Beim Berufseinstieg eine gute Balance zwischen Einsatz und Abgrenzung finden
Junge Talente stehen erst am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn. Sie verfügen deshalb weder über viel Praxiserfahrung, noch können sie beeindruckende berufliche Erfolge vorweisen. Zugleich sind sie voller Energie und Eifer, bereit, ihre eigenen Ideen einzubringen. Doch wie schafft eine motivierte Berufseinsteigerin oder ein motivierter Berufseinsteiger eine gute Balance zwischen Einsatz und Abgrenzung? Daniel Alig, Teamleiter Nachwuchs bei der Zürcher Kantonalbank, gibt Tipps.
Text: Mirjam Arn, Employer Branding Manager / Bild: Simon Baumann
Herr Alig, hat ein junges Talent bei der Zürcher Kantonalbank bereits Verantwortung – und wie kann es diese wahrnehmen?
Unsere Ausbildungsangebote sind gezielt so aufgebaut, dass Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger frühzeitig Verantwortung übernehmen und aktiv am Tagesgeschäft teilhaben. Ihnen werden von Beginn an Aufgaben und Projekte übertragen, die sie eigenständig oder im Team bewältigen können. Ein Beispiel: Unsere KV-Lernenden sind – nach einer vierwöchigen Grundausbildung – in einer unserer Kundenhallen oder in unserer Direktbank im Einsatz. Dort können sie ihr erlerntes Wissen direkt bei Kundinnen und Kunden anwenden und praktische Erfahrungen sammeln. Über die gesamte Lehrzeit können sie ihr fachliches Know-how erweitern, anspruchsvollere Kundengespräche und somit eben auch mehr Verantwortung übernehmen. Dadurch steigt auch ihre Fähigkeit, komplexere Probleme zu lösen und eigenverantwortlich zu handeln.
Wo und wie werden jene Talente darüber hinaus einbezogen?
Sie können bei diversen Anlässen und Workshops mitwirken – gerade aktuell wäre das zum Beispiel zum Thema «Benefits für junge Talente»: Was spricht diese Menschen an? Mit welchen Benefits überzeugen wir? Da sind wir auf Inputs und Ideen von Auszubildenden angewiesen. Wir beziehen junge Talente auch bei Kampagnen des Jugendmarketings oder Social Media ein, um nahe an der Zielgruppe zu sein. Unsere Auszubildenden sind zudem als Markenbotschafter an Berufs- und Hochschulmessen, Mittelschulen oder Elternabenden im Einsatz.
Wie kann sich der junge Mensch abgrenzen?
Ein einfaches «Nein» zu Aufgaben fällt auch erfahrenen Mitarbeitenden nicht immer leicht. Indem sie aber ihre jeweiligen Grenzen kennen und diese kommunizieren, schaffen sie häufig eine Arbeitsumgebung, in der sie ihr volles Potenzial entfalten können. Mein Rat: Gut begründen, warum eine Aufgabe nicht ausgeführt werden kann. Fühlt sich jemand hier und da unsicher, bietet es sich an, bei einem anderen Auszubildenden um Rat zu bitten oder das Gespräch mit Vorgesetzten zu suchen. In den folgenden Fällen ist es jedenfalls völlig legitim, eine Aufgabe abzulehnen oder das Gespräch zu suchen:
Übermässige Arbeitsbelastung – Wer findet, zu viele Aufgaben zu erhalten, so dass die zeitlichen oder fachlichen Kapazitäten überansprucht sind, sollte klar sagen, bereits mit anderen Aufgaben beschäftigt zu sein und deshalb Hilfe zu benötigen.
Unethisches Verhalten – Wer mit Aufgaben oder Anforderungen konfrontiert wird, die den eigenen ethischen Grundsätzen widersprechen, sollte nicht zögern, seine Bedenken zu äussern.
Ausserhalb des Zuständigkeitsbereichs – Es ist in Ordnung, «Nein» zu sagen, wenn Aufgaben übertragen werden, die nicht zum Verantwortungsbereich gehören. Gelegentliches Kaffeeholen oder die Geschirrspülmaschine einräumen, sind als zusätzliches Ämtli aber okay, sofern sich alle im Team daran beteiligen.
Fehlende Kenntnisse – Hat jemand das Gefühl, nicht die erforderlichen Fähigkeiten oder Kenntnisse zu besitzen, um eine bestimmte Aufgabe erfolgreich zu erledigen, sollten dies dem Vorgesetzten mitgeteilt werden.
Sie arbeiten selbst eng mit Auszubildenden im Team zusammen. Wie motivieren Sie diese, sich einzubringen?
Wir bieten regelmässig die Möglichkeit, Feedback zu geben und nutzen Kommunikationskanäle, in denen alle Mitarbeitenden ihre Anliegen und Vorschläge äussern können. In meinem Team sind Auszubildende ein fester Bestandteil – so haben wir für unsere Ideen immer einen unmittelbaren 1:1-Check mit unserer Zielgruppe. Indem wir ihre Beiträge wertschätzen und sie aktiv ins Tagesgeschäft einbeziehen, stärken wir ihr Selbstvertrauen – und ermutigen sie, auch weiterhin ihre Meinung zu sagen.
Welche drei Tipps würden Sie Lernenden mit auf den Weg geben, die heute noch zögern, sich einzubringen?
- 1 Mutig sein: Nur was ausgesprochen wird, kann sich auch verändern. Sich daran erinnern, dass man wegen der richtigen Qualitäten und Fähigkeiten eingestellt worden ist. Auf das eigene Wissen und die Kompetenz vertrauen. Wer an sich glaubt, ist selbstbewusster und mutiger.
- 2 Üben, üben, üben: Ausprobieren, wie es ist, sich einzubringen. Es kann herausfordernd sein, direkt mit grossen und kontroversen Themen einzusteigen. Es empfielt sich stattdessen, mit kleineren Beiträgen und Fragestellungen zu beginnen. Ebenso, Gedanken in informellen Gesprächen oder während Teammeetings mitzuteilen. Jeder Beitrag zählt, sie oder er wird merken, dass andere die jeweiligen Beiträge wertschätzen und ernst nehmen.
- 3 Gegencheck machen: Es hilft ungemein, Kollegen oder Vorgesetzte zu finden, die eine offene und unterstützende Einstellung haben. Und andere Berufseinsteiger machen ähnliche Erfahrungen wie man selbst. Auch diese Personen können Rückhalt geben und dazu ermutigen, sich einzubringen
Inwiefern haben Sie Meinungen oder Ideen von Auszubildenden schon einmal weitergebracht?
Durch andere Meinungen und Ideen erhalte ich stets neue Perspektiven und bin über Trends und neueste Technologien bestens informiert. Auszubildende im Team tragen dazu bei, ein vielfältiges Bild von jungen Menschen zu vermitteln. Damit bleiben wir am Puls unserer Zielgruppe und verstehen, was sie motiviert. Das bringt uns alle weiter.
Welche Bezugspersonen haben Auszubildende bei der Zürcher Kantonalbank?
In unserem Betreuungssystem hat beispielsweise jede und jeder Lernende mindestens drei Ansprechpersonen. Die Auszubildenden und deren Eltern lernen zudem die Mentoren noch vor Lehrstart kennen. So bleibt genügend Zeit, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Dadurch fällt es später einfacher, auch schwierige Themen anzusprechen. Durch regelmässige Austauschgespräche können wir mögliche Herausforderungen frühzeitig erkennen.
Wie geht die Zürcher Kantonalbank mit Konflikten unter Ausbildern und Auszubildenden um?
Probleme treten erst dann auf, wenn wir Konflikte ignorieren oder nicht frühzeitig ansprechen. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist dann irgendwann nicht mehr möglich. Zuallererst: Wir nehmen jede Rückmeldung ernst. Mit allen Beteiligten versuchen wir dann herauszufinden, worum es bei dem Konflikt wirklich geht und welche Wünsche und Bedürfnisse bestehen. Dank unseres Betreuungsmodells mit mehreren Ansprechpersonen können wir immer auch verschiedene Sichtweisen einbeziehen. Oftmals ziehen wir auch die Eltern hinzu. Auf sachlicher Ebene versuchen wir dann – natürlich im Beisein der Auszubildenden oder des Auszubildenden – eine Lösung zu finden, die die Bedürfnisse aller Parteien berücksichtigt.
Auf was legt die Zürcher Kantonalbank besonderen Wert bei der Zusammenarbeit der Mitarbeitenden?
Wir arbeiten in einer offenen und inklusiven Arbeitskultur, in der jede und jeder, unabhängig vom Erfahrungsniveau, gehört und geschätzt wird. Unsere Werte «verantwortungsvoll, leidenschaftlich und impulsgebend» prägen stark, wie wir miteinander umgehen und kommunizieren. Wir erwarten, dass man sich konstruktiv weiterhilft. Unsere Führungsphilosophie «Performance & Entwicklung» setzt auf den regelmässigen Dialog und die persönliche Entwicklung. Es ist uns wichtig, neugierig zu sein, stets lernbereit zu bleiben und Bestehendes zu hinterfragen.
«Wie sich einbringen?
Der richtige Zeitpunkt und Ort: Es ist darauf zu achten, einen passenden Rahmen für das Gespräch zu finden, bei dem alle Beteiligten aufmerksam sind und es genügend Zeit gibt, um sich auszutauschen.
Klar und präzise: Die eigene Meinung sollte stets so klar und präzise wie möglich formuliert werden. Vage Aussagen sind zu vermeiden, Gedanken dafür deutlich auf den Punkt zu bringen.
Respektvoll und konstruktiv: Die Meinung sollte immer in einem respektvollen und konstruktiven Ton geäussert werden. Persönliche Angriffe oder herablassende Kommentare sind zu unterlassen. Sachlich bleiben, Ich-Botschaften verwenden.
Meinung begründen: Gründe oder Beispiele unterstützen die eigene Meinung. So ist anderen jeweils geholfen, die jeweilige Perspektive besser nachzuvollziehen – auch eine konstruktive Diskussion wird so erleichtert.
Aktiv zuhören: Offen für andere Standpunkte bleiben und aktiv zuhören, wenn andere darauf reagieren. Interesse an anderen Ansichten zeigen und bereit sein, die eigene Meinung anzupassen, falls neue Informationen oder Argumente vorgebracht werden.