Wenn Archivare zu Detektiven werden

​​​​​​​​​​Bei der Durchsicht alter Archivbestände kann es vorkommen, dass man plötzlich eine alte Schwarzweiss-Fotografie in den Händen hält, zu der keine weiteren Informationen vorhanden sind. Da ist Spürsinn gefragt.

Text: Matthias Wiesmann / Bilder: Historisches Archiv Zürcher Kantonalbank

Zürcher Kantonalbank Schalterraum um 1950

​Eine detektivische Ader verlangte auch das obenstehende Bild. Es handelt sich offensichtlich um den Schalterraum einer Bank. Aber wo und wann ist diese Aufnahme entstanden?

Fotografie von General Guisan in altem Schalterraum der Zürcher Kantonalbank

Die genaue Betrachtung eines Bildausschnitts hilft bei der Datierung weiter. Der Kalender zeigt den 13. Juni, aber leider ohne Jahreszahl. Auffällig ist das ikonische Bild von General Guisan an der Wand, was auf ein Aufnahmedatum während oder kurz nach dem Zweiten Weltkrieg hindeutet. Aber es geht noch genauer: An der Schalterverglasung ist eine Werbung für Jugendsparhefte der Zürcher Kantonalbank zu erkennen. Diese wurden 1948 eingeführt.

Historisches Inserat Jugendsparheft

Genauere Datierung dank eines Zeitungsinserats

Weiterhelfen kann uns auch noch die zugehörige Zeichnung mit einem jugendlichen Fussballspieler und einem erwachsenen Vermessungstechniker. Sie wurde 1956 auch für ein Zeitungsinserat gebraucht, wie wir es in einem anderen Bestand mit Bankwerbung vorfanden. Wir können das Bild mit diesen Informationen also auf Mitte der 1950er-Jahre datieren. Und: Unsere Vermutung, dass es sich um eine Filiale unserer Bank handelt, wird definitiv bestätigt.

Fotografenstempel H.A. Bosch

Findet man auf der Rückseite weitere Hinweise?

​Die Archivdetektive möchten aber noch mehr wissen, nämlich, um welche Zweigstelle es sich handelt. Ein Hinweis könnte der Stempel des Fotografen auf der Rückseite sein. Er residierte im Zürcher Seefeld. Angenommen, dass lokale Fotografen bevorzugt wurden, darf davon ausgegangen werden, dass sich die gesuchte Filiale in der Stadt Zürich oder in der näheren Umgebung befand. Nun bleibt nichts anderes übrig, als in den Archivbeständen zu den einzelnen Filialen zu schauen, ob auf den vorhandenen Abbildungen eine ähnliche Ansicht zu finden ist, damit wir unseren Einzelfund eindeutig zuordnen können.

Ermittlungen werden ausgeweitet

In unserem Fall blieb die Suche erfolglos, was auch daran liegen könnte, dass nicht von allen Filialen Abbildungen der Innenräume aus den 1950er-Jahren vorhanden sind. Was bleibt, ist die Publikation des Bildes im Internet, in der Hoffnung, dass eine Person damals ein Jugendsparkonto eröffnete und sich noch an den Schauplatz dieses wichtigen Akts im Leben erinnern kann.

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