Wie Kunden das Mobile Banking prägen
Zahlungen tätigen, Kontostand überprüfen, Karten verwalten: All dies wird heutzutage bequem online erledigt – etwa via App auf dem Smartphone. Hier spielt die User Experience – das Nutzererlebnis – die massgebliche Rolle, wie Sarah Rüegger und Patric Capeder vom Multichannel-Management der Zürcher Kantonalbank wissen.
Interview: Melanie Gerteis / Bilder: Flavio Pinton
Schweizerinnen und Schweizer nutzen die Annehmlichkeiten des Mobile Banking deutlich häufiger als der europäische Durchschnitt. Das zeigt sich auch bei der Zürcher Kantonalbank: Das eBanking verzeichnete im 2021 rekordhohe 68 Millionen Logins – rund 80 Prozent davon erfolgten via Mobile Banking App auf dem Smartphone. Da erstaunt es nicht, dass der optimalen Nutzerführung und dem Kundenerlebnis besondere Beachtung geschenkt wird. Ein Team von über 50 Personen arbeitet konstant daran, die Mobile Apps auf die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden auszurichten.
Patric Capeder, Program Manager Mobile Experience, und Sarah Rüegger, Product Owner ZKB Mobile Banking bei der Zürcher Kantonalbank, schätzen hier Nutzen und Anforderungen einer guten User Experience ein.
Gleich einmal vorweg: Was ist bei einer Banking App am wichtigsten?
Patric Capeder: Beim digitalen Banking stellen die Bank wie auch die Nutzerinnen und Nutzer höchste Anforderungen an die Sicherheit – diese ist zentral. Funktionalität, Einfachheit, intuitive Bedienung und App-Design sind ebenfalls relevant, aber dem Sicherheitsaspekt untergeordnet. Digitale und physische Welt haben nach wie vor jeweils ihren Platz: Alltagsgeschäfte werden zeitunabhängig in der App erledigt, komplexere Anliegen gerne im persönlichen Gespräch geklärt. Die nahe Bank wird online wie offline gelebt.
Was kann und soll die User Experience leisten?
Patric Capeder: An sich leicht austauschbare Standardprodukte unterscheiden sich vor allem beim Kundenerlebnis. Dieses Kundenerlebnis – im Fachjargon eben User Experience oder UX genannt – ist mitentscheidend, wie gerne und wie häufig ein Bankprodukt genutzt wird. Auf die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden zugeschnittene Funktionalitäten und Dienstleistungen erhöhen deren Zufriedenheit immens. Sie sind unsere Chance, die Philosophie der nahen Bank auch auf den digitalen Kanälen umzusetzen.
Wie weiss die Bank, was die Kundinnen und Kunden wünschen?
Sarah Rüegger: Bei Neu- und Weiterentwicklungen unserer digitalen Bankprodukte wenden wir einen mehrstufigen Prozess an – die zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer werden in verschiedenen Phasen der Entwicklung aktiv mit eingebunden. Generell läuft es so ab: Zu Beginn betreiben wir User Research, analysieren den Markt und sammeln möglichst viele Informationen.
Wie geschieht das?
Sarah Rüegger: UX-Projekte gehen immer mit Umfragen und Interviews einher. Überhaupt mit verschiedensten Kundentests.
Und dann?
Sarah Rüegger: Dann versetzen wir uns in die Kundinnen und Kunden hinein und versuchen, deren Präferenzen, Motivation und die zu lösenden Probleme noch besser zu verstehen. Anschliessend reduzieren wir die gesammelten Informationen und fokussieren uns auf das Wesentliche. Dazu erarbeiten wir diese und jene Hypothese, wie die spezifischen Anforderungen der Kundinnen und Kunden gelöst werden können.
Wie sieht ein solches «zu lösendes Problem» beispielsweise aus?
Patric Capeder: Die Möglichkeiten des Mobile Banking sind umfangreicher, als manche vermuten. Wir haben festgestellt, dass unseren Nutzerinnen und Nutzern gewisse Funktionen gar nicht bekannt sind. Deshalb wollten wir herausfinden, wie wir ihnen überhaupt die zahlreichen Bankdienstleistungen besser zugänglich machen können. Auch den Aktivierungsprozess wollten wir vereinfachen.
Mitunter entsteht dadurch komplett Neues?
Patric Capeder: Richtig. Es geht nicht nur darum, bestehende Dienstleistungen weiterzuentwickeln, sondern diese manchmal auch komplett neu zu denken. Weil es eben immer wieder gilt, die sich verändernden Bedürfnisse und Anforderungen der Nutzerinnen und Nutzer in den Mittelpunkt zu stellen.
Wie funktioniert das konkret?
Sarah Rüegger: Mit den Nutzerinnen und Nutzern überprüfen wir anhand von einfachen Prototypen oder Mockups getroffene Annahmen, um diese dann zu verifizieren, zu verwerfen oder zu schärfen. Wir beobachten und analysieren das Verhalten der Probanden und erhalten konkretes Feedback. Das ist genau jene spannende Phase, die uns besonders hilft, die Kundenbedürfnisse noch besser zu verstehen und dies in spätere Entwicklungen einfliessen zu lassen.
Welche Beobachtungen sind dabei hilfreich?
Sarah Rüegger: Wir sehen beispielsweise, wie lange nach einer bestimmten Funktion gesucht wird, wie intuitiv die einzelnen Schritte sind – und wann unsere Hilfe benötigt wird. All dies hilft, zu optimieren und die Lösung weiterzuentwickeln. Und wir werden dabei auch immer inspiriert.
Nach diesen Kundentests folgt aber noch keine Programmierung …
Patric Capeder: Genau. Die favorisierte Lösung wird zunächst in einem weiteren Prototyp abgebildet. Dieser ist sehr detailliert und berücksichtigt fachliche Anforderungen, Nutzerfeedbacks und Bankrestriktionen, etwa hinsichtlich Sicherheit und Datenschutz. Für den Feinschliff wird dieser klickbare Prototyp abermals von zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern getestet und geprüft.
Was ist der grösste Nutzen dieses Vorgehens?
Sarah Rüegger: Der mehrstufige Prozess mag auf den ersten Blick aufwendig erscheinen, doch wir gewinnen dadurch wertvolle Kundenfeedbacks, die wir dann bei unseren Produkten und Dienstleistungen berücksichtigen. Überhaupt bewahrt es uns davor, an den Kundenbedürfnissen vorbei zu entwickeln.
Das bankeigene Mobile Banking wurde einem Redesign unterzogen und die App komplett neu programmiert. Der Auslöser?
Patric Capeder: Wir waren vor über zehn Jahren unter den ersten Schweizer Banken, die eine Mobile-Banking-App lancierten. Nach all den Jahren war es an der Zeit, die technische Basis neu zu denken und so zu gestalten, damit wir dem heutigen Stellenwert eines App-Auftrittes gerecht werden können. Nutzerinnen und Nutzer allen Alters loggen sich nur noch mit dem stets griffbereiten Smartphone ein – sei es, um den Kontostand zu prüfen, Zahlungen zu begleichen oder zu investieren.
Was wurde konkret angepasst?
Patric Capeder: Nebst der komplett neuen technischen Basis ist die App sehr benutzerfreundlich. Sämtliche Prozesse wurden entschlackt und optimiert – wie etwa der bereits erwähnte Aktivierungsprozess. Die vielen manuellen Eingaben der Kundinnen und Kunden sind nun Vergangenheit. Generell ist alles intuitiver.
Stichwort: App-Navigation …
Patric Capeder: … in der Tat. Die wichtigen Funktionen sind in einer Bottom-Navigation dargestellt. Diese ist beim Einloggen auf dem Start-Screen ersichtlich und somit direkt verfügbar. Die neu entwickelten Kategorien «Home», «Vermögen», «Zahlungen», «Investieren» und «Services» entsprechen genau den Kundenbedürfnissen, denn sie entstanden gemeinsam mit den Nutzerinnen und Nutzern.
Nach dem Release ist vor dem Release: Was ist bereits in der Pipeline?
Sarah Rüegger: Soviel sei schon verraten: Die neue technische Basis vereinfacht die Weiterentwicklung in Richtung Mobile only. Damit verfolgen wir die Strategie, dass unser ZKB-Mobile-Banking-Angebot auch ohne eBanking genutzt werden kann. Dafür müssen wir den Funktionsumfang so erweitern können, dass unsere Kundinnen und Kunden alle relevanten Funktionen, die sie digital erwarten, auch in der Mobile-Version nutzen können. Ebenfalls planen wir, regelmässig neue Services und Funktionalitäten zu implementieren, wie etwa eine Transaktionssuche. Wir haben festgestellt, dass gegenüber 2020 mehr als doppelt so viele Zahlungen via Smartphone beglichen wurden. Die Transaktionssuche ermöglicht eine übersichtliche Darstellung der getätigten Zahlungen.
Wie steht es um die User Experience nach der Lancierung?
Sarah Rüegger: Die stetige Optimierung und Weiterentwicklung der User Experience ist ein kontinuierlicher Prozess und endet nicht mit der Produktlancierung. Deshalb wird es auch nach der Lancierung Kundentests geben, damit wir unser Kundenversprechen «Banking einfach, relevant & sicher» jederzeit einlösen.
Lokal programmiert, global genutzt
Lokal programmiert, global genutzt
Als eine der wenigen Banken entwickelt und betreibt die Zürcher Kantonalbank ihre gesamte IT inhouse – auch bekannt unter «IT made im Chreis 5». Rund 1'000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter decken die gesamte IT-Wertschöpfungskette ab: von Architektur und Sicherheit über Application Engineering bis hin zu Platform Engineering und Systems Operations. Das neu lancierte ZKB Mobile Banking wird im Chreis 5 konstant weiterentwickelt und neue Services und Funktionalitäten werden basierend auf der neuesten Technologie regelmässig implementiert.