Anlegen in Hypotheken – nun auch mit Fokus auf Nachhaltigkeit
In Assetklassen wie Obligationen oder Aktien zählen nachhaltige Anlagefonds mittlerweile zum Standard. Nun stehen Vorsorgeeinrichtungen auch nachhaltig verwaltete Hypotheken-Portfolios zur Verfügung.
Autor: Karl Ruzsics, Senior Portfolio Manager
In der Asset-Management-Industrie ist die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in Anlageentscheidungen insbesondere bei Aktien- und Obligationen-Fonds mittlerweile ein fester Bestandteil. Entsprechende Konzepte fokussieren nicht nur auf das Klima, sondern integrieren ESG-Kriterien im weiteren Sinne, betreiben Investment-Stewardship und schliessen kontroverse Geschäftspraktiken aus. Die für einen ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatz notwendigen Daten und Modelle liefern spezialisierte Anbieter.
Bei Hypothekaranalagen ist dies jedoch komplexer: Bestehende Nachhaltigkeitskonzepte etwa aus der Obligationen- oder der Immobilienwelt lassen sich für das Asset Management von Hypothekenanlagen nicht direkt übernehmen. Bei der Entwicklung von systematischen Nachhaltigkeitskonzepten, welche mehr als rein ökologische Aspekte berücksichtigen, stellt die Datenverfügbarkeit bisher die grösste Hürde dar.
Endlich umfassende ESG-Bewertungen verfügbar
Mit Blick auf die Ökologie ist spätestens seit dem PACTA Klimatest 2020 auch eine modellbasierte Auswertung der sogenannten CO2e-Intensität eines Hypothekarportfolios möglich. Die Auswertung kommt mit wenig Daten aus, die Angabe der genauen Adresse ist dabei ausreichend. Mittlerweile haben verschiedene Anbieter vergleichbare Modelle entwickelt und verfeinert, welche diverse Datenquellen nutzen.
Was ist der PACTA Klimatest?
Der sogenannte PACTA-Test analysiert Anlageportfolios auf ihre Klimaverträglichkeit und wird vom Bundesamt für Umwelt durchgeführt. Klimaverträglich sind Investitionen und Finanzierungen, wenn sie mit dem Ziel von Netto-Null Treibhausgasemissionen bis 2050 übereinstimmen. PACTA steht für Paris Agreement Capital Transition Assessment. Dabei wird eine standardisierte Analyse für globale Aktien, Unternehmensanleihen und Kreditportfolios ermöglicht. Zudem lassen sich mit dem PACTA-Immobilienmodell die Schweizer Immobilien- und Hypothekenportfolios mit dem Klimaziel für den inländischen Gebäudepark vergleichen.
Nachhaltigkeit beschränkt sich nicht nur auf Treibhausgasemissionen. Seit kurzem existieren zudem erweiterte ESG-Bewertungen, die auf ein Hypothekarportfolio anwendbar sind. Impulse für diese Entwicklung haben Banken mit ihren Bedürfnissen bezüglich der Umsetzung ihrer ESG-bezogenen Ziele gesetzt: Die Grundlage bilden hierbei hedonische Immobilienbewertungs-Modelle, die basierend auf Attributen wie etwa Lage, nutzbare Fläche, oder bauliche Qualität den Wert einer Immobilie schätzen.
Diese extensiven Datensammlungen lassen sich nun auch nutzen, um eine Immobilie hinsichtlich ihrer ESG-Ausprägung zu bewerten. Als Indikatoren im Bereich Environment werden zum Beispiel Angaben zu Begrünung, Ressourcennutzung und Mobilitätsinfrastruktur verwendet. Social-Indikatoren messen unter anderem die Lärmbelastung, Verfügbarkeit von Erholungsräumen und die sozioökonomische Struktur. Und Kennzahlen zu Governance quantifizieren etwa Themen rund um die Raumplanung.
Prominente Anbieter solcher ESG-Bewertungen sind hierzulande Wüest Partner und REMMS (Real Estate Rating and Monitoring on Sustainability). Die beiden Ansätze unterscheiden sich zwar klar in der Vorgehensweise, kommen aber beide mit den Daten aus, die einem Hypothekarkreditgeber typischerweise zu Verfügung stehen. Damit ist ein wichtiges Instrument vorhanden, das die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten bei Hypothekeninvestments unterstützt.
Umfassender Nachhaltigkeitsansatz für Hypothekaranlagen
Das birgt Potenzial: Seit Juli 2024 wendet die Anlagegruppe 'Swisscanto AST Hypotheken Responsible Schweiz' der Swisscanto Anlagestiftung den «Responsible» Ansatz des Asset Managements der Zürcher Kantonalbank an. Dieser berücksichtigt zusätzlich zur ökologischen Nachhaltigkeit weitere Kriterien. Konkret werden die vier Säulen «Klima», «ESG-Integration», «Stewardship» und «Vermeidung von Kontroversen» berücksichtigt.
In Bezug auf Klima wird angestrebt, dass die CO2e-Intensität der finanzierten Immobilien geringer sein muss als der Durchschnittswert des Schweizer Gebäudeparks. Dies kann beispielsweise über die Förderung energetischer Sanierungen, die Preis- und Kreditgestaltung der Hypothekarvergabe oder über Ausschlüsse gewisser Energieträger gesteuert werden. Wie der nachfolgenden Abbildung zu entnehmen ist, liegt die CO2e-Intensität erfreulicherweise deutlich unter dem Durchschnitt des Schweizer Gebäudeparks.
Die ESG-Integration berücksichtigt die bereits erwähnten ESG-Ratings im Vergabeprozess. Mittels Filterkriterien wird der Fokus auf Finanzierungen mit vergleichsweise hohen ESG-Ratings gelegt, ohne dabei einzelne Geschäfte aufgrund ihrer ESG-Bewertung kategorisch auszuschliessen. Die nachfolgende Tabelle weist die ESG-Ratings des Hypothekarportfolios der Anlagegruppe Swisscanto AST Hypotheken Responsible Schweiz aus.
Im Rahmen der Engagement-Tätigkeit wird Kreditnehmenden, bei denen eine Erhöhung der Hypothek vertretbar ist und eine energetische Sanierung Sinn ergeben könnte, ein Angebot zur Finanzierung energetischer Sanierungen unterbreitet. Dies selektiv und unter Einhaltung der Kreditrichtlinien. Kontroverse Geschäftstätigkeiten wie etwa der Bereich Kohleförderung werden bei der Hypothekarkreditvergabe an juristische Personen vermieden. Die gemessenen Nachhaltigkeitskennzahlen des Portfolios werden transparent rapportiert.
Wüest Partner | Portfolio (Vergleichswert*) |
ESG-Rating | 3,7 (3,0) |
E-Rating | 3,1 (3,0) |
S-Rating | 4,0 (3,0) |
G-Rating | 3,4 (3,0) |
REMMS | |
Ökonomie-Rating | 3,8 (3,7) |
Ökologie-Rating | 3,5 (3,4) |
ESG-Ratings des Hypothekarportfolios der Anlagegruppe Swisscanto AST Hypotheken Responsible Schweiz, Portfolio per Stichtag 31.12.2023. Quelle: Wüest Partner, REMMS. *Vergleichswert: Schweizer Wohn- und Geschäftsimmobilien (exkl. Industrie, Infrastruktur, etc.). Quelle: IAZI, BfS, Zürcher Kantonalbank; Portfolio per Stichtag 31.12.2023. |
Breiter Nachhaltigkeits-Ansatz bevorzugt
Dieser breite Nachhaltigkeits-Ansatz hat einen grossen Vorteil: Er orientiert sich nicht explizit und allein an gängigen Energiezertifikaten. Deren Marktanteil ist klein – so liegt der Anteil der Minergie- oder GEAK A/B/C-zertifizierten Gebäude gegenwärtig nur im einstelligen Prozentbereich des gesamten Schweizer Gebäudeparks – und wird bereits von vielen Hypothekarkreditgebern mit vorteilhaften Zinskonditionen bedient. Unser Ansatz bewegt sich stattdessen im breiteren Hypothekarmarkt, wo die grossen Anbieter auf absehbare Zeit hin keine Preisdifferenzierung bezüglich ESG-Faktoren vornehmen werden. Unter diesen Prämissen dürfte keine Einbusse bei der Rendite zu befürchten sein.
Den Investoren wird durch den expliziten Einbezug der Nachhaltigkeit zusätzlicher Nutzen gestiftet: Es werden Risiken berücksichtigt und aufgezeigt, welche langfristig einen Einfluss auf die Wertentwicklung haben könnten.