Frau Glauser, für viele ist es eine klare Sache: Mit 50 plus landet die Bewerbung doch sowieso auf dem Absagestapel.
Das ist ein klassisches Vorurteil. Aktuell herrscht ein akuter Fachkräftemangel und auf politischer Ebene wird über eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit diskutiert – mit 50 Jahren stehen wir also mitten im Leben.
Bei der Zürcher Kantonalbank profitieren wir gerne vom Know-how der sogenannten «Best Ager». Ich rekrutiere unter anderem für unser Produktmanagement oder auch für das Team unseres Chief Investment Officers – es sind anspruchsvolle Profile, bei denen eine gewisse Berufs- und Lebenserfahrung sogar von Vorteil sind.
Generell treffen wir unsere Vorauswahl aufgrund eines Matches mit dem gesuchten Profil und schauen uns die Teamkonstellation an. Die Anforderungen müssen zu einem Grossteil erfüllt sein, das Alter spielt dabei keine Rolle. Für uns zählen Kompetenzen und eine gewisse Konstanz im Werdegang. Wenn eine 55-jährige Person alle zwei Jahre die Stelle gewechselt hat und dabei in völlig anderen Funktionen als dem gesuchten Profil tätig war, kommt sie höchstwahrscheinlich nicht in die engere Auswahl – nicht aber wegen ihres Alters.
Lassen Sie uns weitermachen mit den Vorurteilen: Am besten verschweige ich mein Alter in der Bewerbung.
Ältere Kandidatinnen und Kandidaten lassen tatsächlich das Geburtsdatum im Lebenslauf manchmal weg oder führen es erst ganz am Schluss auf. Das ist wenig sinnvoll, da erfahrene Recruiterinnen und Recruiter das Alter anhand des Werdegangs gut einschätzen können und so der Eindruck entsteht, es soll etwas verborgen werden. Mein Rat: Zum Alter stehen.
Ich muss mein Alter preisgeben – dann spielt es also doch eine erhebliche Rolle.
Wieso soll ich mein Alter verschleiern? Dadurch entsteht lediglich Raum für Interpretation. Unternehmen möchten oft Zeugnisse und andere relevante Unterlagen sehen und spätestens da taucht das Geburtsdatum auf. Wenn eine Firma ein Problem mit älteren Mitarbeitenden hat und diese Bewerbungen aussortiert, dann sortiert sie Bewerbungen auch ohne Altersangabe aus. Die wichtigere Frage, die man sich hierbei aber stellen sollte, ist: Will ich überhaupt bei solch einem Unternehmen arbeiten?