 

Quelle: Zürcher Kantonalbank

Der Grund dafür liegt in der Interaktion der Portfoliogewichte. Fällt beispielsweise der Wert der Aktien, hat das einen direkten Einfluss auf das Gewicht der Obli­gationen CHF im Portfolio. Dies hat zur Folge, dass die Volatilität der Gewichtung von Obligationen CHF im Portfolio höher ausfällt, als von der Anlageklasse selbst zu erwarten wäre. Eine zu enge Bandbreite bei Obligationen CHF macht deshalb die Bandbreiten der anderen Anlageklassen wie Aktien Schweiz nahezu irrelevant.

Rebalancing breit abstützen

Das verlangt nach einem neuen, breiter abgestützten Ansatz: Das Problem mit dem Bandbreiten-Rebalancing war für uns im Asset Management der Zürcher Kantonal­bank der Startpunkt, um den Systematic Rebalancing Ansatz zu entwickeln.

Dank diesem gelingt es, Wendepunkte am Finanzmarkt aus einer Schweizer Multi-Asset-Sicht robust zu erkennen. Mehr noch: Es zeigt sich, dass mit diesem Ansatz eine stabile Überrendite über die Zeit möglich ist. Der Ansatz eignet sich daher für eine systematische Umsetzung mit aktiv verwalteten Kategorienanlagen, wie wir am Beispiel unserer nachhaltigen Sustainable-Produktpalette aufzeigen.

Für eine breitere Abstützung des Rebalancing-Signals nehmen wir in einem ersten Schritt eine ausgewogene Schweizer Anlagestrategie mit einer breiten Abdeckung an Anlageklassen als Basis. Diese enthält Obligationen CHF, Staats- und Unter­nehmens­obligationen, Aktien Schweiz, Aktien Welt und Aktien Emerging Markets, aber auch Immobilien Schweiz, Gold und Rohstoffe.

Deutlich ausgewogener

In einem zweiten Schritt berechnen wir dann die Bandbreiten basierend auf der Volatilität der Portfoliogewichte innerhalb dieser Anlagestrategie. Die Volatilität der Gewichte im Gegensatz zur Volatilität der Anlageklasse zu berücksichtigen, hat den grossen Vorteil, dass den Interaktionseffekten Rechnung getragen wird. Damit erhalten beispielsweise Obligationen CHF weitere Bandbreiten, als dies beim klassischen Bandbreiten-Rebalancing oft zu beobachten ist. In der Folge hat jede Anlageklasse dieselbe Chance, einen Wendepunkt anzuzeigen, und der gesamte Rebalancing-Mechanismus ist breit abgestützt.

Das Resultat dieser beiden Schritte ist unser Systematic Rebalancing Signal. Wie sich zeigt, ist dieses insgesamt deutlich ausgewogener als bei anderen Ansätzen; alle Anlageklassen zusammen lösten seit 2006 im Schnitt drei Rebalancings pro Jahr aus, ohne dass eine Anlageklasse die Anzahl Rebalancings dominierte. Das Signal setzen wir bereits seit September 2021 in unseren systematischen Portfolios um. In der jüngeren Vergangenheit zeigte das Signal am 24. Oktober 2023, ausgelöst durch Aktien Emerging Markets, und am 20. März 2024, ausgelöst durch Aktien Welt, zwei wichtige Wendepunkte (rote Kreise) an den Kapitalmärkten an.
 

Quelle: Zürcher Kantonalbank

Der grosse Vorteil des Systematic Rebalancing Signals liegt darin, dass es auf jedes beliebige Portfolio angewendet werden kann und sich somit gerade auch für eine aktive Titelselektion mit zusätzlichem Tracking Error aus der Titelselektion eignet. Im Live-Track-Record von Juni 2018 bis Mai 2024 vermochte das Systematic Rebalancing den Mehrwert aus der Sustainable Titelselektion um zusätzliche 0,8% (siehe Grafik unten, hellblaue Fläche) nach Transaktionskosten zu steigern.

Quelle: Factset und Zürcher Kantonalbank

Wendepunkte erkennen

Die Umsetzung der Rebalancing-Strategie ist ein aktiver Entscheid, der abgestimmt auf das Investitionsziel getroffen werden sollte. Möchte man das Risiko zur monatlich rebalancierten Benchmark minimieren, ist das Kalender-Rebalancing zu bevorzugen. Wird beabsichtigt, die Transaktionskosten zu minimieren, dann ist wiederum das Bandbreiten-Rebalancing die gängigste Wahl.

Möchten Investoren hingegen die Chance nutzen, Wendepunkte am Kapitalmarkt zu treffen, dann bietet sich das Systematic-Rebalancing-Signal an. Dieses hat zudem den gewichtigen Vorteil, dass es gerade bei einer aktiven Titelselektion ohne zusätzliche Annahmen integriert werden kann.
 

Rebalancing-Strategien im Überblick

Kalenderbasiertes Rebalancing

Bei dieser Strategie wird das Portfolio regelmässig nach einer Kalenderregel (bspw. quartalsweise) auf die Anlagestrategie zurückgeführt. Ziel ist es, möglichst nahe an der monatlich rebalancierten Anlagestrategie zu liegen, welche gemäss der gängigen Praxis die Benchmark bildet.

Bandbreiten Rebalancing

Primärziele sind hier die Reduktion der Transaktionskosten und das Ausnutzen von Trends in den Anlageklassen. Die Anlageklassen werden bei der Über- oder Unterschreitung der Bandbreiten kosteneffizient auf ihr Strategiegewicht zurückgeführt. Dies bedeutet, dass die Anlageklassen mit einer Bandbreitenverletzung an die Anlagestrategie angepasst und auf der Gegenseite mit denjenigen Anlageklassen ausgeglichen werden, die am nächsten an einer Bandbreitenverletzung liegen. Die restlichen Anlageklassen werden aus Kostengründen nicht verändert.

Systematic Rebalancing

Das Systematic Rebalancing setzt sich zum Ziel, ein möglichst breit abgestütztes Signal zu generieren, bei welchem keine der Anlageklassen in einer ausgewogenen Multi-Asset-Anlagestrategie die Rebalancing-Häufigkeit dominiert. Dabei werden die Interaktionseffekte der Anlageklassen berücksichtigt und das gesamte Portfolio wird bei Eintritt eines Signals auf die Anlagestrategie zurückgeführt. Dieses Vorgehen ermöglicht zu Beginn eines möglichen neuen Kapitalmarkttrends eine neutrale Ausrichtung des Gesamtportfolios auf die gewünschte Anlagestrategie.

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