Kunstserie – Paravent mit Biss

Hut ab! In der fünften Folge dieser Kunstserie zu den Neuankäufen 2020 stellen wir ein Werk von Zilla Leutenegger vor.

Text: Markus Wanderl / Bilder: Simon Baumann

Zilla Leutenegger, Un morceau de melon, 2019, Öl auf poliertem Chromstahl (Monotypie), 200 x 200 x 3 cm. Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin und der Galerie Peter Kilchmann, Zürich.

Werfen wir zu Beginn nur kurz einen Blick zurück in die Klosterkirche in Bellelay, Berner Jura. 2019 war's: Einerseits hatte Zilla Leutenegger dort für ihr Werk «L'ouest ou l'est» zwei ausrangierte mechanische Flügel platziert, welche von im Nordturm befindlichen und mit den Flügeln per Stromkabel verbundenen Solarpanels gesteuert wurden. Je nach ausgerichteter Himmelsrichtung ertönten die Flügel vormittags oder nachmittags, und beide, wenn die Sonne im Zenit stand.

Andererseits hatte die Zürcher Künstlerin in jenem Gebäude einen weiteren Kontrast im Kirchenschiff geschaffen, dies durchs Aufstellen von vier Paravents, deren Innenseiten mit spiegelnden Stahlplatten bestückt sind. Jener mit einer nach einem bestimmten Verfahren bedruckten Melone darauf – in der Fachterminologie wird dieses Druckverfahren Monotypie genannt –, ist einer unserer Kunst-Neuankäufe aus dem letzten Jahr: Karin Bär, AS, stellt ihn im fünften Teil unserer Kunstserie auf besondere Art und Weise, nämlich mit einer wunderbaren Mixtur aus Seelenruhe und Schwärmerei vor.

Lebensglück im Kleinen

Karin Bär gehört der Kunstkommission der Zürcher Kantonalbank seit vergangenem Jahr an – und es ist vielleicht so etwas wie Lebensglück im Kleinen, dass gleich in der für sie ersten Sitzung jenes Werk zum Kauf vorgestellt wurde, das sie «komplett begeistert» hat, wie sie es formuliert. Das hat zunächst einmal damit zu tun, dass für sie die Wassermelone, die ein Fruchtgemüse ist, ohnehin sehr viel übrighat, die Melone aus ihrer Sicht nicht nur den sommerlichen Arbeitsalltag perfekt ergänzt, sondern überhaupt das Leben.

Karin Bär assoziiert mit einer Wassermelone Attribute wie «gesund und bekömmlich, fröhlich und leicht, erfrischend und belebend». Auch Begrifflichkeiten wie «Power, Leistungsbereitschaft» kommen Karin Bär in den Sinn – dass sie zum Foto- und Gesprächstermin wie selbstverständlich nicht nur eine Wassermelone, sondern auch ein Exemplar jenes abgerundeten Huts mitbringt, nie war weniger Zufall. Mit im Gepäck hat sie auch eine Menge schöner Gedanken, sie sagt: «Ich finde es wichtig, dass Kunstwerke auf den ersten Blick viele Aussagen mitgeben und die Menschen bewegen und zum Denken anregen – ohne dass der Betrachter vertiefte Kenntnisse mitbringen muss.»

Zilla Leutenegger, Un morceau de melon, 2019, Öl auf poliertem Chromstahl (Monotypie), 200 x 200 x 3 cm. Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin und der Galerie Peter Kilchmann, Zürich.
Zilla Leutenegger, Un morceau de melon, 2019, Öl auf poliertem Chromstahl (Monotypie), 200 x 200 x 3 cm. Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin und der Galerie Peter Kilchmann, Zürich.

«Beruhigend» wie «zauberhaft»

Von Zilla Leutenegger kann man nicht sprechen, ohne zu erwähnen, dass man ihr im Standort City ja unten wie oben begegnet. Wer noch nicht – wenigstens kurz – verweilt hat vor dem an die Wand projizierten schaukelnden Mädchen am Ein- beziehungsweise Ausgang Talstrasse, bitte melden! Karin Bär, die in der Hard arbeitet, bewundert die Projektion jedes Mal, wenn sie im Hauptsitz zu tun hat. «Beruhigend» wie «zauberhaft», das sind nun die Attribute, die sie wählt. Doch zurück zum Paravent, Standort City, fünfter Stock – und zur Frage, warum er?

«Zunächst: Ich freue mich sehr, unseren Bereich in der Kunstkommission vertreten zu dürfen. Meine erste Sitzung mit der Kunstkommission? Dass etwas so Auffälliges und Überraschendes als Neuankauf zur Debatte stand wie Zilla Leuteneggers Paravent mit Melone, hat mir gleich sehr gefallen. Ich glaube, die allermeisten Leute können sich mit Leuteneggers künstlerisch verewigter Wassermelone in irgendeiner Form identifizieren und auseinandersetzen. Es ist für mich ein sehr ansprechendes Werk, das durch die knalligen Farben und die gelungene Form vitalisierend wirkt und vor allem auch erfrischt.

Das Motiv dieser wunderbaren Frucht lässt mich prompt an Gesundheit, Aktivität und Dynamik denken. Für mich sind das alles sehr wichtige Assoziationen, erst recht in dieser Zeit. Und: In der Arbeitswelt sind wir häufig fokussiert und vernachlässigen, dass wir mit einer gesunden Ernährung unsere Leistung positiv beeinflussen können. Ich selbst strebe das schon seit Längerem an. Nachhaltigkeit und Entwicklung sind mir nun einmal wichtig, persönlich wie im Geschäftsleben.

Mich begeistert, wie dieses Werk es für mein Empfinden schafft, dieses Bewusstsein zu fördern und einen Impuls auslöst: Die Melone macht einfach Lust auf mehr!

Ich wünsche mir: Gut gelaunt sollen die Menschen, die diesem Kunstwerk begegnet sind, ihren weiteren Weg gehen. Mit klarem Geist auch! Gerade in der heutigen Zeit, in der Stress und Hektik weit verbreitet sind, ist es darüber hinaus schön, sich einen ruhigen, reflektierten Moment zu gönnen. So geht es mir bei diesem Werk.

Es ist überhaupt eine grosse Bereicherung, die Räume der Zürcher Kantonalbank mit den auserlesenen Werken bespielt zu sehen. Genauso ist es wichtig, die hiesige Kunstszene weiterhin zu unterstützen. Dass möglichst auch viele Mitarbeitende und Kundinnen und Kunden von unserer Kunst bewegt und durch sie angeregt werden, wünsche ich mir unbedingt. Berührt zu werden, darauf kommt es aus meiner Sicht auch in der Kunst an.»

Kreativwirtschaft im Kanton unterstützen

Die Zürcher Kantonalbank fördert im Sinne des Leistungsauftrages die Kreativwirtschaft im Kanton und sammelt seit bald zwanzig Jahren Zürcher Gegenwartskunst. Über 1'000 Werke, die diesem Konzept entsprechen, nennt unsere Bank ihr Eigen. Die Entscheidung, ob und welche neuen Werke angekauft werden, trifft die Fachstelle Kunst unter Einbeziehung der Kunstkommission nach sorgfältiger Abwägung.

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