Coronakrise und Klimawandel belasten den Schweizer Immobilienmarkt
Medienmitteilung vom 28. April 2020
- Die Coronakrise wird am Immobilienmarkt nicht spurlos vorübergehen
- Verwerfungen am Markt für Gewerbe- und Verkaufsflächen sind zu erwarten
- Steigende Leerstände im Büromarkt prognostiziert
- Das Segment Wohnen bleibt ein Fels in der Brandung
- 71% der Wohngebäude in den Schweizer Städten werden mit Öl oder Gas geheizt
- Ohne Sanierung der zahlreichen Altbauwohnungen wird das Klimaziel 2050 frühestens in 100 Jahren erreicht
Das Coronavirus hinterlässt Spuren am Immobilienmarkt, der sonst in Krisenzeiten als sicherer Nenner gilt, wie die neuste Studie der Zürcher Kantonalbank zeigt. Gewerbeimmobilien sind am stärksten betroffen – trotz kurzfristiger Liquiditätshilfen durch Staat und Banken. Der Büromarkt, welcher am Puls der Konjunktur hängt, wird mit dem konjunkturellen Einbruch nicht so rasch expandieren können.
Steigende Leerstände bei Gewerbe- und Büroflächen
"Der konjunkturelle Einbruch sorgt mittelfristig für steigende Leerstände bei Gewerbe- und Büroflächen und übt damit Druck auf deren Mieten aus", sagt Ursina Kubli, Leiterin Immobilien Research. "Geschäfte, welche auch vor Corona nur so knapp über die Runden kamen, haben einen schweren Stand. Strukturelle Anpassungen – beispielsweise bei peripheren Retailflächen – werden durch die Krise beschleunigt, so dass mittelfristig mit einem höheren Gewerbeflächenangebot zu rechnen ist." Nach den Erfahrungen in der Coronakrise ist es auf längere Sicht zudem möglich, dass künftig vermehrt von zu Hause gearbeitet wird. Das würde wiederum die zukünftigen Anforderungen hinsichtlich Flächenbedarf und Standortwahl von Büroliegenschaften beeinflussen. Die Erreichbarkeit – das wichtigste Lagekriterium – würde etwas in den Hintergrund rücken.
Wohnen als Fels in der Brandung: Luxusmarkt als Ausnahme
Anfragen für einen Mietzinsaufschub werden bei Wohnimmobilien im Gegensatz zu Geschäftsimmobilien kaum gestellt. Kurzarbeit hat sich bereits in der Grossen Finanzkrise als gutes Instrument bewährt, den Schweizer Arbeitsmarkt alsbald vor den negativen Konsequenzen einer Krise abzuschirmen. Einzelfälle, die nicht durch Kurzarbeit gedeckt sind, werden durch die subsidiären Massnahmen der Kantone aufgefangen. Damit sind Arbeitnehmer trotz Unterbeschäftigung in der Lage, ihre Mieten zu zahlen. Dennoch könnten die Mieter aufgrund der erhöhten Arbeitsmarktunsicherheit die Referenzzinssatzsenkung von diesem Frühling häufiger einfordern als sie das normalerweise tun. Bestehende Mieten dürften somit sinken. Bei den Neumieten sind hingegen keine massgeblichen Veränderungen zu erwarten. Die Entwicklung der Leerstände – eine der Hauptsorgen bei Renditeliegenschaften – ist diesbezüglich der wichtigste Treiber. Da sich die Effekte des kräftigen Rückgangs der Zuwanderung sowie die Verzögerungen im Mietwohnungsbau teilweise aufheben, wird sich der Anstieg der leerstehenden Mietwohnungen nicht akzentuieren. Das rechtfertigt seitwärts tendierende bis leicht sinkende Angebotsmieten und eine stabile Wertentwicklung von Mehrfamilienhäusern, so lange die Zinsen tief bleiben. Auch beim Eigenheimmarkt erwartet das Immobilienresearch der Zürcher Kantonalbank eine stabile Nachfrage. "Zwar könnte die Liquidität sinken. Doch das leicht höhere Angebot wird kaum zu günstigeren Eigenheimpreisen führen", sagt Ursina Kubli. Weitaus mehr Risiken birgt das Luxussegment. Die Nachfrage nach Luxusimmobilien beschränkt sich naturgemäss auf einen sehr engen Käuferkreis. Ein Grossteil dieser Kundschaft dürfte von den Einbrüchen an den Aktienmärkten stark betroffen sein, was die Nachfrage empfindlich hemmt. Entsprechend ist in diesem Bereich von einem Preisrückgang auszugehen.
Hoher Sanierungsbedarf: 71% der Wohngebäude in den Städten mit Öl oder Gas geheizt
Spätestens, wenn das Virus überstanden ist, wird wieder ein Thema aufs Tapet kommen, welches durch die Corona-Krise in den Hintergrund geraten ist: der Klimawandel. Die Folgen werden weniger schnell, aber auf Dauer umso drastischer spürbar sein. Aus diesem Grund hat sich der Bund bis 2050 zu einer klimaneutralen Schweiz verpflichtet. Immobilien spielen dabei eine grosse Rolle. Sie stossen 24% der gesamten Schweizer Treibhausgasemissionen aus, insbesondere aufgrund des Heizens mit fossilen Energieträgern anstelle von erneuerbaren Energien.
Besonders schlecht ist die Bilanz in den Städten. Noch immer werden 71% der Wohngebäude in den Städten mit Öl oder Gas geheizt, wie die jüngsten Auswertungen des Immobilien Research der Zürcher Kantonalbank zeigen.
Neubau glänzt – Herausforderungen liegen im Altbau
Immerhin hat beim Neubau inzwischen ein Umdenken eingesetzt. Seit der Jahrtausendwende gibt es einen starken Trend zur klimafreundlichen Wärmepumpe. Bereits drei Viertel aller Wohngebäude werden heute mit einer Wärmepumpe erstellt. Würden man sich aber allein auf den Neubau verlassen, würden die Schweizer Klimaziele erst in rund 100 Jahren erreicht.
Die Schweiz hat sich jedoch zum Ziel gesetzt, bereits in 30 Jahren klimaneutral zu werden. Der Schlüssel dazu liegt im Heizungsersatz und bei den Sanierungen. Angesichts einer Lebensdauer von 15 Jahren müsste jährlich jeder zweite Heizungsersatz von Öl- und Gasheizungen auf eine mit erneuerbaren Energien entfallen, um die Klimaziele 2050 erreichen zu können. In Anbetracht des aktuell geringen Anteils erneuerbarer Heizenergien in Schweizer Altbauten wäre das ein spektakulärer Umschwung. Neben dem konsequenten Ersatz von Heizungen mit fossilen Energieträgern durch solche mit erneuerbaren Energien sollten verstärkt energetische Modernisierungen in den Fokus geraten.
Um den Umschwung zu bewältigen, wird die Politik die gängigen Instrumente verschärfen. Ihre Mittel sind Anreize in Form von Subventionen und höhere Lenkungsabgaben. Die Diskussionen gehen sogar noch weiter. So soll mit dem neuen CO2-Gesetz beim Heizungsersatz ein CO2-Grenzwert gelten, der für Bauten mit mangelnder Wärmedämmung bereits einem Ölheizungsverbot gleichkommt. Für eine nachhaltige Lösung ist es unabdingbar, dass sich Immobilienbesitzer frühzeitig mit der energetischen Modernisierung auseinandersetzen, um nicht in Zeitnot zu geraten.
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