Sägen, hämmern, löten
Schon als Jugendliche faszinierte es sie, mit den Händen etwas Schönes zu gestalten. Vor einigen Jahren hat sie diese Leidenschaft in eine Handwerkskunst verwandelt und kreiert heute in der Freizeit beim Goldschmieden ihre persönlichen Schmuckstücke. Wir haben Ulla Knierriem, Architektin im Gebäudemanagement der Zürcher Kantonalbank, in ihrer kleinen Werkstatt besucht.
Text: Othmar Köchle, Bilder: Simon Baumann
Ulla Knierriem heisst uns in Benglen willkommen. Die Begrüssung ist herzlich, der Händedruck kräftig. Massive Ringe schmücken Hände, die uns mehr von Handwerk als von Nailstudios erzählen. Ulla bittet uns in den grosszügigen Wohnraum, der mit Geschmack und vielen persönlichen Kleinigkeiten eingerichtet ist. Hier verweilen wir aber nicht lange, sie führt uns geradewegs in ihr kleines Goldschmiede-Atelier; ihren Rückzugsort jenseits ihres Bankenalltags, den sie im Gebäudemanagement mit architektonischen Fragestellungen verbringt. Das Atelier ist ihre Herzensangelegenheit, ein Traum, den sie schon seit ihrer Kindheit hegt und den sie in den letzten Jahren wahr gemacht hat. Das Auge schweift über Arbeitsmuster, Notizen, angefangene Werkstücke, fertiggestellten Schmuck, schwere Maschinen, Draht, Silikon-Gussformen. Ganz klar: Hier wird regelmässig kreativ mit viel Herzblut gearbeitet.
Auf dem zweiten Bildungsweg zum Jugendtraum
Ulla Knierriem wuchs in der Nähe von Frankfurt am Main auf. «Ich war ein Kind, das immer schon gebastelt und gewerkelt hat. Kurz vor dem Abitur habe ich dann eine Ausbildung als Goldschmiedin in Betracht gezogen», erzählt sie uns. Doch es kam anders. Sie wurde Hochbauzeichnerin, später Architektin. 2008 führte ihr beruflicher Weg in die Schweiz. Das war ein Moment der Neu-Orientierung. Sie erinnerte sich an ihren Jugendtraum, besuchte einige Goldschmiede-/Schmuckkurse und schloss vor ein paar Jahren erfolgreich den Zertifikatslehrgang «CAS Schmuck» ab.
Gleichzeitig begann sie zuhause am Küchentisch auf einem Schneidebrett mit ersten Metallarbeiten. Hämmer, Lötbrenner, Gussschleuder, Schraubstöcke, Echappementfeilen, Bandschleifer, Poliertrommel, Spindelpresse und Metallsägen kamen nach und nach hinzu. Die Küche wurde definitiv zu klein, und abends immer alles wieder wegzuräumen, war auf Dauer kein Zustand. Ein Umzug nach Benglen war dann die Gelegenheit, sich in der Wohnung eine kleine Werkstatt einzurichten. Laute und staubige Arbeiten werden auf dem Balkon gemacht.
Die Ideen kommen oft nachts
Bis zu acht Stunden pro Woche und weitere Stunden am Wochenende verbringt sie neben ihrem regulären Job bei der Zürcher Kantonalbank mittlerweile in der Werkstatt und kreiert mit einer Vielfalt an Techniken Schmuckstücke aus verschiedendsten Werkstoffen. Ganz klassisch aus Silber oder anderen Edelmetallen, aber auch aus Papier, Holz oder Alufolie, die sie in verschiedenen Arbeitsschritten in kleine überraschende Kunstwerke verwandelt.
Ideen kommen oft nachts. «Ich kann dann in einem Flowzustand die Zeit in meinem Atelier vergessen und an der Werkbank an einem Stück arbeiten, bis die Idee in Metall gegossen, gehämmert, gefeilt und poliert als einzigartiges Schmuckstück vor mir liegt.» Wenn Ulla Knierriem ihre Werkzeuge erklärt und zeigt, wie aus dem Rohmaterial etwas Einzigartiges wird, wundert es nicht, wenn sie lachend gesteht: «Mir braucht man keinen Schmuck schenken. lieber eine hydraulische Presse.»
Mit unterschiedlichsten Techniken Ideen umsetzen
Sie zeigt uns, wie sie mit der grossen Presse gewalztes Metall zu Halbkugeln formt und dann mit einem Brenner zwei Halbkugeln zu einer metallenen Sphäre zusammenlötet. Wie sie mit Bandschleifer und Poliermaschine das Metall auf Hochglanz bringt. Wie sie mit dem Hammer ganz unterschiedliche Oberflächen produzieren kann. Wie sie emailiert, Wie sie aus gezeichneten Vorlagen, Schablonen macht und damit wiederum Motive ins Metall stanzt. Nur die Fantasie der Handwerkerin setzt Grenzen. Immer findet sie eine Technik, um neue Kreationen zu verwirklichen.
UK - die eigene Punze
Letztes Jahr hat sie sich ihren eigenen Metallstempel geleistet; die sogenannte Verantwortlichkeitsmarke. «Meine Punze ist offiziell eingetragen, ein Metallstempel mit meinen Initialen. Sie bürgt für die Echtheit und den angegebenen Reinheitsgrad des Metalls», sagt sie nicht ohne Stolz. Auch in hundert Jahren wird man anhand der eingetragenen Punze noch nachvollziehen können, wer die begabte und leidenschaftliche Goldschmiedin war, die damals die Punze in das weiche Metall hämmerte. UK - Ulla Knierriem.
Schmuck von Ulla Knierriem
Das Goldschmieden soll ein Hobby bleiben. Klassische Auftragsarbeiten bietet Ulla Knierriem nicht an. Meist produziert sie Schmuckstücke für sich oder als Geschenke für Freunde, Verwandte und Bekannte. Trotzdem tauscht sie sich gern über ihre Leidenschaft aus und hat auch schon Ideen für Interessierte umgesetzt.
Einen Einblick in die Handwerkskunst von Ulla Kierriem findet man auf Instagram (@ulla.knierriem). Bei Interesse kann man sich gern bei ihr melden.