Wie die Lage bei den Schweizer Start-ups ist

Kürzlich wurden die «Top 100 Swiss Start-up Awards» verliehen. Welche Rolle nimmt die ZKB unter den Schweizer Risikokapitalgebern ein?

Michelle Tschumi: Die Zürcher Kantonalbank ist eine der grössten Risikokapitalgeberinnen in der Schweiz. Wir unterstützen Schweizer Start-ups seit 18 Jahren mit Eigenkapital oder Wandeldarlehen und haben so massgeblich zum Aufbau des hiesigen Start-up-Ökosystems beigetragen.

Andreas Nicoli: Darüber hinaus haben wir 2018 den Schweizer Wachstumsfonds von Swisscanto mit einem Fondsvolumen über 180 Millionen Franken lanciert. Damit schliessen wir Kapitallücken von Unternehmen, die aus der Start-up-Phase in die Wachstumsphase gelangen.

Wie hat sich das Umfeld der Finanzierungen mit der Erhöhung der Leitzinsen verändert?

Michelle Tschumi: Wir stellen fest, dass die Investitionstätigkeit in der Schweiz in jüngster Zeit leicht rückläufig ist. Die Unternehmensbewertungen von nicht-kotierten Firmen geraten zunehmend unter Druck. Dies hängt neben dem neuen Zinsumfeld auch mit der aktuellen konjunkturellen Lage zusammen. Einerseits erschwert dies für unsere Portfoliounternehmen die Kapitalsuche, andererseits eröffnet es für uns als Investorin auch Chancen, uns zu attraktiven Konditionen an neuen Unternehmen zu beteiligen.

Was bedeutet das für die Start-ups und eure Arbeit?

Michelle Tschumi: Das Marktumfeld für Fundraising ist derzeit herausfordernd. Wir stellen fest, dass Finanzierungsrunden für Start-ups derzeit länger dauern und mehr Ressourcen in Anspruch nehmen. Wir als Kapitalgeberin behalten dabei einen klaren Fokus mit unseren bewährten Investitionskriterien: starke komplementäre Teams, innovative Technologien ohne Branchenbeschränkung, nachhaltige Geschäftsmodelle, Partizipation an positiven Trends, verstärkte Investition in Nachhaltigkeitslösungen und -produkte.

Und im Wachstumsbereich, seid ihr mit den Private-Equity-Finanzierungen noch selektiver geworden?

Andreas Nicoli: Unsere Investments in Wachstumsunternehmen tätigen wir seit jeher sehr selektiv. Die Zielunternehmen durchlaufen einen mehrstufigen Evaluierungsprozess. Im Schnitt prüfen wir mehr als 100 Firmen, bevor wir uns mit den Swisscanto Private Equity Fonds an einem Unternehmen beteiligen.

Welche spezifischen Bedürfnisse haben Wachstumsunternehmen – und wie unterstützt ihr diese?

Andreas Nicoli: Der Wirtschaftsstandort Schweiz ist weltweit mit führend punkto Forschungstätigkeit und Innovationskraft. Die Herausforderung besteht darin, Spitzentechnologie aus einem – relativ gesehen – kleinen Heimatmarkt international erfolgreich zu kommerzialisieren und gleichzeitig einen Grossteil der Wertschöpfung im Inland zu sichern.

Für Wachstumsunternehmen steht die Skalierung und internationale Expansion im Fokus. Die Herausforderungen sind sehr vielfältig: Aufbau eines globalen Vertriebsnetzes, Erweiterung von Produktionskapazitäten oder Anpassung der Strukturen und Prozesse auf ein rasantes Teamwachstum.

Das Investment Team von Swisscanto Private Equity vereint mehr als 70 Jahre Erfahrung im Risikokapital-Geschäft und steht den Unternehmen bei der Bewältigung dieser Herausforderungen mit Rat und Tat zur Seite.

Wir stellen den Unternehmen das nötige Kapital und ein relevantes Netzwerk zur Verfügung. Zusätzlich beteiligt sich unser Investment Team in der Regel aktiv an der Führung und Weiterentwicklung des Unternehmens auf Verwaltungsratsstufe. Deshalb ist es aus Sicht des Unternehmens zentral, dass wir als Miteigentümerin dieselben Werte und Visionen verfolgen wie die Unternehmerinnen und Unternehmer selbst.

Noch ein Blick nach vorn: In welche Richtung geht der Markt?

Michelle Tschumi: Erneut verzeichnen Schweizer Hochschulen dieses Jahr Höchstwerte betreffend Anzahl Firmen-Ausgründungen (Spin-Offs). Die Nachfrage nach Risikokapital dürfte deshalb auch in den nächsten Jahren konstant hoch bleiben.

Als Risikokapitalgeberin denken wir in sehr langfristigen Zyklen. Die durchschnittliche Zeit zwischen Erstfinanzierung und erfolgreichem Verkauf beträgt sieben bis zehn Jahre. Deshalb bleiben wir auch im aktuell herausfordernden Marktumfeld eine verlässliche Partnerin für Start-ups.

Und aus Sicht Wachstumsfonds?

Andreas Nicoli: Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und die Dekarbonisierung der Wirtschaft sind zwei Themen, die mehr und mehr in den Fokus einer breiteren Öffentlichkeit gerückt sind. Als führende Schweizer Asset Managerin möchten wir qualifizierten Anlegerinnen und Anlegern die Möglichkeit bieten, an diesen Wachstumsthemen zu partizipieren. Deshalb haben wir unser Private Equity Angebot vor Kurzem erweitert. Die Kapitalanlage Swisscanto (CH) Private Equity World Carbon Solutions I KmGK mit einem Zielvolumen von CHF 150 Mio. ist aktuell für Neuanleger zur Zeichnung offen.