Langfristzinsen im Seitwärtstrend

Die Schweizerische Nationalbank hat den Spielraum, ihren Leitzins weiter zu erhöhen – und sie wird diesen nutzen. Die Langfristzinsen werden aber seitwärts tendieren, sagt David Marmet, Chefökonom Schweiz bei der Zürcher Kantonalbank.

Text: David Marmet

«Die Notenbanken rund um den Globus haben als Reaktion auf die höchsten Inflationsraten seit über 40 Jahren ihre Leitzinsen im vergangenen Jahr rasch und markant erhöht.» David Marmet, Chefökonom Schweiz bei der Zürcher Kantonalbank

Die Schweizer Wirtschaft hat an Schwung verloren. Die rezessiven Tendenzen im nahen Ausland werden immer spürbarer, die Schweizer Exporte schwächeln. Zu stützen vermag aber der private Konsum, nicht zuletzt aufgrund der anhaltend hohen Nettozuwanderung. Auch der äusserst robuste Schweizer Arbeitsmarkt wirkt konjunkturstützend. Die durchschnittliche Arbeitslosenrate notierte 2022 mit 2,2 Prozent auf einem 20-Jahres-Tief, was den Fachkräftemangel immer stärker ins Zentrum rücken lässt. Die Schweiz wird in diesem Jahr keine Rezession durchlaufen.

Die Schweizer Inflationsrate wird im Januar zwar nochmals auf über 3 Prozent ansteigen, da die gestiegenen Strompreise erstmals im Landesindex der Konsumentenpreise erfasst werden. Aber bereits bis zum Sommer wird die Teuerung in Folge gesunkener Energiepreise unter 2 Prozent fallen. Aufgrund des Energiemix und des hohen Anteils an administrierten Preisen im Konsumentenpreisindex wird aber der Inflationsrückgang gedämpfter ausfallen als in der Eurozone. Die Jahresinflation sehen wir mit 2 Prozent an der oberen Grenze der Zielinflation der Schweizerischen Nationalbank (SNB).

Entwicklung der Hypothekarzinsen seit 1990

(Grafik: Zürcher Kantonalbank)

Die Notenbanken rund um den Globus haben als Reaktion auf die höchsten Inflationsraten seit über 40 Jahren ihre Leitzinsen im vergangenen Jahr rasch und markant erhöht. So hat die SNB bekanntlich die knapp achtjährige Negativzinspolitik beendet und innerhalb eines halben Jahres ihren Leitzins um 1,75 Prozent auf 1,0 Prozent angehoben. Zuletzt haben insbesondere die US-Notenbank sowie die Europäische Zentralbank nochmals klar festgehalten, dass die Preisstabilität weiterhin oberste Priorität geniesst und in den kommenden Monaten weitere Zinserhöhungen folgen werden. Dies verschafft auch der SNB den nötigen Spielraum, ihren Leitzins weiter anzuheben. So erwarten wir einen weiteren Zinsschritt der SNB im März 2023 von 50 Basispunkten auf dannzumal 1,5 Prozent. Auch viele Finanzmarktteilnehmer erwarten weitere Zinserhöhungen und entsprechend sind die langfristigen Zinsen gegen Ende des letzten Jahres weiter angestiegen. Mit einer abnehmenden Konjunkturdynamik ist unserer Ansicht nach das Anstiegspotenzial indes beschränkt. Wir rechnen mit seitwärts tendierenden langfristigen Kapitalmarktzinsen. Die Hypothekarmarktzinsen sind an das Zinsniveau des Kapitalmarkts gekoppelt und dürften auf dem aktuellen Niveau verharren.