Währungs­risiko – wieviel Absicherung ist nötig?

Global diversifi­zierte Multi-Asset-Investor­innen und -investoren müssen sich un­weiger­lich mit Währungs­risiken befassen. Neben Hedging-Kosten und dezidierten taktischen Views sollte auch relevant sein, wie stark diversifi­zierend Währungen in Multi-Asset-Portfolios wirken. Wir beleuchten diese Frage unter Ein­bezug verschiedener Anlage­stile und Risiko­profile.

Autor: Dr. Jérôme Koller, Senior Portfolio Manager Multi Asset Solutions

Fremdwährungen können durch ein geschicktes Market Timing einen Mehrwert generieren (Quelle: istockphoto.com).

Die Zusammen­stellung verschiedener Anlage­klassen aus unter­schiedlichen Regionen in einem Portfolio bringt Fremd­währungs­positionen mit sich und führt daher zu Währungs­risiken. Wechsel­kurs­schwankungen können dabei die Gesamt­rendite ausländischer Vermögens­werte wesentlich positiv oder negativ prägen. Unsere Analyse von Misch­portfolios mit unter­schiedlichen Anlage­stilen bietet eine Ent­scheidungshilfe, wieviel Währungs­risiko sinnvoll ist und wie gross die Absicherung sein sollte. Anlegerinnen und Anleger, die eher risiko­avers sind und wenig Schwankungen in ihrem Portfolio tolerieren, wählen den risiko­basierten Anlage­stil «Minimum Volatilität». Für «Maximum Diversifikation» entscheiden sich jene, die eine möglichst breite Diversifikation wünschen. Hier steht das absolute Risiko weniger im Vorder­grund.

Wir untersuchen nachfolgend diese zwei Anlage­stile für diverse Risiko­profile mit Referenz­währung Schweizer Franken. Die Risiko­profile adressieren unterschiedliche erwartete Renditen und Volatilitäten und unter­scheiden sich daher in ihrer strategi­schen Allokation. Im Risikoprofil «Relax» dominiert der Anteil fest­verzinslicher Papiere, während «Fokus» fast ausschliesslich auf Aktien setzt. Diese stellen wir statischen Anlagestilen mit fixen Absicherungs­quoten gegenüber. Dabei verzichten wir auf Rendite­prognosen und stellen unsere Analysen explizit auf risikobasierten Ansätzen ab.

«Vollversicherung» ist zwar rentabler, …

Angenommen Investorinnen und Investoren sichern ihr Portfolio vollständig und dauerhaft gegen Fremd­währungs­schwankungen ab, dann ergibt sich über Zeit betrachtet folgendes Resultat:

Historische Performance von Januar 2000 bis Juli 2023 am Beispiel des Profils «Relax» (Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen)

Voll abgesicherte Portfolios, unabhängig vom Risiko­profil, performen besser als Portfolios ohne Absicherung. Das Rendite­plus beträgt zwischen 0,4 und 0,8 Prozent­punkten (siehe Tabelle, unten). Die «Voll­versicherung» hat sich gelohnt, da die wichtigen Fremd­währungen in den vergangenen 23 Jahren zwischen 40 bis 60 Prozent gegenüber dem Schweizer Franken an Wert verloren haben.

… aber die höchsten Jahres­renditen werden ohne Absicherung erzielt

In der Kategorie «Best Year» haben jene Portfolios ohne Absicherung die Nase vorn. Das gilt für alle Risiko­profile. Das Rendite­plus beträgt zwischen 1,2 und 2,5 Prozent­punkten. Dies zeigt: Fremd­währungen können durch ein geschicktes Market Timing einen Mehr­wert generieren. Interessant ist auch: Der maximale kumulierte Verlust (Maximum Drawdown) von Port­folios ohne Absicherung ist ähnlich hoch relativ zu Portfolios mit Absicherung.

Keine Absicherung

Relax

Select

Balance

Ambition

Focus

Reale Rendite p.a.

1.9%

2.5%

3.1%

3.4%

3.5%

Reale Volatilität p.a.

5.1%

6.4%

9.0%

12.0%

14.2%

Maximaler Drawdown

-15.4%

-19.2%

-31.9%

-42.6%

-49.2%

Best Year

12.5%

16.3%

21.4%

26.1%

29.3%

Worst Year

-13.8%

-14.4%

-24.1%

-32.5%

-37.8%

 

Volle Absicherung

 

Relax

 

Select

 

Balance

 

Ambition

 

Focus

Reale Rendite p.a.

2.7%

3.1%

3.6%

3.9%

3.9%

Reale Volatilität p.a.

3.4%

5.0%

7.9%

10.9%

13.0%

Maximaler Drawdown

-15.6%

-18.2%

-30.8%

-41.5%

-48.0%

Best Year

10.0%

14.4%

20.2%

24.8%

27.5%

Worst Year

-13.2%

-13.5%

-21.9%

-30.2%

-35.5%

 

Minimum Volatilität

 

Relax

 

Select

 

Balance

 

Ambition

 

Focus

Reale Rendite p.a.

2.5%

2.9%

3.4%

3.7%

3.7%

Reale Volatilität p.a.

3.3%

5.0%

7.8%

10.9%

13.0%

Maximaler Drawdown

-14.9%

-18.3%

-30.9%

-41.6%

-48.1%

Best Year

9.6%

13.8%

19.6%

24.4%

27.3%

Worst Year

-13.3%

-13.4%

-22.3%

-30.6%

-35.8%

Maximum Diversifikation

 

Relax

 

Select

 

Balance

 

Ambition

 

Focus

Reale Rendite p.a.

2.4%

2.7%

3.3%

3.6%

3.7%

Reale Volatilität p.a.

3.4%

5.1%

8.0%

11.0%

13.3%

Maximaler Drawdown

-15.1%

-18.6%

-31.3%

-42.0%

-48.6%

Best Year

9.4%

13.6%

19.9%

24.7%

27.6%

Worst Year

-13.4%

 

-13.6%

-22.8%

-31.1%

-36.4%

 

(Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen)

Minimum Volatilität

Weiter kann aus der Tabelle entnommen werden, dass der Anlagestil «Minimum Volatilität» vergleichbare Werte zeigt wie «volle Absicherung». Im risikoaversen Anlagestil «Minimum Volatilität» wird der Fremdwährungsanteil aufgrund der niedrigen Schwankungstoleranz fast immer voll abgesichert. Dies ist jedoch nicht immer sinnvoll, da es auch Phasen gibt, in denen das Diversifikationspotential der Währungen zu tieferen erwarteten Volatilitäten führen kann.

Anlagestil «Minimum Volatilität»: optimaler Fremdwährungsanteil über die Zeit (Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen)

Das galt beispiel­weise für die Periode Ende 2008 bis Ende 2011. In dieser Zeit­spanne wäre es für den Anlage­stil «Minimum Volatilität» besser gewesen, je nach Risiko­profil zwischen 15 und 25 Prozent eines Portfolios (Annahme 60-prozentiger Fremd­währungs­anteil) nicht abzusichern. Interessant ist zudem die Entwicklung Anfang 2020 bis heute. In dieser Zeit­spanne stieg die optimale nicht abgesicherte Fremd­währungs­quote kontinuierlich an und erreicht aktuell je nach Risiko­profil zwischen 30 und 45 Prozent. Eine so hohe Quote gab es während der gesamten Analyse­periode (seit 1999) noch nie.

Das zeigt: Der Anteil der abgesicherten Fremd­währungs­quote innerhalb von Portfolios sollte dynamisch gehandhabt und daher auch in die Gestaltung der strategischen Allokationen mit­berücksichtigt werden.

Maximum Diversifikation

Der Anlage­stil «Maximum Diversifika­tion» zielt auf eine möglichst breite Diversifika­tion im Portfolio. Das absolute Risiko­niveau steht hierbei nicht im Fokus und daher ist die nicht abgesicherte Fremd­währungs­quote tendenziell höher als beim Anlage­stil «Minimum Volatilität». Die Währungen können auch hier einen wichtigen Beitrag leisten. Für den Anlage­stil «Maximum Diversifika­tion» gilt ebenso, dass die Dynamik der Korrelation zwischen Anlage­märkte und Währungen in den variierenden Absicherungs­quoten reflektiert ist.

«Maximum Diversifikation»: optimaler Fremdwährungsanteil über die Zeit (Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen)

Auffällig ist: Beim Anlage­stil «Maximum Diversifika­tion» nimmt seit Ende 2017 die nicht abgesicherte Fremd­währungs­quote stetig zu. Aktuell liegt die Quote los­gelöst vom Risiko­profil bei rund 35 Prozent und damit nahe am Anlagestil «Minimum Volatilität».

Fazit

Sowohl bei Investorinnen und Investoren, die ein möglichst tiefes Risiko («Minimum Volatilität») als auch ein möglichst breit diversifiziertes Port­folio («Maximum Diversifikation») anstreben, muss das Fremd­währungs­exposure nicht zwingend vollständig absichert werden. Vielmehr sollte man das Diversifikations­potenzial der Fremd­währungen nutzen, um das Risiko zusätzlich zu reduzieren. Aktuell würden beide risiko­basierten Ansätze rund 35 Prozent nicht abgesicherte Fremdwährungs­quote, unabhängig vom Risiko­grad des Portfolios, zulassen. Eine so hohe Quote ist einmalig im beobachteten Zeit­raum. Wichtig ist: Wieviel vom Fremd­währungs­anteil abgesichert werden soll, lässt sich pauschal nicht beantworten, sondern erfordert eine regel­mässige Prüfung. Grundsätzlich gilt: Eine tiefere Korrelation zwischen Anlage­märkten und Währungen, wie dies aktuell der Fall ist, lassen eine höhere unbesicherte Fremd­währungs­quote zu, als eine höhere Korrelation.

 

Ein spezieller Dank geht an Dr. Urban Ulrych für den wertvollen Austausch.

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Anlagestrategie