Stelleninserat – wann ein Anruf Sinn macht

Lucie Kulhanek rekrutiert für die Zürcher Kantonalbank Talente für den Bereich Private Banking. Manche Telefonate findet sie spannend, andere irritieren sie eher. Sie verrät uns, weshalb eine gute Vorbereitung so wichtig ist und mit welchen Fragen Sie bei einem Anruf punkten.

Text: Ina Gammerdinger / Bild: Simon Baumann

Lucie Kulhanek, Recruiterin Zürcher Kantonalbank
Lucie Kulhanek sucht fürs Private Banking Mitarbeitende mit Herzblut und empfiehlt bei Bewerbungen: «Sparen Sie sich den Anruf, wenn Sie keine konkreten Fragen haben.»

Frau Kulhanek, als Recruiterin erhalten Sie auf Inserate telefonische Anfragen von Bewerberinnen und Bewerbern?

Absolut. Wenn ich eine neue Stelle ausschreibe, erhalte ich in kurzer Zeit die ersten Anrufe. Wie viele es sind, hängt stark vom Bereich und dem Aufgabengebiet ab – einige Stellen sind sehr beliebt, dann häufen sich auch die Anfragen.

Freuen Sie sich über solche Anrufe?

Mein Job ist kommunikativ, erfordert viel Empathie und Interesse an Menschen. Grundsätzlich tausche ich mich gerne mit Bewerberinnen und Bewerbern aus, versuche zu helfen und bin neugierig auf mein Gegenüber. Aber nicht jede Anruferin oder Anrufer tut sich einen Gefallen, gleich zum Hörer zu greifen – es ist keine gute Idee, ein telefonisches Selbstmarketing zu initiieren. Willkommen hingegen ist es, offene Fragen zu klären.

Welche Art Anrufe sind spezieller?

Viele Kandidatinnen und Kandidaten möchten wissen, ob die ausgeschriebene Stelle noch zu vergeben ist. Sehr oft bekomme ich dann zu hören: «Ich möchte mir den Aufwand sparen, wenn Sie sich bereits in der Endphase der Stellenbesetzung befinden.» Mit solchen Fragen punkten Bewerberinnen und Bewerber nicht. Dann empfehle ich, lieber nicht anzurufen, sondern sich direkt zu bewerben.

Warum?

Wir suchen Mitarbeitende mit Herzblut. Keine, denen schon der Initialaufwand zu gross ist. Eine Bewerbung ist stets ein Investment. Wer nicht zu investieren bereit ist, kann auch nichts gewinnen. Wir schauen uns jede Bewerbung an! Es kommt immer wieder vor, dass sich gute Kandidatinnen und Kandidaten erst in der Endphase der Rekrutierung bewerben und sich dann durchsetzen – oder wir können ihnen andere Stellen vorschlagen.

Wann ist ein Anruf vor der eigentlichen Bewerbung also sinnvoll?

Es braucht einen konkreten, nachvollziehbaren Grund und Fragen, die ein echtes Interesse signalisieren. Ich möchte spüren, dass sich die Kandidatin oder der Kandidat unter Berücksichtigung des eigenen Profils mit der ausgeschriebenen Stelle auseinandergesetzt hat. Wir sind gerne bereit, Unklarheiten zu beseitigen und Informationen zu liefern – das ist auch in unserem Sinn. Insbesondere wenn Kandidatinnen und Kandidaten Informationen benötigen, die nicht im Stelleninserat oder auf der Unternehmenswebseite zu finden sind. Dies können beispielsweise Rückfragen zu geforderten Qualifikationen sein. Faustregel: Haben Sie keine konkreten Fragen, sparen Sie sich den Anruf und schicken lieber schnell die Bewerbung.

Welche Fragen sollten noch vermieden werden?

Fragen etwa, die bereits im Stelleninserat beantwortet werden – für mich ist das ein Zeichen schlechter Vorbereitung. Manchmal greifen die Fragen viel zu weit oder es entsteht der Eindruck, dass sich der oder die Bewerbende es sich möglichst einfach machen möchte. Manche rufen auch nur an, um sich persönlich vorzustellen, Smalltalk zu betreiben, um sich dann im Bewerbungsschreiben auf den telefonischen Kontakt beziehen zu können – dies bringt sie dem Traumjob aber nicht näher. Am Ende zählt das Profil, egal wie nett jemand am Telefon plaudert.

Meinen Anruf nimmt niemand ab – und jetzt?

Ganz einfach: Eine kurze Nachricht auf der Combox hinterlassen – den Namen nennen, den Stellentitel und den Standort, die Telefonnummer und einen passenden Rückrufzeitpunkt. Bloss keine Podcastlänge. Wir haben viele Termine und können einen Anruf nicht immer entgegennehmen. Wir versuchen jedoch stets zeitnah zurückzurufen.

Dann erhalte ich Ihren Rückruf: Was muss ich beachten?

«Ich habe da irgendwo ein Inserat gesehen» – das ist kein guter Gesprächseinstieg. Professioneller ist es, wenn sich die Person an meinen Namen erinnert und weiss, um welche konkrete Stellenausschreibung es sich handelt und was sie oder er fragen wollte.

Was sind die fünf wichtigsten Tipps für einen Anruf vor der Bewerbung?

Auf ein persönliches Bewerbungsgespräch bereitet man sich in der Regel gut vor. Dasselbe gilt auch für den telefonischen Erstkontakt.

  1. Stelleninserat gut durchlesen und präsent haben. Allenfalls auch den Lebenslauf bereithalten.
  2. Relevante und gute Fragen vorbereiten; vieles steht bereits im Stelleninserat oder auch auf der Webseite.
  3. Persönliche Begrüssung, den eigenen Namen deutlich platzieren und für welche Stelle man sich interessiert.
  4. Sinn und Zweck des Anrufs nennen, auf den Punkt kommen, Antworten notieren.
  5. Seien Sie höflich und kommunizieren Sie wertschätzend. Aber das gilt ja nicht nur für ein Telefonat, oder?

Wie beende ich das Gespräch positiv?

Bedanken Sie sich für das Gespräch und sagen Sie mir bitte, ob Sie Ihre Bewerbung einreichen werden oder nicht.

Einmal ehrlich: Habe ich bessere Chancen, wenn ich anrufe?

Nein, aber ein positiv wahrgenommener Anruf schmälert die Chancen sicherlich nicht. Wie gesagt: Mit klugen, relevanten Fragen zeigen Sie Interesse. Wenn Sie dabei noch freundlich, authentisch und motiviert sind, können Sie die erhaltenen Informationen aus dem Anruf in Ihre Bewerbung einfliessen lassen und sind damit vielleicht Ihrer neuen Stelle einen Schritt näher.