Eigenmietwert-Abstimmung auf Messers Scheide
Fakten und Trends zum Zürcher Immobilienmarkt | April 2025
Text: Ursina Kubli, Analytics Immobilien

Nachdem das Parlament im Dezember den Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung beschlossen hat, fragen sich nicht nur Eigentümerinnen und Eigentümer: Wird die vieldiskutierte Steuer auf Eigenmietwerte demnächst wirklich abgeschafft? Unsere Analyse zeigt: Ein einfacher Blick auf die Eigentumsverhältnisse am Immobilienmarkt genügt nicht.
Anlässlich eines kürzlichen Webcasts zum Immobilienmarkt führten wir unter den Teilnehmenden eine kurze Befragung durch. Rund die Hälfte der Abstimmenden erwartete, dass die voraussichtlich im Herbst anstehende Abstimmung zur kantonalen Objektsteuer, welche Bedingung für die Abschaffung des Eigenmietwerts ist, erfolgreich sein würde. Waren die teilnehmenden Eigentümer zu optimistisch, die ungeliebte Steuer demnächst nicht mehr zahlen zu müssen? Ohne Referendum könnte dies bereits ab 2028 Realität sein. Derzeit liest man häufig, die Abstimmung habe im Land der Mieterinnen und Mieter einen schweren Stand. Bei einer Wohneigentumsquote von 36 Prozent könne die Mehrheit der Haushalte schliesslich gar nicht von einer Abschaffung des Eigenmietwerts profitieren.
Betrachtet man den Sachverhalt genauer, scheint die Ausgangslage knapper zu sein. Wir haben mithilfe von Daten aus dem Swiss Household Panel (SHP) die Haushaltsstruktur von Mietern und Eigentümern untersucht. Es zeigt sich, dass, obwohl Eigentumshaushalte insgesamt in der Minderheit sind, der Anteil Stimmberechtigter in ihren Reihen höher ist als bei Mietern. Denn im Eigentum leben überdurchschnittlich viele Schweizerinnen und Schweizer. Betrachtet man also die Stimmberechtigten, sind Mieter nicht so übervertreten, wie die Wohneigentumsquote allein suggeriert.
Mehr Stimmberechtigte in Eigentümerhaushalten
Anteil der Schweizer Staatsbürger an volljährigen Personen*

Zusätzlich zur Frage, wer zum Abstimmen berechtigt ist, ist offen, wer letztlich seine Stimme abgibt. Und hier deuten die SHP-Daten auf eine niedrigere Mobilisierung der Mieterschaft hin. Der Anteil von Personen, die angeben, bei einer hypothetischen morgigen Wahl überhaupt nicht wählen zu wollen, ist bei Miethaushalten im Schnitt rund doppelt so hoch wie im Eigentum. Hinzu kommt: Gerade bei älteren Eigentümern ist die Wahlmüdigkeit besonders klein. Sie haben häufig einen Teil ihrer Hypotheken abbezahlt und können so besonders vom Wegfall des Eigenmietwerts profitieren. Ihre Steuerlast würde sich deutlich verringern. Die häufigsten Urnengängerinnen und Urnengänger sind somit auch die grossen Profiteure des Systemwechsels.
Ältere Eigentümer sind die zuverlässigsten Urnengänger
Anteil der Stimmberechtigen, der angibt, morgen bei einer hypothetischen Wahl nicht zu abzustimmen, nach Alter

Insgesamt könnte die Abstimmung also knapper ausfallen, als es ein kurzer Blick auf die Wohneigentumsquote vermuten liesse. Dass Wohneigentümer die Steuer demnächst los sein werden, ist indes ebenso wenig sicher. Denn der politische Gegenwind gegen den Systemwechsel bläst kräftig. Unter anderem befürchtet der Mieterverband hohe Steuerausfälle. Der Abstimmungskampf verspricht also spannend zu werden.
Finanzielle Motivation für Wohneigentum kehrt zurück
Stellen Sie sich vor, Sie wären auf einer Party und plötzlich geht die Musik aus. Ungefähr dieses Gefühl hatten Eigenheimbesitzer, als die Zinsen nach dem Ende der Pandemie und dem Beginn des Ukraine-Kriegs in die Höhe schossen. Auf einmal war es nicht mehr der Fall, dass die eigenen vier Wände mit geringeren Wohnkosten einhergingen. Im Gegenteil. Plötzlich war es günstiger in eine Mietwohnung zu ziehen, als Wohneigentum zu erwerben. Im Nachhinein war es nur eine kurze Zwischenphase. Finanzielle Überlegungen sind mitnichten die einzige Motivation, Wohneigentum zu erwerben. Der Wunsch von Gestaltungsspielraum, Wohnsicherheit und Prestige, kommen hinzu.
Wohnkosten-Differenz zwischen Miete und Eigentum
4-Zi.-Wohnung, 80% Belehnung, 5-J. Hypothek, 1% Unterhalt

Eigenheimkäufer schlagen wieder häufiger zu
Die veränderte Zinslandschaft sorgte dafür, dass sich Eigenheiminteressenten wieder auf die Suche begaben und des Öfteren fündig wurden. Die Reservationszahlungen nahmen im ersten Quartal 2025 kräftig zu, der Anteil der Rücktritte blieb stabil. Damit reduzierte sich das aufgebaute Angebot, die Knappheit spitzte sich am Eigenheimmarkt wieder zu. Diese Auswertungen betrafen den Zeitraum vor den US-Zollturbulenzen. Dass Herr und Frau Schweizer aufgrund der zunehmenden konjunkturellen Unsicherheiten zurückhaltender werden dürften mit Immobilieninvestitionen, darf man nach den Erfahrungen der Pandemie bezweifeln. Die Aussicht auf tiefe Zinsen dürfte die Eigenheimnachfrage vielmehr stützen.
Reservationszahlungen und Rücktritte
Anzahlungen, Index, 2017 Q2 = 100 (L) und Anteil Rücktritte (R)

Zürcher Eigenheimpreise legten kräftig zu
Die Zürcher Eigenheimpreise eröffneten das Jahr 2025 in sämtlichen Regionen mit einem kräftigen Preiswachstum. Im ganzen Kanton stiegen die Preise um 1,4 Prozent ggü. dem Vorquartal und erreichten ggü. dem Vorjahr ein Plus von 5,9 Prozent. Nach dem Seitwärtstrend in den Vorjahren waren die Eigenheimpreise in der Region "Regio" mit einem Plus mit 9,4 ggü. dem Vorjahr auf Aufholkurs. Über den gesamten Beobachtungszeitraum seit 2006 schwingen die Eigenheimpreise in der Region "See" weit obenaus. Da wo Immobilien besonders teuer sind, zeigten sich über längere Frist die grössten Wertsteigerungen.
Zürcher Wohneigentumsindex (ZWEX)
Index, 2006 = 100 (L) und ZWEX-Regionen (R)

Knappheit am Zürcher Mietwohnungsmarkt hält an
Auf den ersten Blick gibt es derzeit Faktoren, die auf eine Entspannung am Zürcher Mietwohnungsmarkt hoffen lassen. Das Bevölkerungswachstum schwächt sich ab, während kantonsweit etwas mehr Wohnbauprojekte in der Pipeline sind. Ausreichend wird dies aber nicht, ein weiterer Rückgang der Leerwohnungsziffer sowie steigende Angebotsmieten dürften die Folge sein. Die Hürden für den Wohnungsneubau bleiben trotz sich abzeichnenden Lockerungen der rigiden Vorgaben bzgl. Lärmschutz bestehen. Die verstärkte Direktanwendung des Ortsbildinventars ISOS bietet ein (zu) einfaches Trittbrett für Rekurse. Zu Recht warnte die Zürcher Regierung, der Bundesrat müsse diesbezüglich rasch handeln.
ZKB Immobilienprognosen
April 2025
