Altbestandesmieten auf historischem Hoch
Fakten und Trends zum Zürcher Immobilienmarkt | Januar 2025
Text: Ursina Kubli, Analytics Immobilien
Wer schon seit vielen Jahren in derselben Wohnung lebt, bezahlt weniger als bei seinem Einzug. Dies galt insbesondere für Mieter, welche sich zum Zeitpunkt der Grossen Finanzkrise 2008 in ihrer Mietwohnung niedergelassen haben. Dieser Befund ist jedoch inzwischen Geschichte. Der von uns berechnete Altbestandesmietindex, welcher im April 2024 erstmals seitens BWO publiziert wurde und zunächst die Mietpreisentwicklung bis Ende 2023 abbildete, hat im vergangenen Jahr kräftig zugelegt. Nun liegt er in sämtlichen Regionen und über alle Vermieterkategorien auf einem neuen Höchststand.
Der Altbestandesmietindex berücksichtigt die Mietpreisentwicklung für Wohnungen, in welchen es keine Mieterwechsel gab. Er schliesst die bisherige Lücke in der Indexlandschaft zum Schweizer Mietwohnungsmarkt. Während Angebotsmietindizes die Entwicklung bei der Neuvermietung wiedergeben, misst der Bestandesindex des BFS die Mietpreisentwicklung aller Mietverhältnisse und ist damit ein Gemisch aus Angebots- und Altbestandesmieten.
Grund für den kräftigen Anstieg des Altbestandesmietindex war die zweite Erhöhung des Referenzzinssatzes, welche zum Zeitpunkt der Erstpublikation des Altbestandesmietindex noch nicht vertraglich wirksam war. Manche Vermieter fassten die ersten beiden Referenzzinserhöhungen in einem einzigen Schritt zusammen, was zu deutlichen Mietsteigerungen führte. Zudem gilt: je höher der Referenzzins, desto grösser ist der Anteil der Mieten, welche in Folge eines Anstiegs nach oben angepasst werden dürfen. Daraus ergab sich im dritten Quartal 2024 gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 5,4 Prozent in Zürich bzw. 3,3 Prozent in der Schweiz. Da Zürcher Mieter bei vergangenen Senkungen des Referenzzinssatzes häufiger in den Genuss von Mietzinssenkungen kamen, bestand aktuell mehr Spielraum für Erhöhungen. Dasselbe Muster zeigt sich auch bezüglich Vermietertyp. Institutionelle Vermieter haben häufiger als Private von ihrem Spielraum für Mietzinserhöhungen Gebrauch gemacht. Auch sie waren es, die in der Vergangenheit - entgegen ihrem Ruf - die Mietzinssenkungen infolge eines tieferen Referenzzinssatzes häufiger weitergegeben haben. Nun ist der qualitätsbereinigte Mietpreisindex von Pensionskassen und Immobilienfonds erstmals seit 2006 über den privater Eigentümer gestiegen.
Schon bald dürften wieder rückläufige Altbestandesmieten zu beobachten sein. Denn im März wird der Referenzzinssatz bereits wieder sinken. Ob die Mieter häufiger als in der Vergangenheit Mietzinssenkungen beantragen werden? Davon ist auszugehen: Wer jüngst einen Brief seitens Vermieter erhalten hat, dürfte demnächst selbst zur Tinte greifen
Wo der sinkende Referenzzins früher weitergegeben wurde, steigen die Altbestandesmieten kräftig
Qualitätsbereinigte Altbestandesmieten nach Region
Institutionelle Vermieter nutzen das Potenzial für Mieterhöhungen bei laufenden Mietverhältnissen
Qualitätsbereinigte Altbestandesmieten nach Vermietertyp
Zürcher Eigenheimpreise wachsen weiter solide
Der akzentuierte Rückgang der Zinsen hat bisher keine Rallye am Zürcher Eigenheimmarkt ausgelöst. Trotzdem schliesst der ZWEX das Jahr mit einem soliden Anstieg ab. Das Preiswachstum der Zürcher Eigenheime hat sich dabei von 3,7% im Jahr 2023, auf ein Plus von 3,3% leicht abgekühlt. Grund für das bisherige Ausbleiben eines neuen zinsgetriebenen Preisbooms dürfte der vorhandene Angebotsüberhang sein. Im Zuge des Zinsanstiegs, der 2022 mit dem Ende der Pandemie sowie dem Ausbruch des Ukrainekriegs einherging, wurden Eigenheiminteressierte zurückhaltender. Insbesondere im Neubausegment zeigte sich der Verkaufsprozess harziger. Längere Verkaufszeiten und eine grössere Auswahl an Verkaufsobjekten waren die Folge.
Zürcher Wohneigentumsindex (ZWEX)
Index, 2006 = 100 und Jahreswachstumsraten in %
Appetit auf die eigenen vier Wände kehrt zurück
Mit den günstigeren Finanzierungsbedingungen hat der Appetit der Käufer auf die eigenen vier Wände wieder zugenommen. Wer den Schritt ins Eigenheim wagt, den erwarten deutlich niedrigere Wohnkosten. Nach einem historischen Tief bei der Anzahl der Transaktionen im Jahr 2023, legte die Marktaktivität im zweiten Halbjahr 2024 wieder zu. Die Reservationstätigkeit ist gestiegen, Rücktritte sind selten. Der Abbau des Bestandes an zum Verkauf angebotenen Eigenheimen wird jedoch noch eine Weile andauern und die Preisentwicklung in Schach halten. Der Eigenheimmarkt ist damit in einem stabilen Zustand.
Anzahl Reservationszahlungen
Index, 100 = 2017 Q2
Knappheit am Mietwohnungsmarkt
Bei Zürcher Immobilieninseraten gibt es derzeit ein unübliches Bild. Der Anteil der zum Verkauf ausgeschriebenen Eigenheimobjekte ist erstmals leicht höher als der Anteil inserierter Mietwohnungen. Der sonst von grossen Trockenheit geprägte Eigenheimmarkt ist infolge der käuferseitigen Zurückhaltung nach dem Zinsanstieg 2022 aktuell für Kaufinteressenten in einer komfortablen Situation. Gleichzeitig ist die Knappheit auf den Mietwohnungsmarkt übergeschwappt. Die Situation hat sich 2024 nicht so stark zugespitzt wie zeitweise befürchtet. Dennoch bleibt die Situation am Mietwohnungsmarkt anspruchsvoll. Wir erwarten weiter eine sinkende Zahl leerstehender Mietwohnungen.
Angebotsziffer, Kanton Zürich
Ausgeschriebene Wohnungen in % des Wohnungsbestandes
Wegfall des Eigenmietwerts wäre kein Preiskatalysator
Mancher Eigenheimbesitzer hat die politischen Entwicklungen in Bern mit Wohlwollen beobachtet. Sollte die Abschaffung des Eigenmietwertes die Hürden des Volkes nehmen, wäre diese umstrittene Steuer bald Geschichte. Wer seine Hypothek stark amortisiert hat und wessen Liegenschaft nicht vor einem Sanierungszyklus steht, könnte sich zu den grossen Gewinnern zählen. Bei den Neukäufern ist der finanzielle Effekt aufgrund der hohen Belehnung und der stark eingeschränkten Abzugsmöglichkeiten von Zinsen und Unterhaltskosten gering. An den eigentlichen Herausforderungen würde sich für sie nichts ändern. Diese sind das hohe Preisniveau, die Tragbarkeit und ausreichende Eigenmittel. Damit bliebe der Preiseffekt gering.