Abschaffung des Eigen­mietwerts: Wir beantworten die drängendsten Fragen

Im November ging es mit der Beratung im Ständerat zur Abschaffung des Eigenmietwerts in die nächste Runde. Für uns eine willkommene Gelegenheit, Licht ins Dickicht des Steuerdschungels zu bringen.

Text: Benedikt Lennartz, Analytics Immobilien

Am meisten hilft die Abschaffung des Eigenmietwerts denjenigen, die ihre Hypothek vollständig abbezahlt haben. (Blld: getty)

Was würde sich konkret ändern?

Die Besteuerung des Eigenmietwerts, die laut ­Statistischem Amt rund 12,5 Prozent der über 30-jährigen Steuerpflichtigen im Kanton Zürich betrifft, soll wegfallen. Im Gegenzug sollen sich die Kosten für den Unterhalt nicht mehr vom steuerbaren Einkommen abziehen lassen. Ersterwerber können einen begrenzten Schuldzins abziehen (Paare 10’000 Franken, Einzelpersonen 5’000 Franken für maximal 10 Jahre). Zusätzlich wird diskutiert, ob die Schuldzinsen bis zu einem gewissen Anteil der steuerbaren Vermögenserträge abgezogen werden können.
 

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Wo befinden sich noch weitere Knackpunkte?

Zum einen ist noch nicht entschieden, bis zu welchem Anteil der steuerbaren Vermögenserträge die Schuldzinsabzüge möglich sein sollen. Je höher, desto besser wären Steuerpflichtige mit grossen Vermögen gestellt. Ausserdem wird zu klären sein, ob der Eigenmietwert lediglich für das Eigenheim wegfallen soll oder auch für Ferienwohnungen. Für die öffentlichen Haushalte in Tourismusregionen macht das einen grossen Unterschied.

Zahle ich nach der Reform weniger Steuern, wenn ich ein Eigenheim erwerbe?


Wer im Kanton Zürich zum ersten Mal Eigentum erwirbt, kommt üblicherweise auf eine Belehnung von 75 Prozent des Immobilienwertes. Bei einer typischen Eigentumswohnung im Wert von 1,2 Millionen Franken mit einer 5-Jahres-Starthypothek ergibt sich bei aktueller Besteuerung nach Pauschalabzug für Unterhaltskosten eine Reduktion des steuerbaren Einkommens für Erstkäufer von knapp 5’800 Franken. Bei Abschaffung des Eigenmietwerts mit erlaubtem Zinsabzug in den ersten Jahren würde sich für Ersterwerber steuerlich kaum etwas ändern. Einzelpersonen wären in unserem Beispiel minimal schlechter gestellt als aktuell. Ersterwerberpaare würden leicht profitieren. Jedoch fällt die Versicherung gegen steigende Zinsen, die der Abzugsmöglichkeit der gesamten Schuldzinsen innewohnt, mit der Beschränkung dieser Möglichkeit zunehmend weg.
 

Warum ist dann eine Reform geplant?

Der aktuelle Reformimpuls entstand vor einigen Jahren zu Zeiten sehr niedriger Zinsen. Während unter den sehr hohen Zinsen in den 80er- und 90er-Jahren der Schuldzinsabzug den Eigenmietwert in der Regel übertraf, wirkte sich der geringe Schuldzinsabzug nun deutlich negativ auf das Erstkäuferportemonnaie aus. Dies widersprach dem Verfassungsauftrag der Wohneigentumsförderung. Im Interesse von älteren Wohneigentümern liegt die Steuerreform sowieso schon lange.
 

Inwiefern profitieren die langjährigen Eigenheimbesitzer?

Bei Besitzern im Rentenalter liegt die Belehnung durch Amortisation und Wertanstieg meist deutlich niedriger und damit auch der mögliche Schuldzinsabzug. Diese Wohneigentümer profitieren besonders stark von einer Abschaffung des Eigenmietwerts. Das steuerbare Einkommen sinkt durch die Reform für sie im typischen Fall um rund 8’100 Franken. Langzeiteigentümer können also ordentlich Steuern einsparen, insbesondere solche mit hohem Eigenmietwert. Besitzer von Eigenheimen in der Stadt sehen einer Reform damit besonders freudig entgegen.

Am meisten hilft die Abschaffung denjenigen, die ihre Hypothek vollständig abbezahlt haben. Sie machen im Kanton Zürich gemäss Statistischem Amt rund 16 Prozent der über 60-jährigen Steuerpflichtigen aus.

Die Kombination der oben genannten Faktoren hat einen besonders hohen Effekt. Mit einer abbezahlten typischen Wohnung in der Gemeinde Küsnacht sinkt das steuerbare Einkommen um 21’600 Franken. Bei einem Grenzsteuersatz von 30 Prozent ergibt sich eine jährliche Ersparnis von rund 6’500 Franken.

Noch vor ein paar Jahren hätten Ersterwerber deutlich von der Abschaffung des Eigenmietwerts profitiert

Veränderung des steuerbaren Einkommens für den typischen Erstwohnungserwerber im Kanton Zürich
 

Eigenmietwert
Quelle: Zürcher Kantonalbank

Werden somit weniger Altbesitzer ihre Liegenschaften verkaufen?

Für Langzeitbesitzer, die für die meisten Eigenheimverkäufe verantwortlich sind, bringt die veränderte Besteuerung klare Vorteile. Dass sie aufgrund der neuen Situation jedoch vermehrt auf Verkäufe verzichten werden, ist kaum zu erwarten. Familiäre oder gesundheitliche und nicht zuletzt emotionale Faktoren spielen bei diesen Entscheidungen eine grössere Rolle.
 

Werden die Immobilienpreise auf die Reform reagieren?

Tiefgreifende Veränderungen sind durch die vieldiskutierte Steuerreform nicht zu erwarten. Denn die Reform hat für Ersterwerber, die einen Grossteil der Eigenheimnachfrage ausmachen, nur geringe finanzielle Auswirkungen.
 

Altbesitzer in der Stadt profitieren am meisten vom Wegfall des Eigenmietwerts

Reduktion des steuerbaren Einkommens durch die Reform für den typischen Altbesitzer* einer Wohnung im Kanton Zürich (in CHF)
 

Ersparnis für Altbesitzer
* Unter Annahme einer typischen Wohnung für jede Region. Im Einzelfall kann eine niedrigere Einschätzung des Eigenmietwerts für Altbesitzer z.B. durch Anmeldung der Unternutzung und älteren Wohnungsbestand anfallen; (Quelle: Zürcher Kantonalbank)

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