Im Kilt mit Pipe and Drum auf dem Weg ans Tattoo

Am 19. Juli 2024 startet das Basel Tattoo. Während gut einer Woche treffen sich im Kasernenhof in Kleinbasel Musik- und Tanzformationen aus der ganzen Welt und ziehen über 60'000 Besucher an. Inspiriert vom Royal Military Tattoo in Edinburgh stehen dabei die Pipes and Drums im Zentrum – die Dudelsackspieler und Trommler, die der schottischen Militärtradition folgend ins grosse Rund des Kasernenhofs einmarschieren. Zu den über 1'000 Mitwirkenden gehören auch Roger Speckert und Meinrad Kaiser von der Zürcher Kantonalbank. Die beiden haben uns einen Vorgeschmack gegeben.

Text: Köchle Othmar / Bilder: Simon Baumann

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Scotland the Brave: authentisch vorgetragen von Meinrad Kaiser, Tenordrum, und Roger Speckert, Bagpipe.

Das Setting ist perfekt: Schummriges Licht, der leicht abgestandene Geruch von Bier – oder ist es Ale? – in der Luft, mit Tartan bezogene Paneele zieren die dunklen Holzwände.

Dann holt der Piper tief Luft, füllt langsam den Balg durch das Anblasrohr, während der Drummer leise einzählt. Etwas Druck auf den Pipebag und der unverkennbare näselnde stete Klang der Bordunpfeifen erfüllt den Raum – erstaunlich laut. Im Gegensatz dazu schlägt der Drummer seine Tenordrum sanft, wirbelt dazu aber seine Mallets, so nennen die Drummer ihre Schlägel, virtuos durch die Luft. Dann erklingt die weltweit bekannte Melodie aus der Spielpfeife des Dudelsacks – die inoffizielle schottische Nationalhymne: Scotland the Brave.

Wir wähnen wir uns im Herzen von Edinburgh, und würden wir die Tür öffnen, glaubten wir auf die Royal Mile hinauszutreten, im Hintergrund das Castle. Stattdessen befinden uns im Zentrum von Winterthur und nicht das Edinburgh Castle, sondern die ehemalige Radfahrerkaserne Teuchelweiher steht am Horizont. Sinnigerweise spielt sich die Szene aber im lokalen Pub «The Scotsman» ab. Hauptdarsteller sind Roger Speckert und Meinrad Kaiser.

Mit seinem Projekt «Argoviapiper» verbindet Roger Speckert, Musikauftritte und Charity.

Sehnsuchtsort Schottland

Die beiden haben zwei Dinge gemeinsam. Erstens, davon wurden wir eben Zeuge, lieben sie die Musik, insbesondere den speziellen Sound der schottischen Marschmusik. Zum zweiten sind beide bei der Zürcher Kantonalbank in der Logistik im Bereich Real Estate tätig. Von ihrem gemeinsamen Hobby wissen sie aber noch gar nicht so lange.

Als Kind schon in den 70er Jahren war Roger Speckert fasziniert, als er am TV erstmals die Royal Scots Dragoon Guards sah. Er sah aber damals keine Möglichkeit, das Dudelsackspiel zu erlernen. Es dauerte bis 2010, als er den Entschluss fasste und Unterricht nahm. Zuerst zirka ein Jahr mit einer Übungsflöte, dem «practice chanter», auf der die Fingertechnik erlernt wird. Dann effektiv auf dem Dudelsack, der noch einmal ganz neue Techniken verlangt. Schon bald wollte er mehr, fand zuerst eine Pipe-Band in Wald, dann in Zürich. Er bildete sich weiter und schon 2015 gab er Solokonzerte an Hochzeiten, Beerdigungen oder anderen Anlässen. Im Hinterkopf hatte er aber bereits die Idee etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Er wollte Musik und Charity verbinden. Seit drei Jahren tritt er unter dem Namen Argoviapiper regelmässig auf. Die Erlöse gehen fast vollumfänglich an die Stiftung Mutperlen, die krebskranke Jugendliche unterstützt. Einer der Höhepunkte war, als er am Match for Africa zwischen Roger Federer und Andy Murray im vollen Hallenstadion den Schotten mit der Pipeband begrüsste. Aber auch die Auftritte an der World Expo in Dubai 2022 gehören zu den Höhepunkten.

Ein Musikerkollege drängte ihn vor einiger Zeit dann, doch bei den Swiss Highlanders mitzuspielen. Eine Band, in der seit 2008 die besten Pipers und Drummers der Schweiz und aus Süddeutschland zusammenkommen, um an weltweiten Festivals, wie dem Tattoo in Basel – und als Höhepunkt 2009 auch am Royal Edinburgh Military Tattoo – aufzutreten. Vor einem Jahr fühlte er sich bereit, bewarb sich bei den Swiss Highlanders, durchlief die strenge Eignungsprüfung und ist seither bei der prestigereichsten Schweizer Formation dabei und wird dieser Tage am Tattoo in Basel mitspielen.

Bei den Swiss Highlanders traf er auf seinen ZKB-Arbeitskollegen Meinrad Kaiser. Der Süddeutsche, der aus dem schönen Städtchen Laufenburg am Rhein stammt. Schon als Junge kam er durch seine Familie in der Bretagne mit der keltischen Musik in Kontakt, die ihn nicht mehr losliess. Irland, Schottland, aber auch Nordspanien die Isle of Man und die Bretonen sind durch die keltische Vergangenheit kulturell eng verwandt. So begann Meinrad Kaiser mit Freunden Irish Folk zu spielen, bevor er sich 2007 einer Basler Piperband anschloss und dort als Tenordrummer einstieg. Erfolgreich. Mit den Pipes and Drums of Basel wurde er fünf Mal Schweizer Meister und nahm an den Weltmeisterschaften in Glasgow teil, wo die besten Bands der Welt auflaufen. Meinrad Kaiser gehört auch mit zu den Gründungsmitgliedern der Swiss Highlanders, eine Band, die anfangs nur ein Projekt war, um einmal am Tattoo in Edinburgh teilzunehmen. Der Spirit der Gruppe war aber so gut, dass viele andere Auftritte auf der ganzen Welt folgten. «In Irland und Schottland ticken die Uhren einfach etwas anders», sagt er im schönsten schwäbischen Dialekt. Mit Kollegen entdeckt er seit Jahren im Urlaub immer zwei neue irische Countys.

Meinrad Kaiser: «In Irland und Schottland ticken die Uhren einfach anders.»

Der Swiss Highlander Tartan ist registriert

Die Uniform, in der sich die beiden Swiss Highlanders präsentieren ist beeindruckend. Für die Anfertigung bezahlt man gut und gerne 2'000 Pfund. Von der Kopfbedeckung, dem Feather Bonnet, dem Plaid, das von einer grossen Plaid Brooch (Brosche) zusammengehalten wird, dem Cross Belt, an dem im militärischen Zusammenhang das Schwert hängt, über die Hose Tops (eine Art Strümpfe), den weissen Spats (Gamaschen), bis hin zum Rosshaar-Sporran (einer Art Lendenvorhang), der über dem üblichen Kilt getragen wird. Die Piper und Drummer verschwinden 15 Minuten im Hintergrund, bevor sie sich eingekleidet haben und sich dann noch gegenseitig die Uniform richten. Der Tartan, der schottische Webstoff, aus dem der Kilt und das Plaid der Swiss Highlanders gefertigt wird, ist übrigens im Scottish Register of Tartans unter der Reference 10123 seit 2009 eingetragen. Ein gewobenes Sample wird permanent in den National Records of Scotland aufbewahrt. «Das Muster vereinigt die Farben der Schweizer Kantonswappen und wurde vom Piper Sergeant der Band, dem Basler Ronald Rebmann entworfen», merkt Roger Speckert nicht ohne Stolz an.

Höhepunkt Basel Tattoo 2024

Seit zirka einem halben Jahr haben die Piper die Noten für den Auftritt am Basler Tattoo 2024. 24 neue Musikstücke müssen auswendig gelernt werden. Das Repertoire muss sitzen, wenn sie sich in den letzten Wochen vor der Veranstaltung treffen und ihr Set in der Formation einstudieren. Bei Proben mit 25 Musikern gehört Disziplin und Konzentration dazu. Da zeigt sich auch die militärische Herkunft der Piperformationen. Es gibt einen Pipe Major als musikalischen Leiter, der von Sergeants unterstützt wird. Er marschiert vorne rechts, kommandiert «by the right». Ebenso gibt es einen Drum Major, der «by the center» kommandiert und in der Mitte marschiert. Für uns beweisen die beiden noch einmal, dass sie für ihren Auftritt in Basel bereit sind, wo sie mit 200 Pipern und Drummern aus 10 Formationen aus aller Welt die Zuschauer in Basel in schottische Hochstimmung versetzen werden.

Bereit für das Basel Tattoo 2024, Meinrad Kaiser und Roger Speckert: Cheers!

Jenseits der Nadelstreifen

Im Kreis der Mitarbeitenden der Zürcher Kantonalbank sind viele aussergewöhnliche Menschen mit besonderen Talenten. Wir wollen sie sichtbar machen und die Möglichkeit bieten, sich mit ihnen zu vernetzen.

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