Schweizer Staatsquote in guter Gesellschaft
Mit einer aktuellen Staatsquote von 32 Prozent liegt die Schweiz leicht über dem globalen Median. Die Staatsquote spiegelt das Verhältnis der staatlichen Ausgaben zum BIP wider und ist ein wichtiger Indikator für das staatliche Engagement in der Volkswirtschaft.
Text: David Marmet
In der Budgetdiskussion des National- und Ständerats während der kürzlich zu Ende gegangenen Wintersession ging es einmal mehr um die Frage, ob der Bund ein Ausgaben- oder ein Einnahmenproblem hat. Eng mit dieser Frage verknüpft ist die Rolle des Staates. Wie stark soll er in die Wirtschaft eingreifen und an den volkswirtschaftlichen Aktivitäten partizipieren? Um dies zu messen, wird die Staatsquote als wichtiger Indikator herangezogen. Sie beschreibt das Verhältnis der staatlichen Ausgaben zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) eines Landes. Im Zähler steht also die Summe aus allen öffentlichen Investitionen, dem Staatskonsum und den Transferzahlungen.
Internationale Vergleiche der Staatsquote
Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es kein optimales Niveau der Staatsquote. In welchem Ausmass öffentliche Güter wie Bildung, Gesundheit, Sicherheit oder Infrastruktur vom Staat bereitgestellt werden sollen und wie stark er umverteilen soll, ist letztlich eine politische Frage und von jedem Land individuell zu beantworten. Gemäss dem Internationalen Währungsfonds (IWF) hat Somalia mit 7,1% die niedrigste Staatsquote, gefolgt von Haiti mit 8,3%. Das von einigen wirtschaftspolitischen Entscheidungsträgern ins Feld geführte Argument, eine niedrige Staatsquote sei per se positiv zu werten, da dies unternehmerische Freiheit bedeute, ist angesichts dieses Länderrankings schwer nachvollziehbar. Solche Länder bekunden Mühe, soziale Sicherheit zu gewährleisten und essenzielle Güter wie Bildung und Gesundheit zur Verfügung zu stellen. Das Land mit der niedrigsten Staatsquote, das nach westlichen Standards genügend öffentliche Güter und einen akzeptablen Sozialstaat anbietet, ist Singapur mit 15%.
Am anderen Ende der Rangliste stehen Länder, die sich in kriegerischen Auseinandersetzungen befinden (Ukraine, Libyen) und vor allem Inselstaaten. So haben die pazifischen Staaten Tuvalu (103%) und Nauru (131%) die höchsten Staatsquoten der Welt. Weshalb eine Staatsquote von über 100% möglich sein kann, ist im Zähler der Staatsquotenberechnung zu suchen, denn die Transferzahlungen (Zähler) werden im BIP (Nenner) nicht berücksichtigt. Sie dienen dazu, die in verschiedenen volkswirtschaftlichen Sektoren entstandene Wertschöpfung umzuverteilen. Das Land mit der höchsten Staatsquote, das nach westlichen Standards genügend öffentliche Güter und einen akzeptablen Sozialstaat anbietet, ist Frankreich mit 58,4%.
Entwicklung der Schweizer Staatsquote
Aktuell hat die Schweiz eine Staatsquote von 31,6% und liegt gemäss IWF-Statistik leicht über dem Medianwert von 29,1% aller 194 berücksichtigten Länder. In den letzten 30 Jahren hat sich die Schweizer Staatsquote in der Tendenz seitwärts entwickelt – mit Ausreissern während der Covid-Pandemie (37%) und in den Boomjahren um das Jahr 2007 (29,5%). Die Staatsausgaben haben sich strukturell verschoben. So sind anteilsmässig die Ausgaben für Bildung, Gesundheit und insbesondere für soziale Sicherheit gestiegen, während jene für Verteidigung und öffentliche Verwaltung heute niedriger sind als vor 30 Jahren. Die Staatsquote ist ein wichtiger Anhaltspunkt, um das staatliche Engagement in einer Volkswirtschaft abzubilden – aber ein einseitiger. Denn neben der zunehmenden Umverteilung wird heute von staatlicher Seite auch deutlich mehr reguliert als noch vor 30 Jahren. Dieser Aspekt indes wird durch die Staatsquote nicht aufgefangen. Indikatoren zur Messung der zunehmenden Regulierung, wie z.B. die Länge von Gesetzestexten, müssen sich in der wirtschaftspolitischen Diskussion aber erst noch etablieren.