Fairtrade-Gold: Ein Gewinn für alle

Weltweit arbeiten 30 Millionen Menschen unter oft schwierigen Bedingungen im kleingewerblichen Bergbau. Der Rohstoff, den sie suchen, ist einer unserer beliebtesten Schätze: Gold. Seit zehn Jahren engagiert sich die Zürcher Kantonalbank zusammen mit Fairtrade Max Havelaar für sichere Arbeitsumgebungen, einen fairen Marktzugang, Umweltschutz und Transparenz im Goldhandel. Im Interview fragen wir, was in dieser Zeit erreicht wurde und was das Fairtrade-Label bewirkt.

Text: Tanja Müller / Bilder Interview: Simon Baumann

(Bild: zVg. Fairtrade Max Havelaar)

«Gold. Aber fair.»: Mit diesem Motto möchte Fairtrade Max Havelaar die Öffentlichkeit darauf aufmerksam machen, dass hinter jedem glänzenden Goldstück eine Geschichte von Fairness und Verantwortung steht. Eine Geschichte, die von besseren Lebensbedingungen der Minenarbeiterinnen und -arbeiter erzählt, die aber auch dazu beiträgt, die Edelmetallindustrie als Ganzes zu transformieren. Seit 2014 ist Fairtrade-Gold in der Schweiz erhältlich. Seit 2015 verkauft die Zürcher Kantonalbank – als erste Schweizer Bank – Fairtrade-Goldbarren von ein bis zehn Gramm, seit 2021 auch in einer Grösse von 20-Gramm. Die Zusammenarbeit zwischen der ZKB und Fairtrade Max Havelaar ist geprägt durch den Anspruch der Bank, Nachhaltigkeit als integriertes Geschäftsprinzip zu betrachten.

Aus Anlass des zehnjährigen Jubiläums von Fairtrade-Gold schauen wir hinter die Kulissen und sprechen mit Fabian Waldmeier, CEO von Fairtrade Max Havelaar, und Stéphanie Bauduin, Expertin für Edelmetallhandel der Zürcher Kantonalbank, über das Label und seine Auswirkungen.

Frau Bauduin, die Zürcher Kantonalbank war die erste Schweizer Bank, welche Fairtrade-Goldbarren ins Sortiment aufnahm. Ein Zufall?

Stéphanie Bauduin: Nein, im Gegenteil. Nachhaltigkeit ist ein integraler Bestandteil der Konzernstrategie der ZKB. Da Gold eines unserer Standard-Produkte ist, war es uns wichtig, ein fair gehandeltes Produkt anbieten zu können. Zudem ist die Schweiz eine zentrale Drehscheibe des globalen Goldmarktes – rund 70 Prozent des Handels laufen über unser Land. Und die Zürcher Kantonalbank ist eine der grössten Goldlieferantinnen für Drittbanken in der Schweiz. Mit den Fairtrade-Goldbarren tragen die Zürcher Kantonalbank sowie ihre Partnerbanken dazu bei, dass Minenarbeiterinnen und Minenarbeiter ihre Situation aus eigener Kraft nachhaltig verbessern können, und setzt ein Zeichen für mehr Transparenz und Fairness im Goldhandel.

Herr Waldmeier, wie unterscheidet sich Fairtrade-Gold von herkömmlichen Produkten?

Fabian Waldmeier: Fairtrade Max Havelaar engagiert sich für einen besseren Schutz von Mensch und Umwelt im Goldbergbau. Im Gegensatz zu grossen industriellen Minen ist die Goldgewinnung im Kleinbergbau mit geringerem Mechanisierungsgrad sehr arbeitsintensiv und die einzelnen Mineure arbeiten meist individuell, oft illegal und ohne die nötigen Sicherheitsvorkehrungen. Die finanziellen Verhältnisse der Arbeitenden und ihrer Familien sind häufig prekär – es fehlt an sanitären Einrichtungen und sauberem Trinkwasser, die Wohnverhältnisse sind sehr bescheiden und es gibt keinen oder nur begrenzten Zugang zu Schulbildung und Gesundheitsversorgung. Die Notwendigkeit, zu handeln, ist entsprechend gross. Fairtrade Max Havelaar unterstützt und begleitet die Minen in ihrer Entwicklung. Die Fairtrade-Zertifizierung steht für bessere Arbeitsbedingungen, Unterstützung vor Ort, fairen Marktzugang, Umweltschutz und Transparenz im Handel. Durch den Zusammenschluss in formalen Minenorganisationen stärken die Kleinbergbauern zudem ihre Position.

Transparenz im Handel wird nur durch eine Rückverfolgbarkeit des Fairtrade-Goldes erreicht – wie wird diese sichergestellt?

Fabian Waldmeier: Die Einhaltung der strengen Fairtrade-Standards im Goldabbau und entlang der gesamten Lieferkette wird durch die ISO-akkreditierte Zertifizierungsstelle FLOCERT unabhängig kontrolliert. Das heisst: Alle Stufen vom Rohgold bis zum fertigen Schmuckstück oder Goldbarren sind vertraglich ins Fairtrade-System eingebunden, so können der Waren- und der Geldfluss transparent nachverfolgt werden. Gemeinsam mit den Minenorganisationen wurde eine systematische Rückverfolgbarkeit mittels Batch-Codierung der einzelnen Prozess-Schritte der Goldgewinnung innerhalb der Minen entwickelt. Dieses System hat sich bewährt und wurde mittlerweile von vielen – auch nicht zertifizierten – Organisationen kopiert und angewendet.

Fairtrade-Gold beinhaltet auch eine spezielle Prämie für die Mineure. Was bewirkt sie?

Fabian Waldmeier: Fairtrade-zertifizierte Minen erhalten zusätzlich zum Marktpreis eine Fairtrade-Prämie in der Höhe von 2'000 USD pro Kilogramm Gold. Über diese zusätzlichen Einnahmen wird immer vor Ort demokratisch entschieden, für was sie eingesetzt werden. Die Prämie fliesst in Projekte wie Schulen, Wasserversorgung und Gesundheitszentren oder wird in die Verbesserung der betrieblichen Abläufe investiert und soll die Gemeinschaft weiterbringen. Das stärkt die Eigenverantwortung der Produzenten nachhaltig. Übrigens, die ZKB hat seit 2015 rund 1,5 Tonnen Fairtrade-Gold in Form von Barren produzieren lassen, dies generierte Prämien in Höhe von knapp drei Millionen Franken.

Was konnte mit diesen Prämiengeldern konkret erreicht werden?

Fabian Waldmeier: Das von der ZKB angebotene Fairtrade-Gold stammt zum Beispiel von einer Goldminenorganisation im Süden Perus. Die Prämiengelder haben dort zu einer substanziellen Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen geführt. So wurden neue Frisch- und Abwasserbehälter installiert, was zu einer Verbesserung der Wasserqualität und der sanitären Einrichtungen für 850 Arbeiterinnen und Arbeiter sowie 250 Studentinnen und Studenten führte. Dies wiederum verringert die Gesundheitsrisiken für die betroffene Bevölkerung. Weiter verdanken rund 1'500 Personen der Fairtrade-Prämie einen verbesserten Zugang zu Bildung und Lern-Kits mit Schulheften und Rücksäcken. Ausserdem wurde über die Prämiengelder die Installation von mobilen Toiletten in den unterirdischen Stollen finanziert, was eine positive Auswirkung auf die Arbeitshygiene hat und menschenwürdige Arbeitsplätze sicherstellt.

Die Prämie verteuert das Fairtrade-Gold gegenüber konventionellem Gold. Welche Auswirkungen hat dies auf den Verkauf, Frau Bauduin?

Stéphanie Bauduin: Durch den Aufpreis liegt Fairtrade-Gold rund drei Prozent über dem konventionellen Marktpreis. Bei diesen Kleingrössen sprechen wir von einem Mehrbetrag von zwei bis drei Franken pro Gramm. Unsere Kunden wissen, dass sie mit dieser Prämie einen wichtigen Beitrag für die Menschen leisten, die ganz am Anfang der Lieferkette stehen. Zudem wird bei einem Wiederverkauf von Fairtrade-Gold auch der Prämienteil zurückerstattet. Damit leistet die ZKB einen aktiven Beitrag zur Förderung von Fairtrade-Gold und gibt dem Nachhaltigkeits-Aspekt beim Goldabbau im kleingewerblichen Bergbau auch einen monetären Wert. Ausserdem ist es spannend zu sehen, dass die Nachfrage nach Fairtrade-Gold stetig ansteigt.

Welchen Mehrwert hat das Fairtrade-Gold für die Kundinnen und Kunden der ZKB?

Stéphanie Bauduin: In Gold zu investieren hat für private Kunden eine lange Tradition. Ein Hauptziel ist es, Wert zu erhalten und für die eigene und zukünftige Generationen zu bewahren. Der zusätzliche Mehrwert, der durch Fairtrade-Gold geschaffen wird, ist die Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette und die Gewissheit, vor Ort etwas zu bewirken. Ein Zertifikat bescheinigt die verantwortungsvolle Produktion des Goldes und anhand des Fairtrade-Codes kann der Anleger auf www.maxhavelaar.ch/gold herausfinden, aus welchen Minen sein Gold stammt und was in diesen einzelnen Minen bereits erreicht wurde.

Welches Fazit ziehen Sie, Herr Waldmeier, im Rückblick auf zehn Jahre Fairtrade Max Havelaar Gold?

Fabian Waldmeier: Fairtrade-Gold hat in den letzten zehn Jahren zur operativen und strategischen Stärkung der zertifizierten Organisationen geführt. Ausserdem konnte eine strukturelle Verbesserung der Arbeits- und Anstellungsbedingungen von mehr als 2’500 Mineuren erreicht werden. Profitiert haben auch die Familien der Mineure und die umliegenden Gemeinschaften. Seit 2014 wurden insgesamt mehr als fünf Tonnen Fairtrade-Gold in internationale Märkte verkauft, was für die Fairtrade-Minen die Planbarkeit erhöht und die Abhängigkeit von lokalen Zwischenhändlern reduziert hat.

Und was ist Ihr persönliches Highlight der letzten zehn Jahre?

Fabian Waldmeier: Dass wir es geschafft haben, Fairtrade-Gold im Schweizer Markt nachhaltig zu etablieren. Dabei haben die ZKB und ihre Partnerbanken eine entscheidende Rolle gespielt. Von Anfang an wurde eine langfristige und zukunftsorientierte Partnerschaft aufgebaut und seitens der Bank ein klares Bekenntnis abgegeben – dies gab uns eine Abnahmesicherheit. Erst diese langfristige gemeinsame Vision ermöglichte es uns, mit der notwendigen Ausdauer in die Begleitung und Entwicklung der Minen zu investieren.

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