«Mein Motto: Keep working even if no one is watching»
Die 17-jährige Francesca La Rocca macht ihre Lehre bei der Zürcher Kantonalbank – und spielt gleichzeitig als Verteidigerin beim Grasshopper Club Zürich (GCZ). Denn: Mit dem 2022 ins Leben gerufenen Programm «Lehre +Sport» bietet die Zürcher Kantonalbank jungen Sporttalenten die Möglichkeit, berufliche Ausbildung und Leistungssport erfolgreich zu verbinden. Im Interview erzählt Francesca, wie sie ihre Leidenschaft für den Fussball entdeckte, wie sie den Spagat zwischen Lehre und Leistungssport meistert und wie sie die Zürcher Kantonalbank dabei unterstützt.
Text: Mirjam Arn
Francesca, du bist 17, arbeitest nicht nur bei der ZKB, sondern spielst auch bei GCZ. Wie hat alles angefangen?
Schon als kleines Kind hat mich der Fussball begeistert. Mein Vater war selbst leidenschaftlicher Fussballfan und hat diese Begeisterung an mich weitergegeben. Er war damals Juniorentrainer, und ich durfte ihn häufig zu Spielen begleiten. Mit ungefähr sechs Jahren stand ich das erste Mal selbst auf dem Rasen – einfach nur zum Spass. Im Dorf habe ich viel mit meinen Freunden gespielt, und mit sieben oder acht Jahren trat ich dann dem lokalen Verein bei, dort war mein Vater als Trainer aktiv.
Wann wurde aus dem Hobby Fussball für dich ein Leistungssport?
Mit etwa zehn Jahren begann ich, es ernster zu nehmen, etwa von da an wurde der Fussball zu meinem Leistungssport. Seitdem trainiere ich mit dem Ziel, das Beste aus mir rauszuholen. Die Freude am Spiel hat mich immer motiviert, mehr zu investieren und auf einem höheren Niveau zu spielen.
Hast du auch andere Sportarten ausprobiert?
Ja, doch keine hat mir so viel Freude und Energie gegeben wie Fussball. Es ist der einzige Sport, bei dem ich mich voll entfalten kann. Fussball ist für mich mehr als nur ein Sport. Es ist Leidenschaft, Lebensfreude und der Weg, den ich gehen möchte. Mein Traum ist es, Fussball irgendwann zu meinem Beruf zu machen – und ich arbeite jeden Tag daran, diesem Ziel näher zu kommen.
Wie sieht dein Alltag mit Lehre, Leistungssport und Freizeit genau aus?
Mein Alltag ist ziemlich vollgepackt, und mein wöchentlicher Aufwand für Fussball beträchtlich: Ich trainiere sechs Mal pro Woche. Die Trainings dauern jeweils zwei Stunden, und am Wochenende habe ich meistens noch ein Spiel. Hinzu kommen Auslandsturniere und Trainingslager, die ebenfalls Zeit erfordern. Freizeit bleibt da nicht viel. Wenn ich eine Superkraft hätte, die mich bei meiner Ausbildung und dem Sport hilft, wäre das ganz klar «Teleportieren», denn der Aufwand, um zu Trainings und dann wieder zur Arbeit zu fahren, ist fast aufwendiger als das Training selbst (lacht).
Wie schaffst du es, alles unter einen Hut zu bringen – ohne Superkraft?
Es ist herausfordernd, aber zum Glück unterstützt mich die ZKB in allen Belangen. Ein Teil der Trainingszeit wird als Arbeitszeit angerechnet. Für Trainingswochen oder Auslandspiele bietet mir die ZKB die Möglichkeit, unbezahlten Urlaub zu beziehen. Zudem werde ich in der Berufsschule vom Sport dispensiert. Es geht viel um Planung und Selbstdisziplin, insbesondere, um die Zeit richtig einzuteilen.
Und mit der Berufsschule ist das kein Problem?
Während Trainingslagern oder Auslandspielen wird die Berufsschule um eine Dispensation angefragt. Den verpassten Schulstoff muss ich eigenständig nachholen.
Mehr zum Programm Lehre +Sport
Unser 2022 ins Leben gerufene Programm «Lehre +Sport» bietet jungen Sporttalenten die Möglichkeit, berufliche Ausbildung und Leistungssport erfolgreich zu verbinden. Flexible Arbeitszeiten, individuell angepasste Unterstützung und zusätzliche Leistungen schaffen ideale Rahmenbedingungen. Das bedeutet, während der Lehrzeit gewähren wir flexible Arbeitszeiten, damit regelmässige Trainingseinheiten möglich bleiben. Zusätzlich fördern wir Sprachaufenthalte in QV-relevanten Sprachen und ermöglichen den Lernenden an Trainingslagern oder Meisterschaftsspielen teilzunehmen.
Die zur Verfügung gestellten Stunden passen wir individuell an Sportart, Wohn-, Einsatz- und Trainingsort an. Unsere Lernenden «Lehre +Sport» erhalten die gleiche hochwertige Betreuung wie alle unsere Lernenden: Sie werden von Praxisausbildenden und Mentorinnen oder Mentoren unterstützt. Die Aufnahme ins Programm basiert auf den nationalen Standards von Swiss Olympics und dem Bundesamt für Sport. Voraussetzung ist eine Swiss Olympic Talent-Card oder ein Vereins-Leistungsnachweis.
Mit über 400 Auszubildenden bei mehr als 6'400 Mitarbeitenden setzt die Zürcher Kantonalbank ein starkes Zeichen für die Nachwuchsförderung. Aktuell nutzen bereits über 20 Lernende und Praktikanten das einzigartige Sprungbrett in die Sportwelt. Gleichzeitig stärken wir den Breitensport in seiner ganzen Vielfalt und fördern Gesundheit sowie Persönlichkeit und Belastungsfähigkeit der Teilnehmenden.
Hast du ein Motto, das dich bei dieser intensiven Doppelbelastung motiviert?
«Keep working even when no one is watching» – es bedeutet, sich selbst zu motivieren und diszipliniert an seinen Zielen zu arbeiten, auch wenn gerade niemand einen antreibt oder kontrolliert. Das hilft mir, auch in stressigen Momenten fokussiert zu bleiben. Diese Erfahrung gilt aber nicht nur im Sport, sondern in allen Lebensbereichen: Es ist leicht, sich anzustrengen, wenn andere zuschauen, aber echte Stärke zeigt sich, wenn man auch dann alles gibt, wenn niemand hinsieht.
Wie sieht ein freier Tag bei dir aus?
Ehrlich gesagt, meistens sehr entspannt und unspektakulär. Wenn kein Match ansteht, nutze ich die Zeit zum Ausruhen. Manchmal schlafe ich länger oder schaue Netflix. Das tut gut, besonders nach einer stressigen Woche.
Wie war für dich der Übergang von der Sekundarschule in die Lehre?
Der Übergang war nicht einfach. Die Arbeitszeiten sind viel länger als in der Schule, und auch das Lernpensum ist intensiver. Im ersten Lehrjahr musste ich mich erst an die neuen Anforderungen gewöhnen und lernen, meine Zeit gut einzuteilen und Prioritäten zu setzen. Anfangs hatte ich Mühe, nach dem Training noch zu lernen, und ich hatte häufig wenig Schlaf. Aber mit der Zeit habe ich einen guten Rhythmus gefunden und gelernt, meine Zeit besser zu managen. Dabei waren meine Betreuungspersonen bei der ZKB eine grosse Stütze. Sie standen mit Rat und Tat zur Seite, haben mich unterstützt und sich auch aktiv bei mir gemeldet, um nachzufragen, ob ich Hilfe brauche oder wie es mir geht. Das hat mir sehr geholfen, den Übergang zu meistern und mich in meinem neuen Alltag zurechtzufinden.
Warum hast du dich für eine KV-Lehre entschieden?
Die Arbeit im Büro hat mich schon immer interessiert. Bereits in der Schule habe ich gemerkt, dass dieser Weg gut zu mir passt. Ich durfte auch schon beim Schnupperparcours KV Branche Bank der ZKB mithelfen, als ich im 1. Lehrjahr die Kundenhalle präsentiert habe. Es macht mir Freude, mein Wissen weiterzugeben und Schülerinnen und Schüler bei ihrer Berufsentscheidung zu unterstützen, so wie ich damals Hilfe bekommen habe.
Was gefällt dir an deiner Lehre bei der ZKB besonders?
Am meisten schätze ich die Offenheit und die Flexibilität, die mir die ZKB bietet – das ist wirklich aussergewöhnlich. Auch die Akzeptanz in den Abteilungen und bei anderen Lernenden ist sehr gross. Ich kann meine berufliche Ausbildung mit dem Leistungssport kombinieren und erhalte dafür sehr viel Unterstützung. Diese Balance hätte ich nicht erwartet, und ich bin dankbar, dass ich so meine beiden Ziele miteinander verbinden kann. Mein Wochenpensum aus Lehre und dem Fussball ist hoch, aber ich schätze die Abwechslung und die Möglichkeit, neben meiner Sportkarriere eine gute berufliche Grundlage aufzubauen.
Wie hilft dir die Erfahrung aus dem Fussball im Berufsalltag?
Viele Fähigkeiten kann ich auch in meiner Lehre anwenden. Mir wird oft gesagt, dass ich sehr teamfähig und offen bin – wahrscheinlich, weil ich es gewohnt bin, viel Zeit mit meiner Mannschaft zu verbringen und mich auf andere einzustellen. Auch bei der Arbeit merke ich, wie wertvoll diese Erfahrung ist. Ich kann gut mit anderen kommunizieren, Aufgaben selbstständig erledigen und Verantwortung übernehmen. Ich habe gelernt, wie wichtig gute Kommunikation und Zusammenhalt sind. Ob auf dem Spielfeld oder im Büro: Erfolg ist immer Teamarbeit.
Und umgekehrt, inwiefern nützen dir deine Erfahrungen aus dem Berufsalltag im Sport?
Meine Erfahrungen aus dem Berufsalltag helfen mir im Sport vor allem in zwei Bereichen: Selbstständigkeit und Eigenantrieb. Im Fussball, einem Teamsport, bist du ausserhalb des Trainings auf dich allein gestellt und musst eigenständig an dir arbeiten. Genauso wie im Beruf, wo Eigeninitiative entscheidend ist, um weiterzukommen. Beide Bereiche erfordern Disziplin und Zielstrebigkeit, die sich gegenseitig stärken.
Was war bisher deine spannendste Erfahrung im Sport oder in deiner Ausbildung?
Das war definitiv, als ich in den Kader der Nationalmannschaft aufgenommen wurde. Es war ein unglaubliches Gefühl, als ich zum ersten Mal für die Nationalmannschaft spielen durfte – all die harte Arbeit und die vielen Trainingseinheiten haben sich ausgezahlt. Wegen einer Kreuzbandverletzung musste ich jedoch pausieren, hoffe aber sehr, in Zukunft wieder für die Nationalmannschaft spielen zu können. Ausserdem war mein zweiwöchiger Sprachaufenthalt in Nizza eine spannende Erfahrung. Dabei durfte ich mit der dortigen Frauenfussball-Mannschaft trainieren. Die Kombination aus Fussball und Sprachaufenthalt war eine wunderbare Gelegenheit, mich weiterzuentwickeln und neue Perspektiven zu gewinnen. Es war nicht nur sportlich herausfordernd, sondern auch eine grossartige Gelegenheit, meine Französischkenntnisse zu verbessern und mich mit internationalen Spielerinnen zu messen. Zu Beginn war das Training in Französisch zwar eine grosse Herausforderung, doch mit der Zeit habe ich mich immer besser zurechtgefunden.
Hast du bestimmte Rituale oder Gewohnheiten, die dir helfen, dich auf deine sportlichen Herausforderungen vorzubereiten?
Vor jedem Match esse ich immer dasselbe: Pasta mit Erbsen (lacht). Das ist schon immer so, seit ich klein bin. Mein Vater hat das immer für mich gekocht, wenn ich früher einen Match hatte. Es mag ein bisschen abergläubisch sein, aber es gibt mir einfach Sicherheit und Selbstbewusstsein. Es ist lecker, nährstoffreich und gibt mir die Energie, die ich brauche. Auch wenn das Spiel morgens stattfindet, halte ich daran fest – es fühlt sich einfach richtig an.
Wo siehst du dich beruflich und sportlich in zehn Jahren? Was ist dein Wunsch-Szenario?
In zehn Jahren sehe ich mich definitiv als Berufsfussballerin, das ist mein grosses Ziel. Der Weg dorthin ist noch lang, aber ich arbeite hart und setze mir konkrete Ziele. Im Moment möchte ich auf jeden Fall in einem professionellen Team in Deutschland oder Österreich spielen, da diese Ligen für Frauenfussball immer stärker werden. Der Frauenfussball hat sich in den letzten Jahren enorm entwickelt, und es gibt immer mehr Möglichkeiten. Doch anders als bei den Männern ist es für Frauen immer noch schwierig, von diesem Sport zu leben.
Gibt es einen Plan B?
Ich überlege, in den USA zu studieren und ein Sportstipendium zu bekommen. Das würde mir auch die Möglichkeit geben, mich weiter sportlich wie auch beruflich zu entwickeln. Aber mein Fokus bleibt klar auf dem Fussball.
Hast du einen Rat an andere Lernende, die aktiv einen Leistungssport ausüben?
Habe Geduld und arbeite diszipliniert an deinen Zielen – von nichts kommt nichts. Du musst bereits sein, dir deinen Erfolg zu erarbeiten. Es erfordert viel Selbstdisziplin, sich immer wieder selbst zu pushen. Wichtig ist auch zu verstehen, dass viele Faktoren deinen Weg beeinflussen können: Ernährung, Regeneration, Training. Und auch ein wenig Glück spielt eine Rolle. Es kann dauern, bis du die Chance bekommst, dich zu beweisen, sei es im Verein oder auf einem grösseren Level wie der Nationalmannschaft. Aber wenn dieser Moment kommt, musst du ihn nutzen. Überlege nicht, ob jemand anderes spielen wollte oder ob die Umstände perfekt sind. Wer seine Ziele erreichen will, muss Chancen erkennen und sie mit voller Überzeugung ergreifen.