Paar ohne Trauschein – und trotzdem abgesichert

Als Paar ohne Trauschein stehen Sie nicht unter den Schutzbestimmungen des Eherechts – und sind deshalb weniger gut abgesichert. Hier sind die Tipps von Stefan Reinhard, Leiter Erbschaften und Stiftungen.

Text: Ina Gammerdinger

Abgesichert im Konkubinat
Wie die Absicherung ohne Heirat klappt.

Verheiratete Personen sind in vielen Belangen rechtlich bessergestellt als nicht verheiratete Paare. «Ich empfehle allen nicht verheirateten Personen, aktiv zu werden», sagt Stefan Reinhard. Er ergänzt: «Durch eine gegenseitige Absicherung kann vor allem im Krankheits- oder Todesfall vorgesorgt werden.»

AHV, Pensionskasse, Vorsorge

Die AHV (1. Säule) dient der Existenzsicherung. Als verheiratetes Paar erhalten beide Personen je eine Einzelrente, die zusammen höchstens 3’675 Franken pro Monat (Stand: 2023) beträgt.

Hier geniessen Konkubinatspaare noch einen finanziellen Vorteil. Sie erhalten pro Person als Einzelrente pro Monat maximal 2’450 Franken; total 4‘900 Franken. Doch dafür besteht ein grosser Nachteil im Todesfall eines Partners. Die AHV-Leistungen sehen für nicht verheiratete Paare keine Witwen- beziehungsweise Witwerrenten vor. Auf den Punkt bringt es Stefan Reinhard: «Bei einem Todesfall des Partners geht die Lebenspartnerin oder der überlebende Lebenspartner leer aus. Das ist bitter. Aus diesem Grund rate ich unbedingt dazu, zu handeln.»

Pensionskassen berücksichtigen oftmals – je nach Reglement – nur hinterbliebene Personen, die begünstigt wurden. «Es gilt aktiv zu werden: Informieren Sie sich bei Ihrer Pensionskasse, ob Sie Ihre Konkubinatspartnerin oder -partner begünstigen können. Dies gilt im Übrigen auch für die 3. Säule», sagt Stefan Reinhard. Allfällige Lebensversicherungen sind ebenfalls zu überprüfen, denn auch hier können Personen begünstigt werden.

Stefan Reinhard gibt einen weiteren Tipp: «Auch bei einer Trennung bestehen keine Ansprüche auf die Teilung des während der Beziehung angesammelten Vermögens. Diesen Punkt sollten Sie vertraglich regeln.»

Konkubinatsvertrag

Sicherlich gibt es romantischere Momente in einer Beziehung als jene, eine schriftliche Vereinbarung zu treffen, aber ein Vertrag schafft gegenseitige Sicherheit und macht das Zusammenleben einfacher. Mit einem Konkubinatsvertrag regeln nicht verheiratete Paare verschiedene Aspekte des Zusammenlebens und treffen Vorkehrungen für eine Trennung und den Krankheits- oder Todesfall eines Partners. «In einem Konkubinatsvertrag sollten Dinge wie Haushaltskosten und Inventar geregelt werden. Wer zahlt die Miete? Wem gehört der Fernseher? Auch sollte festgehalten werden, wer bei einer Trennung in der Wohnung bleiben darf. Und wie das Vermögen oder allfällige Schulden aufgeteilt werden», führt Stefan Reinhard aus.

Stefan Reinhard

Durch eine gegenseitige Absicherung kann vor allem im Krankheits- oder Todesfall vorgesorgt werden

Stefan Reinhard, Leiter Erbschaften und Stiftungen bei der Zürcher Kantonalbank

Testament, Erbrecht

Ein weiteres wichtiges Schriftstück ist das Testament. Durch das revidierte Erbrecht geniessen Unverheiratete einen grösseren Gestaltungsspielraum. Diesen gilt es aber auch zu nutzen. Tipps dazu liefert der Blogbeitrag «Unverheiratete erhalten mit dem neuen Erbrecht mehr Möglichkeiten». Neu können zum Beispiel kinderlose Konkubinatspartner einander testamentarisch ihr gesamtes Vermögen vererben, die überlebenden Eltern haben keinen Anspruch mehr auf einen Pflichtteil.

Patchwork

Wenn es hingegen Kinder gibt, sieht die Situation anders aus. Soll die überlebende Partnerin oder der überlebende Partner und möglicherweise auch deren oder dessen Kinder einen Teil des Nachlasses erhalten, so ist eine erbrechtliche Regelung in Form eines Testaments oder eines Erbvertrages unabdingbar. Das neue Erbrecht verbessert die Situation für nicht verheiratete Paare von gemeinsamen und nicht gemeinsamen Kindern insofern, als dass dem Überlebenden die Hälfte des Nachlasses vererbt werden kann. Den leiblichen Kindern steht die andere Hälfte des Nachlasses als Pflichtteil zu. Hinterlässt der Erstversterbende keine eigenen Nachkommen, so kann er der überlebenden Partnerin und deren Kindern nach neuem Erbrecht sogar sein gesamtes Vermögen vererben. Mit dem revidierten Erbrecht haben die Eltern des kinderlosen erstversterbenden Partners nämlich keinen Pflichtteilsanspruch mehr. Stefan Reinhard ergänzt: «Patchwork-Familien rate ich, sich bei einem persönlichen Beratungsgespräch zu informieren und die finanzielle sowie rechtliche Situation mit einem Profi zu analysieren. Für alle Konstellationen gibt es entsprechende Lösungen. Diese müssen aber selbst eruiert und abgesichert werden.»

Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung

Unerwartete Ereignisse können uns alle treffen. Ein Unfall, eine schwere Erkrankung oder eine Altersschwäche können zu einer dauernden oder vorübergehenden Urteilsunfähigkeit führen. Mithilfe eines Vorsorgeauftrages kann für diesen Fall festgelegt werden, wer sich um die eigenen Angelegenheiten kümmert, wenn man selbst dazu nicht mehr in der Lage ist. Zudem kann eine urteilsfähige Person in einer Patientenverfügung bestimmen, welchen medizinischen Massnahmen sie im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit zustimmt und welche sie ablehnt. «Dies sind zwei wichtige Instrumente, um die eigene Vorsorge aktiv und selbstbestimmt zu regeln», sagt Stefan Reinhard.