«Traumposition plus eben»

Ich bin Anja Hochberg, Leiterin Multi Asset Solutions bei der Zürcher Kantonalbank. Ich habe vier Wochen lang das hausinterne Programm Driver Seat absolviert. Das ist meine Bilanz.

Text: Markus Wanderl / Bilder: Lea Meienberg

Anja Hochberg

Traumposition (plus)

Die vier Wochen waren für mich Traumposition plus (lächelt). Weil: Vieles aus meinem eigentlichen Job habe ich im Driver Seat wiedergefunden. Aus dem Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen – dies häufig von Angesicht zu Angesicht –, ergab sich immer auch die Möglichkeit, gestalten zu können. Motiviert gemeinsam an einer Sache zu arbeiten, ist das, was mir am meisten Spass macht, Freude bereitet. In meinem aktuellen Job als Leiterin Multi Asset Solutions geschieht dies innerhalb eines kleineren, jedoch nicht kleinen Rahmens, im Driver Seat war es für das gesamte Asset Management der Zürcher Kantonalbank.

Vor- und Nachteil

Was ich im Driver Seat weniger hatte, war die intensive Auseinandersetzung mit den Finanzmärkten im Allgemeinen und die Diskussionen mit den Kundinnen und Kunden im Besonderen; das habe ich jeweils auch vermisst. Und nun ja, aufgrund der prall gefüllten Agenda hatte es auch weniger Raum für spontane Meetings. Doch die speziell neuen Aufgaben im Driver Seat und das breitere Aufgabenspektrum waren sehr reizvoll und haben es wie ausgeglichen: Traumposition plus eben.
 

Der Driver Seat – kurz erklärt

Die Zürcher Kantonalbank ist sich ihrer Verantwortung als Arbeitgeberin bewusst. Sie sieht in der stärkeren Durchmischung der Geschlechter in Führungspositionen einen Erfolgsfaktor für die Zukunft. Mit der Massnahme Driver Seat, die 2022 in der ganzen Bank umgesetzt wird, entsteht eine neue Möglichkeit für Frauen, einen Monat lang Führungsluft zu schnuppern. Der Driver Seat richtet sich insbesondere an Frauen, die in den nächsten 2 bis 3 Jahren eine (nächsthöhere) Führungsfunktion übernehmen möchten. Ziele sind, den Frauen einen Einblick in die Führungswelt zu geben, sie zu ermutigen, einen Schritt weiterzugehen und sich sichtbarer zu machen. 109 Frauen profitieren von dieser Massnahme. Die Weiterführung der Massnahme in der Zürcher Kantonalbank wird derzeit diskutiert.

Wie es zustande gekommen ist

Kurz ausgeholt: Wir hatten uns in den vergangenen zwölf Monaten ohnehin Gedanken darüber gemacht, wie wir mit dem Thema Diversität im Asset Management umgehen wollen. Die Frauenquote im Asset Management und besonders in der Führung ist deutlich niedriger als in der Gesamtbank – und übrigens auch niedriger im Vergleich zu anderen Asset-Management-Unternehmen. Wir hörten dann vom Driver Seat und sahen ihn sofort als einen willkommenen Teil unserer eigenen Strategie an, Frauen weiter voranzubringen. Es passte wunderbar.

Erfahrungsschatz – Truhe geöffnet

Ich habe an anderem Ort in anderer Rolle über 200 Mitarbeitende geführt – das ist Rüstzeug, doch ist es organisationsspezifisch. Um erfolgreich zu sein, musste ich diese Skills in die Kultur der Zürcher Kantonalbank überführen. Scheint bislang – mit der Unterstützung meiner Kolleginnen und Kollegen – wohl geglückt zu sein (lächelt). Was ich durch den Driver Seat der Truhe hinzugefügt habe, ist: Es ist natürlich noch einmal etwas anderes, in einer täglichen Interaktion mit einem Mitglied der Generaldirektion zu sein. Später noch mehr dazu.

Gute Führung – so geht's

Ich vertraue Menschen und entwickle sie gern weiter. Doch es zählt nicht allein, Einzelpersonen voranzubringen, sondern das Team: Ich sehe mich als coachenden Teamleader, bin aufgefordert, mein Team stets abzuholen und mitzunehmen. Ich bin überzeugt: So interpretiert kann gute Führung zustande kommen. Doch ich muss auch kontrollieren: Mein 19-köpfiges Team managt aktuell 40 Milliarden Franken. Was ist die richtige Balance zwischen Kontinuität und Innovation? Diese Frage haben Führungskräfte immer wieder aufs Neue zu beantworten.

Unsere Kultur

Das Wunderbare an unserer Bank ist etwa, dass wir die Dinge immer gemeinsam voranbringen wollen. Ich kenne im Hause niemanden, der nicht dafür bereit wäre, sich für noch bessere Lösungen einzusetzen.

Was Kontrolle erträglich macht

Das gemeinsame Bewusstsein, dass sie notwendig ist. Und dann: Wie gehe ich im Fall des Falles mit Fehlern um? Gibt es eine offene Fehlerkultur, bei der die Leute zu mir kommen, bevor ich es herausfinde? Und wie können wir dann daraus lernen? Übrigens: Um aus Fehlern zu lernen, ist für mich hierbei immer eine sachliche und emotionsarme Diskussion wichtig. Auch in der Familie ist eine Stimmung, in der alle auf 180 sind, ein für ein Feedback nicht angemessener Zeitpunkt (lacht).

Die besondere Herausforderung

War, dass ich meinen eigentlichen Job nicht loslassen konnte. Die Finanzmärkte waren sehr angespannt zu jener Zeit, die Aktienmärkte haben stark korrigiert – da konnte ich mich nicht einfach vier Wochen lang ausklinken. Ich habe zwar ein fantastisches Team, das es auch höchst professionell regelt, wenn ich etwa in den Ferien bin, doch immer auf dem Laufenden zu sein, ist schlicht meine Leidenschaft und mein Eigeninteresse – ich begegne der Kundin oder dem Kunden zeitnah wieder. Ich blieb wohl zu 30 Prozent in meinem eigentlichen Team involviert.

Die besondere Herausforderung II – Iwan Deplazes und ich

Wie es auch im Vorhinein gedacht war: Iwan Deplazes, Leiter Asset Management bei der Zürcher Kantonalbank, hat mich sehr frei unterwegs sein lassen, wir hatten einmal die Woche ein Bila; bei GD-relevanten Entscheidungen oder Anträgen ans Bankpräsidium haben wir uns dann darüber hinaus schnell zusammengefunden, doch weil es ohnehin meinem Arbeitsstil entspricht, andere abzuholen, habe ich das als absolut normal empfunden.

Der besondere Dank

Geht auch an Viviane Egli, eigentlich Iwans Assistentin, die mich in jenen vier Wochen so wunderbar unterstützt hat, wie sie es sonst an Iwans Seite tut. Und natürlich an mein Team.

Was ich mitnehmen konnte

Die Bestätigung, dass ich wie seit eh und je Lust habe auf Neues. Die Bestätigung, dass ich gern führe. Die Bestätigung, dass in der Position, die ich an Iwans Stelle innehatte, Informationen noch einmal ganz anders zu verdichten sind – und gleichzeitig lässt sich in dieser Position doch mehr in der Breite bewegen. Auf dieser breiteren Klaviatur zu spielen, geht mit der Möglichkeit einher, aus dem eigenen Silo herausschauen und viele neue Dinge lernen zu können.

Primus inter Pares

Die Beziehung zu meinen Peers hat sich nochmals intensiviert, weil ich in den vier Wochen nicht nur in einer anderen Funktion mit ihnen gesprochen habe, sondern auch andere Einblicke hatte; der Driver Seat hat mir ein noch besseres Verständnis davon gegeben, was die Kolleginnen und Kollegen tun – und ich weiss nun auch noch einmal mehr über die Organisation.

Was ich konkret umsetzte

In der Rolle als Leiterin des Asset Managements habe ich es mit einem noch höheren operationellen Risiko zu tun – unter der Aufsicht der Finma sind rund 200 Milliarden Franken zu verwalten –, und so wurde ich viel vom Tagesgeschäft beansprucht; das ist implizit. Eigene Spuren sind etwa diese: Mit einer Gruppe von Talenten habe ich die Diskussion aufgenommen, wie wir im Asset Management Talente noch spezifischer fördern und sichtbarer machen können, dies über unsere grossartigen bankeigenen Förderprogramme hinaus. Daraus entsteht nun eine Projektgruppe. So etwas haben wir in der Form bisher noch nicht gemacht – ich bin sehr auf die Umsetzung 2023 gespannt.

Wie die Bank am besten kennenzulernen ist

Durch Engagement.

Auftakt – ich bin da

Folgende Fragen trieben mich um: Was wird von mir genau erwartet? Wie gehe ich in dieser neuen Rolle mit anderem Druck um? Bei jedem kleinen Issue zum Chef zu laufen und zu fragen: Wie soll ich das jetzt machen? – das konnte ja nun wirklich nicht Sinn und Zweck der Übung sein. So gesagt: Es gab mehrere Ebenen, die zu betrachten interessant waren: Wie werde ich wahrgenommen, wie Iwan und ich? Wie klappt es mit den Kolleginnen und Kollegen, die sonst auf derselben Ebene sind und deren Chefin ich nun war? Wie geht die Organisation mit mir als Driver-Seat-Nehmerin um? Und wie funktioniere ich mit meinem Chef im Driver Seat? Dem GD-Mitglied Stephanino Isele.

Nächsthöheres Level – konkret

Das ist noch einmal ein besonderes Anspruchsniveau in Bilas und Führungssitzungen, und ich hatte schon auch das Gefühl, dass ich zu beweisen hatte, ob ich das kann. Gewisse Tests gab es, etwa wenn ich spontane Calls erhielt und mich präzise zu diesem und jenem zu äussern hatte – vielleicht hätte es bis zum Bila Zeit gehabt. Da bin ich, glaube ich, schon akkurat und akribisch unterwegs gewesen. Da hat sich die langjährige Führung einfach bezahlt gemacht. Ich weiss, wie ich in ein hochbesetztes Meeting reinzugehen habe, wie ich Informationen zu sammeln und sie zu verdichten habe. Ich wollte von Beginn an als gute Wahl wahrgenommen werden, die zu jedem Zeitpunkt die Situation zu überblicken in der Lage ist und Entscheidungen treffen kann. Für mich war insofern die wichtigste Erfolgskontrolle nicht, dass der Laden nicht auseinanderfliegt, sondern dass es als normal wahrgenommen wird, dass ich da bin.
 

Driver-Seat-Geber Iwan Deplaze sagt

Anja ist eine Powerfrau, wie sie mir noch selten über den Weg gelaufen ist… ausser vielleicht meine Ehefrau Monja … :-) Als das Driver Seat Angebot neu aufgesetzt wurde, war mir sofort klar, diese Chance müssen wir packen. Anja und ich waren uns rasch einig und wir mussten uns nur über den Startzeitpunkt unterhalten. Anja verfügte aufgrund ihrer bisherigen Asset-Management-Erfahrungen und als bisheriges Mitglied des Asset-Management-Führungsteams bereits über das notwendige Know-how. Deshalb war uns beiden wichtig, dass Anja so frei wie möglich agieren konnte. Anja hat diesen Freiraum dann auch voll genutzt und aktiv Impulse gesetzt.

Mein Fazit aus diesem Driver-Seat-Erlebnis: Auch wenn der Driver Seat zu partiellen Doppelbelastungen für das Umfeld führen kann, überwiegen die Vorteile der neuen Erfahrungen, die eine Person in einer höheren Führungsfunktion machen kann. Der Driver Seat hat sich als Erfolgskonzept bewährt und sollte daher allen talentierten Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt werden.

Führungskraft – coole Sache und hartes Los

Nur coole Sache.

Die besondere Begebenheit

Die Interaktion mit dem GD-Mitglied, mit Stephanino Isele. Das war schon sehr besonders, weil es mir etwa auch noch einmal erlaubt hat, einen anderen Einblick zu erhalten in die Gesamtbankstrategie.

Augenblick des Innehaltens

Da war eigentlich kein Innehalten, eher war es gesamthaft das gute Gefühl, mit diesem anderen Speed und den anderen Aufgaben viel Freude zu haben. Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass ich fast wieder ein bisschen näher an mich herangerückt bin. Weil ich fühlen durfte: Da gibt es noch mehr, was mir Spass macht. Ich bin mit meinem eigentlichen Aufgabenbereich rundherum zufrieden, habe sehr viel Freude. Doch diese lebenslange Lerngeschichte – kann ich sie fortschreiben? Ich kann! Ich will!

Berufsbild Fondsmanagerin – kurz beworben

Es ist kurzum die spannendste Aufgabe, die wir haben können. Finanzmärkte reflektieren die Komplexität der gesamten Welt; das ist Wirtschaft, das ist Politik, das ist menschliches Verhalten. Die Leistung ist sofort bewertbar und die eigene Performance sicht- und messbar. Und zum anderen: Es gibt ein relativ schnelles Feedback vom Kunden. Das alles zusammengenommen ist schon sehr motivierend.

Warum ich den Driver Seat empfehle

Er ist ein grossartiges Instrument, um Frauen gezielt zu fördern, sie sichtbarer zu machen. Ich finde es wichtig, ein Verständnis dafür in der Bank zu verankern, wie nötig eine diverse Kultur ist. Im Driver Seat aus einem anderen Blickwinkel heraus etwas zu betrachten, hilft auch in der angestammten Aufgabe weiter. Passt das persönliche Stärke-Schwächen-Profil auch in eine neue Führungsaufgabe – das herauszufinden gelingt mit dem Driver Seat. Auch lässt sich identifizieren, worin genau der Entwicklungsbedarf besteht. Ich zum Beispiel kann immer noch sehr viel über die Arbeit meiner Kollegen im Asset Management auf gleicher Führungsebene lernen. Mit Hilfe einer konkreten Rolle herauszufinden, was noch benötigt wird, um sie vollends auszufüllen – das kann eine ungeheure Motivation sein für Frauen.

Zukunftsmusik

Ich diskutiere mit Iwan Deplazes meinen Entwicklungsplan: Was wollen wir gemeinsam erreichen? Für mich ist sinnhaftes Arbeiten wichtig. Das kann ich hier. Deshalb bin ich zur Zürcher Kantonalbank gekommen. Ich habe auf meinen Stationen viel gesehen und möchte jetzt vor allem bei der weiteren erfolgreichen Entwicklung des Asset Managements unterstützen. Und wenn ich noch einmal anders als in der aktuellen Rolle helfen kann, das Asset Management für die Bank weiterzuentwickeln, dann stehe ich parat.

 

Über dieses Format

Dies ist die letzte Folge einer dreiteiligen Serie zum hausinternen Programm Driver Seat.