Jetzt in nachhaltige Anleihen investieren

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Zur Finanzierung der Energiewende und zur Erreichung der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele wird viel Kapital benötigt. Lohnt es sich, nachhaltige Anleihen und entsprechende Fonds in einem Umfeld steigender Zinsen zu kaufen? Wie lässt sich Greenwashing vermeiden? Im Interview gibt Samuel Manser, Senior Portfolio Manager für globale nachhaltige Kreditstrategien, Antworten auf diese typischen Fragen von Investoren, die sich für grüne Anleihen interessieren.

Interview mit Samuel Manser

Herr Manser, warum sollte man gerade jetzt in nachhaltige Anleihen investieren?

Der Wandel hin zur Nachhaltigkeit muss finanziert werden. Dabei spielen nachhaltige Anleihen eine wichtige Rolle. Nach Schätzungen der UN sind für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele bis 2030 jedes Jahr Investitionen in Höhe von 5 bis 7 Billionen USD erforderlich. Anleger sind daher aufgefordert, ihr Vermögen in nachhaltige Anlagen zu investieren.  Unter nachhaltigen Anleihen verstehen wir Anleihen von nachhaltigen Emittenten sowie Anleihen, mit denen nachhaltige Projekte finanziert werden, zum Beispiel grüne und soziale Anleihen. Durch Investitionen in nachhaltige Anleihen können Anleger einen Beitrag zur Lösung der dringlichsten Nachhaltigkeitsfragen leisten.

Warum sind nachhaltige Anleihen attraktive Investitionsmöglichkeiten?

Beiträge zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele werden das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Unternehmen, die auf nachhaltige Produkte und Dienstleistungen setzen, werden regulatorische, ethische und operationelle Risiken potenziell abmildern können und daher im Vorteil sein. Dies dürfte sich für langfristige Anleger in attraktiven risikobereinigten Renditen niederschlagen.

Gibt es bei Anleihen Greenwashing?

Ja. Eine falsche oder übertriebene Darstellung der Umweltverträglichkeit kann sowohl auf Emittenten- als auch auf Anleihenebene vorkommen. Auf Emittentenebene kann zum Beispiel der Fall eintreten, dass ein Unternehmen seine bereits grünen Projekte durch die Emission grüner Anleihen einfach refinanziert, während es weiterhin umweltschädliche Aktivitäten im grossen Stil ausübt. Auf Anleihenebene sind Projekte möglicherweise nicht so grün wie behauptet, oder der Emittent kann die Erlöse während der Laufzeit der Anleihe in weniger grüne Projekte umlenken.

Wie lässt sich Greenwashing vermeiden?

Wir wollen in grüne Anlagen investieren, aber auf intelligente Weise. Daher überprüfen wir sowohl den Emittenten als auch die grüne Anleihe eingehend und schauen, was sich unter der Oberfläche verbirgt. Wir achten beispielsweise auf Transparenz bei den Rahmenbedingungen für grüne Anlagen und im Reporting. Zudem verlangen wir eine externe Bewertung mit einer zweiten Stellungnahme. In den umweltbelastenden Sektoren konzentrieren wir uns auf Emittenten, die einen echten Wandel hin zur Nachhaltigkeit vollziehen. Das kann zum Beispiel ein Energieversorgungsunternehmen sein, das sich zur Umstellung auf Solar- oder Windenergie verpflichtet hat. Dies erfordert zwar ein diszipliniertes Auswahlverfahren, verringert jedoch das Risiko von Greenwashing bei der Emission und während der Laufzeit der Anleihe.

Wie entwickelt sich Ihre Strategie angesichts steigender Zinsen?

Aufgrund unseres eigenen Nachhaltigkeitsschwerpunkts suchen wir sowohl auf Emittenten- als auch auf Anleihenebene nach nachhaltigen Anleihen. Nachhaltige Emittenten finden wir zum Beispiel in Sektoren wie dem Gesundheitswesen oder der Telekommunikation, während im Banking und bei den Versorgern viele nachhaltige Anleihen zu finden sind. Die Strategie spiegelt sich daher in einem gut diversifizierten Anleihenfonds wider, der sich aus nachhaltigen Emittenten und nachhaltigen Anleihen zusammensetzt. Er wird an einem Benchmark mit Unternehmensanleihen gemessen, der auch nicht nachhaltige Anleihen umfasst. Aufgrund der steigenden Renditen von Unternehmensanleihen entwickeln sich die Gesamtrenditen 2022 negativ, aber dank der kürzeren Duration und der Auswahl nachhaltiger Anleihen konnten wir mit unserer Strategie den Vergleichsindex seit Auflegung und seit Jahresbeginn übertreffen.

Wie ist Ihre Positionierung und Rendite seit Anfang 2022?

Aus Top-Down-Perspektive sind wir hinsichtlich des Zinsrisikos vorsichtig ausgerichtet und im Hinblick auf die Duration untergewichtet. Beim Kreditrisikos - zum Beispiel in nachrangigen Anleihen wie hybride Unternehmensanleihen oder Anleihen mit BB-Rating – sind wir übergewichtet. Die Bruttorendite in EUR belief sich Ende April 2022 auf 1,0 % (annualisiert) seit Auflegung im September 2018 und -10,8 % seit Jahresbeginn. 2022 haben sowohl die Zinsen als auch die Credit Spreads deutlich angezogen. Durch die höheren Renditeniveaus wird der Einstieg in nachhaltige Anleihen daher attraktiver.

Wo sehen Sie Investitionsmöglichkeiten?

Die sehe ich in drei Bereichen:

  1. Das Segment der grünen und der sozialen Anleihen wächst schnell. Auch in diesem Jahr kommen neue Emittenten auf den Markt und stellen ihre nachhaltigen Projekte über grüne oder soziale Anleihen für Investitionen zur Verfügung.
  2. Nachhaltige Emittenten aus defensiveren Sektoren bieten in der Regel nur niedrige Credit-Spreads. Ohne in Bezug auf die Nachhaltigkeit Kompromisse einzugehen, können solche Emittenten mit nachrangigen Anleihen interessante Renditen bieten. Hier kann unser Fixed-Income-Team sein Fachwissen zur Kapitalstruktur einbringen.
  3. Wir sind am Markt für Neuemissionen aktiv. Angesichts des unsichereren Marktumfelds sind die Konzessionen für Neuemissionen höher und machen den Einstieg in nachhaltige Anleihen wieder attraktiv.