Währungsrisiko – wieviel Absicherung ist nötig?
Global diversifizierte Multi-Asset-Investorinnen und -investoren müssen sich unweigerlich mit Währungsrisiken befassen. Neben Hedging-Kosten und dezidierten taktischen Views sollte auch relevant sein, wie stark diversifizierend Währungen in Multi-Asset-Portfolios wirken. Wir beleuchten diese Frage unter Einbezug verschiedener Anlagestile und Risikoprofile.
Autor: Dr. Jérôme Koller, Senior Portfolio Manager Multi Asset Solutions
Die Zusammenstellung verschiedener Anlageklassen aus unterschiedlichen Regionen in einem Portfolio bringt Fremdwährungspositionen mit sich und führt daher zu Währungsrisiken. Wechselkursschwankungen können dabei die Gesamtrendite ausländischer Vermögenswerte wesentlich positiv oder negativ prägen. Unsere Analyse von Mischportfolios mit unterschiedlichen Anlagestilen bietet eine Entscheidungshilfe, wieviel Währungsrisiko sinnvoll ist und wie gross die Absicherung sein sollte. Anlegerinnen und Anleger, die eher risikoavers sind und wenig Schwankungen in ihrem Portfolio tolerieren, wählen den risikobasierten Anlagestil «Minimum Volatilität». Für «Maximum Diversifikation» entscheiden sich jene, die eine möglichst breite Diversifikation wünschen. Hier steht das absolute Risiko weniger im Vordergrund.
Wir untersuchen nachfolgend diese zwei Anlagestile für diverse Risikoprofile mit Referenzwährung Schweizer Franken. Die Risikoprofile adressieren unterschiedliche erwartete Renditen und Volatilitäten und unterscheiden sich daher in ihrer strategischen Allokation. Im Risikoprofil «Relax» dominiert der Anteil festverzinslicher Papiere, während «Fokus» fast ausschliesslich auf Aktien setzt. Diese stellen wir statischen Anlagestilen mit fixen Absicherungsquoten gegenüber. Dabei verzichten wir auf Renditeprognosen und stellen unsere Analysen explizit auf risikobasierten Ansätzen ab.
«Vollversicherung» ist zwar rentabler, …
Angenommen Investorinnen und Investoren sichern ihr Portfolio vollständig und dauerhaft gegen Fremdwährungsschwankungen ab, dann ergibt sich über Zeit betrachtet folgendes Resultat:
Voll abgesicherte Portfolios, unabhängig vom Risikoprofil, performen besser als Portfolios ohne Absicherung. Das Renditeplus beträgt zwischen 0,4 und 0,8 Prozentpunkten (siehe Tabelle, unten). Die «Vollversicherung» hat sich gelohnt, da die wichtigen Fremdwährungen in den vergangenen 23 Jahren zwischen 40 bis 60 Prozent gegenüber dem Schweizer Franken an Wert verloren haben.
… aber die höchsten Jahresrenditen werden ohne Absicherung erzielt
In der Kategorie «Best Year» haben jene Portfolios ohne Absicherung die Nase vorn. Das gilt für alle Risikoprofile. Das Renditeplus beträgt zwischen 1,2 und 2,5 Prozentpunkten. Dies zeigt: Fremdwährungen können durch ein geschicktes Market Timing einen Mehrwert generieren. Interessant ist auch: Der maximale kumulierte Verlust (Maximum Drawdown) von Portfolios ohne Absicherung ist ähnlich hoch relativ zu Portfolios mit Absicherung.
Keine Absicherung |
Relax |
Select |
Balance |
Ambition |
Focus |
Reale Rendite p.a. |
1.9% |
2.5% |
3.1% |
3.4% |
3.5% |
Reale Volatilität p.a. |
5.1% |
6.4% |
9.0% |
12.0% |
14.2% |
Maximaler Drawdown |
-15.4% |
-19.2% |
-31.9% |
-42.6% |
-49.2% |
Best Year |
12.5% |
16.3% |
21.4% |
26.1% |
29.3% |
Worst Year |
-13.8% |
-14.4% |
-24.1% |
-32.5% |
-37.8% |
Volle Absicherung |
Relax |
Select |
Balance |
Ambition |
Focus |
Reale Rendite p.a. |
2.7% |
3.1% |
3.6% |
3.9% |
3.9% |
Reale Volatilität p.a. |
3.4% |
5.0% |
7.9% |
10.9% |
13.0% |
Maximaler Drawdown |
-15.6% |
-18.2% |
-30.8% |
-41.5% |
-48.0% |
Best Year |
10.0% |
14.4% |
20.2% |
24.8% |
27.5% |
Worst Year |
-13.2% |
-13.5% |
-21.9% |
-30.2% |
-35.5% |
Minimum Volatilität |
Relax |
Select |
Balance |
Ambition |
Focus |
Reale Rendite p.a. |
2.5% |
2.9% |
3.4% |
3.7% |
3.7% |
Reale Volatilität p.a. |
3.3% |
5.0% |
7.8% |
10.9% |
13.0% |
Maximaler Drawdown |
-14.9% |
-18.3% |
-30.9% |
-41.6% |
-48.1% |
Best Year |
9.6% |
13.8% |
19.6% |
24.4% |
27.3% |
Worst Year |
-13.3% |
-13.4% |
-22.3% |
-30.6% |
-35.8% |
Maximum Diversifikation |
Relax |
Select |
Balance |
Ambition |
Focus |
Reale Rendite p.a. |
2.4% |
2.7% |
3.3% |
3.6% |
3.7% |
Reale Volatilität p.a. |
3.4% |
5.1% |
8.0% |
11.0% |
13.3% |
Maximaler Drawdown |
-15.1% |
-18.6% |
-31.3% |
-42.0% |
-48.6% |
Best Year |
9.4% |
13.6% |
19.9% |
24.7% |
27.6% |
Worst Year | -13.4%
|
-13.6% |
-22.8% |
-31.1% |
-36.4%
|
(Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen)
Minimum Volatilität
Weiter kann aus der Tabelle entnommen werden, dass der Anlagestil «Minimum Volatilität» vergleichbare Werte zeigt wie «volle Absicherung». Im risikoaversen Anlagestil «Minimum Volatilität» wird der Fremdwährungsanteil aufgrund der niedrigen Schwankungstoleranz fast immer voll abgesichert. Dies ist jedoch nicht immer sinnvoll, da es auch Phasen gibt, in denen das Diversifikationspotential der Währungen zu tieferen erwarteten Volatilitäten führen kann.
Das galt beispielweise für die Periode Ende 2008 bis Ende 2011. In dieser Zeitspanne wäre es für den Anlagestil «Minimum Volatilität» besser gewesen, je nach Risikoprofil zwischen 15 und 25 Prozent eines Portfolios (Annahme 60-prozentiger Fremdwährungsanteil) nicht abzusichern. Interessant ist zudem die Entwicklung Anfang 2020 bis heute. In dieser Zeitspanne stieg die optimale nicht abgesicherte Fremdwährungsquote kontinuierlich an und erreicht aktuell je nach Risikoprofil zwischen 30 und 45 Prozent. Eine so hohe Quote gab es während der gesamten Analyseperiode (seit 1999) noch nie.
Das zeigt: Der Anteil der abgesicherten Fremdwährungsquote innerhalb von Portfolios sollte dynamisch gehandhabt und daher auch in die Gestaltung der strategischen Allokationen mitberücksichtigt werden.
Maximum Diversifikation
Der Anlagestil «Maximum Diversifikation» zielt auf eine möglichst breite Diversifikation im Portfolio. Das absolute Risikoniveau steht hierbei nicht im Fokus und daher ist die nicht abgesicherte Fremdwährungsquote tendenziell höher als beim Anlagestil «Minimum Volatilität». Die Währungen können auch hier einen wichtigen Beitrag leisten. Für den Anlagestil «Maximum Diversifikation» gilt ebenso, dass die Dynamik der Korrelation zwischen Anlagemärkte und Währungen in den variierenden Absicherungsquoten reflektiert ist.
Auffällig ist: Beim Anlagestil «Maximum Diversifikation» nimmt seit Ende 2017 die nicht abgesicherte Fremdwährungsquote stetig zu. Aktuell liegt die Quote losgelöst vom Risikoprofil bei rund 35 Prozent und damit nahe am Anlagestil «Minimum Volatilität».
Fazit
Sowohl bei Investorinnen und Investoren, die ein möglichst tiefes Risiko («Minimum Volatilität») als auch ein möglichst breit diversifiziertes Portfolio («Maximum Diversifikation») anstreben, muss das Fremdwährungsexposure nicht zwingend vollständig absichert werden. Vielmehr sollte man das Diversifikationspotenzial der Fremdwährungen nutzen, um das Risiko zusätzlich zu reduzieren. Aktuell würden beide risikobasierten Ansätze rund 35 Prozent nicht abgesicherte Fremdwährungsquote, unabhängig vom Risikograd des Portfolios, zulassen. Eine so hohe Quote ist einmalig im beobachteten Zeitraum. Wichtig ist: Wieviel vom Fremdwährungsanteil abgesichert werden soll, lässt sich pauschal nicht beantworten, sondern erfordert eine regelmässige Prüfung. Grundsätzlich gilt: Eine tiefere Korrelation zwischen Anlagemärkten und Währungen, wie dies aktuell der Fall ist, lassen eine höhere unbesicherte Fremdwährungsquote zu, als eine höhere Korrelation.
Ein spezieller Dank geht an Dr. Urban Ulrych für den wertvollen Austausch.