Immobilien vererben ohne teure Fehler oder Erbschafts­streit

Eine Immobilie innerhalb der Familie weiterzugeben, sollte gut durchdacht und frühzeitig geplant werden. Um teure Fehler und familiäre Streitigkeiten zu vermeiden, lohnt es sich, eine Expertin oder einen Experten unterstützend zur Seite zu haben. Stefan Reinhard, Leiter Erbschaften und Stiftungen bei der Zürcher Kantonalbank, gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Text: Adrian Vonlanthen / Bild: Ethan Oelman

Stefan Reinhard, eine Immobilie innerhalb der Familie weiterzugeben, kann eine komplexe Aufgabe sein. Wann ist der richtige Zeitpunkt, sich damit zu beschäftigen?

Die Planung der Pensionierung ist ein guter Zeitpunkt, sich auch Gedanken zur eigenen Wohnsituation im dritten Lebensabschnitt zu machen. Nicht jedes Haus oder jede Wohnung entspricht den Bedürfnissen im Alter. Will man im Einfamilienhaus bleiben oder in eine altersgerechte Wohnung umziehen? Welche Umbaumassnahmen wären notwendig, wenn man im Ruhestand in den eigenen vier Wänden bleiben möchte? Hat ein Kind Interesse, die Immobilie zu übernehmen oder will man sie später verkaufen? Gleichzeitig sollte man sich auch mit der Regelung des Nachlasses auseinandersetzen. Die Gewissheit, dass alles nach den eigenen Wünschen geregelt ist, lässt einen das Leben unbeschwerter geniessen.

Welchen ersten Schritt sollten Immobilienbesitzer, die sich mit der Nachlassplanung befassen, unternehmen?

Mit einer Auslegeordnung verschafft man sich am besten einen Überblick über die eigene Vermögenssituation und klärt, wer von Gesetzes wegen wie viel erbt. So wird deutlich, wie die Partnerin oder der Partner im Todesfall ohne Regelung abgesichert ist und ob Handlungsbedarf für eine Nachlassregelung besteht. Hilfestellung dafür bietet unser Erbrechner auf www.zkb.ch/erbrechner, mit dem sich die persönliche Erbsituation einfach berechnen lässt. Oder man nimmt einen kostenlosen ZKB Erbschaft-Check in Anspruch. Die Kundenbetreuerin oder der Kundenbetreuer zeigt im Rahmen dieser Beratung auf, wer von Gesetzes wegen ohne Nachlassregelung erben würde und welchen Gestaltungsspielraum es gibt, um das Erbe nach den eigenen Wünschen zu regeln. Dies ist eine gute Basis für die weiteren Überlegungen oder den Entscheid, eine Erbschaftsberatung bei einer Expertin oder einem Experten in Anspruch zu nehmen. Bevor eine Expertenberatung in Anspruch genommen wird, sollte man sich über die eigenen Wünsche und Ziele im Klaren sein. Dazu gehört es auch, zu erfahren, ob ein Kind Interesse an der Übernahme der Liegenschaft hat.

Immobilien können zu Lebzeiten an die Nachkommen übergeben oder vererbt werden. Welche Variante bringt mehr Vorteile?

Dies hängt von der individuellen Situation und den eigenen Wohnbedürfnissen ab. Wird das Eigenheim mit Umschwung schlicht zu gross und führt zu einer finanziellen oder körperlichen Belastung, bietet eine lebzeitige Übertragung sicher Vorteile. Man sorgt so auch früh für klare Verhältnisse. Allerdings schränkt man sich mit einer lebzeitigen Übertragung unter Umständen in der finanziellen Flexibilität ein. Viele Menschen möchten auch in den eigenen vier Wänden alt werden – Sie haben eine emotionale Bindung zum Eigenheim und über die Zeit sind auch enge soziale Kontakte zur Nachbarschaft entstanden. Die gewohnte Umgebung zu verlassen kann schwerfallen. In solchen Fällen liegen die Vorteile eher beim Vererben. Was für beide Varianten gilt: Sie müssen gut geplant sein.

Mit dem Eigenheim sind häufig viele Erinnerungen verbunden – man möchte diese bewahren und die Immobilie im Interesse aller Erben übergeben. Wie gelingt das?

Wichtig ist, sich die Gedanken nicht allein zu machen, sondern die Kinder von Beginn an mit in den Prozess einzubeziehen. Ich hatte mal ein Ehepaar in der Beratung, das ein Bauprojekt für ein Dreifamilienhaus geplant hat, um später jedem Kind eine Wohnung vererben zu können. Als das Ehepaar nach einer umfassenden Konzeptionsphase das baureife Projekt erstmals den Kindern präsentierte, hatte nur ein Kind wirklich Interesse an einer Wohnung – dies zur Enttäuschung der Eltern. Darum sind die Interessen der Beteiligten frühzeitig zu klären.

Warum empfiehlt sich eine professionelle Beratung, wenn es um die Übergabe von Immobilien geht?

Der Laie kennt nicht alle Tücken. Zum Beispiel muss im Kanton Zürich dem Erwerber mindestens 25 Prozent des Verkehrswertes einer Immobilie geschenkt werden, damit die Übertragung nicht unmittelbar Grundstückgewinnsteuern auslöst. Will sich jemand eine Nutzniessung oder ein Wohnrecht vorbehalten, stellt dies eine entgeltliche Gegenleistung dar, welche beim Übernahmepreis berücksichtigt werden muss. Zudem wird häufig übersehen, dass Erbvorbezüge zum Wert im Zeitpunkt des Todes der schenkenden Person angerechnet werden. Geldbeträge werden zum Nominalwert ausgeglichen. Bei Immobilien wird somit ohne anderslautende Vereinbarung ein seit der Zuwendung entstandener Mehrwert ebenfalls berücksichtigt. Dies kann zu ungerechten Resultaten führen, wenn ein Kind eine Immobilie und das andere einen gleichwertigen Geldbetrag als Erbvorbezug erhält. Es ist daher ratsam, bei einer Zuwendung zu Lebzeiten klar zu regeln, ob und in welchem Umfang diese ausgleichungspflichtig ist. Falls durch diese Vereinbarung Pflichtteile verletzt werden könnten, ist der Abschluss eines Erbvertrags in der Familie zu empfehlen. Auf solche Aspekte kann eine professionelle Beratung hinweisen.

Sie besitzen auch ein Einfamilienhaus. Wie haben Sie es geregelt?

Meine Ehefrau und ich haben uns beim Erwerb des Eigenheims für den Todesfall bestmöglich abgesichert. Wir haben einen Ehevertrag abgeschlossen und im Testament geregelt, dass der überlebende Ehegatte das Eigenheim zu Alleineigentum übernehmen und den Pflichtteil der Töchter in bar auszahlen kann. Eine Todesfallrisikoversicherung stellt zudem sicher, dass das Haus für den Überlebenden von uns weiterhin tragbar ist. Wer von den noch minderjährigen Töchtern später das Haus übernimmt, wird sich zeigen. Das Leben ist immer im Fluss – darum sollte eine Erbschaftsregelung von Zeit zu Zeit überprüft werden.