So füllen Frauen Vorsorgelücken
Erwerbsunterbrüche für Familie und Teilzeitarbeit gehören für Frauen oft zur Realität. Das Schweizer Vorsorgesystem wird diesem Umstand nicht gerecht und macht zusätzlich wegen eines Reformstaus von sich reden. Umso wichtiger ist es, dass sich erwerbstätige Frauen bestmöglich für die eigene Vorsorge aufstellen und das Thema Pensionierung aktiv angehen. Zwei Expertinnen, Judith Albrecht, Leiterin Finanzberatung Zürcher Kantonalbank, und Dr. Anja Hochberg, Leiterin Multi Asset Solutions Swisscanto, diskutieren darüber, wie Frauen ihre Altersvorsorge optimieren können.
Interview: Nirmala Alther, Bilder: Lea Meienberg | aus dem Magazin «Meine Vorsorge» 2/2021 (Zahlen aktualisiert am 29. März 2023)
Frau Hochberg, warum scheuen sich viele Frauen vor Themen wie Geldanlage, Vermögensaufbau und Vorsorge?
Anja Hochberg: Die Daten bestätigen in der Tat, dass Frauen bei den Themen Anlegen und Vorsorgen zurückhaltender sind. So haben wir bislang bei unserer Vorsorge-App frankly einen Anteil von 26 Prozent Nutzerinnen (Stand Mai 2021 / knapp 40 Prozent im 2023). Wir rechnen allerdings damit, dass sich der Frauenanteil signifikant erhöhen wird. Zum einen wird die Einsicht grösser, dass frau Vorsorge in die eigene Hand nehmen muss. Zum anderen gibt es mittlerweile für jede Lebenslage – unabhängig von Geschlecht, Alter, Einkommen, Finanzmarktinteresse oder Know-how – geeignete Produkte und Lösungen, um die eigene Altersvorsorge optimal auszugestalten.
Frau Albrecht, können Frauen sich nicht mehr auf den Staat bei der Altersvorsorge verlassen?
Judith Albrecht: Das Schweizer Vorsorgesystem steht tatsächlich vor grossen Herausforderungen: Die Lebenserwartung steigt – und die Zinsen verharren auf einem historisch tiefen Niveau. Um adäquate Renten bis ans Lebensende garantieren zu können, sollte die Beitragspflicht erhöht oder verlängert werden. Es wäre wünschenswert, dass eine nachhaltige Reform unserer Vorsorgewerke mehrheitsfähig würde.
Idealerweise werden dort die veränderten Familienstrukturen angemessen berücksichtigt. So sehen wir neben dem klassischen Familienmodell immer häufiger unverheiratete Paare mit Kindern, gleichgeschlechtliche Partnerschaften und Patchwork-Familien. Für sie ist die Absicherung im Alter bislang nicht gesetzlich vorgespurt. Dazu kommt, dass wir heute deutlich vielschichtigere Lebensbiografien haben. Auch hier hinken die gesetzlichen Vorgaben für die Vorsorge hinterher.
Wie sind Frauen in Sachen Vorsorge heute aufgestellt?
J. A.: Insgesamt gesehen haben Frauen in der Schweiz im Pensionsalter geringere Vermögen in der Vorsorge und somit auch tiefere Renten, als Männer. Frauen legen familienbedingt nach wie vor öfter Erwerbspausen ein als Männer und arbeiten eher Teilzeit. Die Renten von Frauen über alle drei Säulen hinweg sind im Durchschnitt ein Drittel tiefer, als diejenigen von Männern.
Ein Grund für Vorsorgelücken von Frauen in Teilzeitpensen ist dabei der sogenannte Koordinationsabzug sowie der Mindestlohn für den Anschluss an die berufliche Vorsorge, der in diesem Jahr 21'510 Franken beträgt (Stand 2023: 25'725 Franken). Nur der darüber hinausgehende Lohn ist in der 2. Säule versichert. Bei Teilzeitpensen ist der versicherte Lohn daher oft vergleichsweise gering.
Wie können Vorsorgelücken vermieden werden?
J. A.: Es lohnt sich, die Vorsorge selbst in die Hand zu nehmen. Das gilt nicht minder für kleinere Einkommen. Der privaten Vorsorge in der dritten Säule kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Einzahlungen in die Säule 3a lassen sich vollumfänglich vom steuerbaren Einkommen abziehen. Als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer mit Pensionskasse können pro Jahr bis zu 6'883 Franken in die Säule 3a einbezahlt werden (Stand 2023: 7'056 Franken). Es lohnen sich bereits kleinere Beiträge in jungen Jahren.
A. H.: Für die Säule 3a bietet sich aufgrund des langen Anlagehorizonts das Wertschriftensparen klar an, da hier – bei höherem Risiko – höhere Renditen erwirtschaftet werden können. Trotz massiver Finanzmarktkorrekturen in den vergangenen Jahrzehnten schlägt das Wertschriftensparen das reine Konto deutlich. Zudem sind die Angebote einfach zugänglich, sei dies über die digitale Vorsorgelösung frankly oder sei es über eine klassische Beratung bei der Bank. Wir beraten Anlegerinnen und Anleger individuell und berücksichtigen Risikofähigkeit und den Zeithorizont, in dem das Vorsorgekapital investiert bleibt.
Noch einmal konkreter: Inwiefern sind Wertschriftenlösungen einem Sparkonto überlegen?
A. H.: Das wichtigste Argument für Wertschriftenlösungen sind die attraktiven Renditechancen. Diese sind bei einem Sparkonto im aktuellen Zinsumfeld nicht gegeben. Unsere Vorsorge-Fonds hingegen sind breit diversifiziert. Man kann mit kleinen Beträgen an der Entwicklung der Märkte teilnehmen. Am besten investiert man regelmässig, also monatlich oder vierteljährlich. So diversifiziert man auch das Risiko über den Faktor Zeit. Je länger der Zeithorizont, desto grösser darf der Aktienanteil im Portfolio sein. Für risikofreudige Anlegerinnen mit einem langen Zeithorizont bieten wir einen Fonds mit bis zu 95 Prozent Aktienquote.
Wertschriftenlösungen erlauben zudem die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten. Unsere aktiv verwalteten Fondslösungen beispielsweise orientieren sich am Pariser Klimaziel und verfolgen ein klares CO2-Absenkungsziel.
Viele Frauen trauen sich nicht, in Wertschriften zu investieren. Was raten Sie diesen?
J. A.: Wir sind für unsere Kundinnen und Kunden da und bieten ihnen eine unentgeltliche, persönliche Standortbestimmung. Dazu gehören eine Prognose der Rente und zur Entwicklung des Vermögens. Zudem zeigen wir mögliche Optimierungen auf.
A. H.: Vermögenswachstum kommt mit der Zeit und braucht Geduld. Dafür braucht es keine komplizierten Lösungen. Ein breit diversifizierter Vorsorge-Fonds, idealerweise nachhaltig gemanagt, reicht völlig aus.
Darauf kommt es an
Verlassen Sie sich besser auf sich selbst, wenn es um Ihre finanzielle Absicherung geht. Informieren Sie sich über Ihre Altersvorsorge und beginnen Sie mit dem Aufbau eines Vorsorgekapitals. Kombinieren Sie dabei alle drei Säulen (AHV, Pensionskasse und freiwillige Vorsorge). Die dritte Säule bietet viele Möglichkeiten, die finanzielle Vorsorge selbstbestimmt zu gestalten.
Auch wenn Sie nicht den Maximalbetrag (2021: CHF 6’883 / 2023: CHF 7'056) einzahlen können oder möchten, lohnt sich eine Einzahlung in die Säule 3a – auch wenn es sich nur um kleine Summen handelt, nutzen Sie dadurch den Zinseszinseffekt.
Zahlen Sie regelmässig auf Ihre Säule-3a-Lösung ein. Dies ist eine der wichtigsten Massnahmen, um Vorsorgelücken vorzubeugen, gerade dann, wenn die Beiträge bspw. durch Teilzeitarbeit in die 1. und 2. Säule bescheiden ausfallen.
Auf einem 3a-Sparkonto gibt es kaum noch Zins. Deshalb lohnt sich zur privaten Vorsorge eine Wertschriftenlösung mehr. Einen einfachen Zugang zum 3a-Wertschriftensparen bietet die Vorsorge-App frankly – mit höheren Renditechancen gegenüber einem 3a-Sparkonto.