Kann Humus das Klima retten?

Auf den Feldern schlummert ein Schatz im Kampf gegen den Klimawandel. Die oberste Bodenschicht ist wertvoll und gleichzeitig bedroht. Letzteres soll sich ändern – mithilfe der Zürcher Kantonalbank.

Text: Alexander Wolski

Landwirtschaftliche Maschinen auf einem Feld
Drohnengestützte Analysen sind ein wichtiger Bestandteil von «Smart Farming». (Bild: Tom Fisk)

Unser Boden hat ein Problem: Genauer gesagt ist es der Humus, der immer weniger wird, denn Bodenverdichtung, Erosion und zu intensive Feldwirtschaft machen der fruchtbaren Schicht zu schaffen. Nicht alle wissen: Humus ist ein sehr effizienter CO2-Speicher. Der Aufbau von 0,1 Prozent Humus pro Hektar bindet drei bis sechs Tonnen CO2 – ein unterschätztes Potenzial im Kampf gegen den Klimawandel. Dieses will die Zürcher Kantonalbank gemeinsam mit dem Landwirtschaftsberater AgriCircle ab sofort mehr zur Geltung bringen.

Aus der Luft den Überblick behalten

AgriCircle wurde 2014 von Peter Fröhlich und Daniel Markward in Rapperswil gegründet und schreibt sich auf die Fahnen, digitale Innovation in die Landwirtschaft zu bringen. «Smart Farming», so nennt sich die Technik, mit der Nahrungsmittel nicht nur effizienter, sondern auch umweltschonender produziert werden sollen.

Dafür setzt AgriCircle auf Satelliten, Drohnen und vom Unternehmen entwickelte KI-Algorithmen (künstliche Intelligenz), die dem Landwirt eine genauere Beurteilung seiner Felder und eine ressourcenschonendere Bewirtschaftung erlauben. Im Übersichtscockpit ist alles präzise aufgelistet: Wo ist die Ressourcenverteilung nicht optimal, und wo kann die Ausbringung von Kalk oder Dünger reduzieren werden? Wieviel Pestizide sind notwendig und auf welchen Flächen geht es auch ohne?

AgriCircle macht nicht nur eine Potentialabschätzung, sondern liefert dem Landwirt auch Daten und Software-gestützte Werkzeuge für den gezielten Aufbau von Bodennährstoffen und Humus. «Wenn es uns gelingt, attraktive Anreizsysteme zu entwickeln, können wir gemeinsam mit den Landwirten einen signifikanten Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten» sagt Markward.

Die Technik hat für die Landwirte mehrere Vorteile: Der Humusverlust wird durch weniger Bodenverdichtung gestoppt – weniger Einsätze auf dem Feld lassen den Boden lockerer werden, als wenn ständig Geräte den Untergrund bearbeiten. Zusätzlich kann durch die gezielte Förderung von Biodiversität mehr fruchtbarer Boden aufgebaut werden. Neben dem Nutzen für die Umwelt macht sich dies auch im Geldbeutel der Landwirte bemerkbar; weniger Ressourceneinsatz bedeutet weniger Ausgaben.

Programm Humusaufbau

«Wir haben AgriCircle durch das Start-up-Förderprogramm unserer Bank kennengelernt», sagt Marit Kruthoff von der Fachstelle Leistungsauftrag bei der Zürcher Kantonalbank. «Das hohe Speicherpotenzial hat uns begeistert und daher haben wir im Rahmen des ZKB Umweltdarlehens ein Programm zum Humusaufbau im Kanton Zürich aufgelegt.»

Die Initiative setzt finanzielle Anreize und ermutigt Landwirtschaftler, bodenfreundliche Pläne zu verwirklichen. Dazu können 50 Prozent der Investitionskosten mittels eines zinsgünstigen Umweltdarlehens finanziert werden. Ob Gülletankbelüftung oder Biogasanlage, ob zentrales Heizkraftwerk zur Holzverbrennung oder Pyrolyseeinrichtungen – dem Ideenreichtum sind wenig Grenzen gesetzt, Hauptsache, es verbessert die Bodenqualität.

Der Hintergrund für das Engagement findet sich in der Nachhaltigkeitspolitik (PDF, 160 KB) der Zürcher Kantonalbank. Hier ist festgelegt: Die Bank trägt zum Erhalt der verschiedenen Lebensformen, der Vielfalt von Lebensräumen sowie der genetischen Vielfalt innerhalb der Arten bei. Zudem setzt sie sich dafür ein, einen Beitrag zur Erreichung des Klimaziels 2050 «Netto-Null-Emissionen» zu leisten.

Sollte das Angebot auf Anklang stossen, werden Ende des Jahres weitere Schritte wie beispielsweise eine Beteiligung an den Beratungskosten von AgriCircle geprüft. «Mehr Humus auf unseren Feldern allein wird den Klimawandel nicht stoppen, aber es ist ein bisher unterschätzter Mosaikstein. Daher hoffen wir, dass unser Programm bei den Bäuerinnen und Bauern auf Interesse stösst», sagt Marit Kruthoff. 

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