Die 6 häufigsten Fehler im KMU-Recruiting – und wie man sie vermeidet
Im Ringen um Fachkräfte müssen KMU gegen grössere Unternehmen bestehen können. Recruiting-Expertin Vanessa Hunkeler-Bolliger sagt, welche Fehler bei der Personalrekrutierung häufig vorkommen und wie KMU es besser machen können.
Text: Vanessa Hunkeler-Bolliger (Refline), Andreas Dürrenberger
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Der Wettbewerb um passende Fachkräfte ist für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) besonders intensiv, da sie häufig gegen grosse Unternehmen antreten müssen, die über höhere Marketingbudgets und eine grössere Bekanntheit verfügen. Diese Unternehmen haben die Ressourcen, um ihre Rekrutierungsstrategien zu optimieren. Das setzt KMU unter Druck. Um im Rennen um passende Talente erfolgreich zu sein, müssen KMU ihre Stärken als Arbeitgeber klar hervorheben und einen effizienten, gut organisierten Rekrutierungsprozess etablieren.
Hier sind die häufigsten Fehler im KMU-Recruiting – und wie man diese vermeidet:
1. Rekrutierung hat nicht erste Priorität
In vielen KMU wird die Rekrutierung oft nicht als oberste Priorität behandelt. Führungskräfte sind häufig stark ins Tagesgeschäft eingebunden, wodurch das Recruiting in den Hintergrund gerät, getreu dem Motto: «Machen wir, wenn wir Zeit haben». Doch Top-Talente warten nicht darauf, bis ein Unternehmen die Zeit findet, sich um den Einstellungsprozess zu kümmern – sie sind oft schnell vom Markt, wenn andere Unternehmen schneller und proaktiver agieren.
Lösung: Rekrutierung muss zur Priorität werden! HR und Führungskräfte sollten klare Verantwortlichkeiten festlegen und Erwartungen klären. Rekrutierung ist eine strategische Aufgabe und eine Investition in die Zukunft. Langfristiger Erfolg hängt stark davon ab, die richtigen Leute zur richtigen Zeit einzustellen.
2. Zu lange Reaktionszeiten
KMU verlieren oft Talente an schnellere Mitbewerber. In der heutigen, schnelllebigen Welt, in der sofortige Verfügbarkeit normal ist – man denke an Online-Shops mit 24/7 Versand – erwarten auch Kandidatinnen und Kandidaten zeitnahe Rückmeldungen im Bewerbungsprozess.
Lösung: Setzen Sie für alle involvierten Personen verbindliche Ziele für jeden Schritt im Rekrutierungsprozess:
- Erste Sichtung und Feedback an Bewerbende innerhalb von 24 Stunden
- Einladungen zum Interview innerhalb von 24 Stunden nach positiver Bewertung.
Denken Sie daran: gute Talente sind nie lange auf dem Markt!
3. Unklare Stellenbeschreibungen
Allgemeine Stellenbeschreibungen führen zu unpassenden Bewerbungen. Es geht nicht darum, möglichst viele, sondern die richtigen Bewerbenden anzusprechen.
Lösung: Definieren Sie ein glasklares Bild Ihres Wunschkandidaten - eine sogenannte «Candidate Persona». Fragen Sie sich: Welche Fähigkeiten und Erfahrungen soll die Person mitbringen? Was frustriert sie an der aktuellen Tätigkeit? Formulieren Sie ganz spezifisch, was Ihre Stelle und das Unternehmen bieten und wo die Vorteile des Unternehmens liegen. Es gilt: je schärfer das Profil, desto eher werden passende Personen angesprochen.
4. Fehlende Flexibilität bei den Profilanforderungen
Ein häufiger Fehler ist das Festhalten an starren Anforderungsprofilen. Das mag nun wie ein Widerspruch zu Punkt 3 tönen, ist es aber nicht – im Gegenteil. Das Zielprofil – die «Candidate Persona» – muss glasklar sein, jedoch sollten Sie bereit sein, bei der realen Person Kompromisse einzugehen.
Lösung: Statt starr an einem «perfekten» Profil festzuhalten, sollten KMU flexibel bleiben. Konzentrieren Sie sich auf Kernkompetenzen, Persönlichkeit und Passung zur Unternehmenskultur. Seien Sie bereit, Abstriche bei erlernbaren Fähigkeiten zu machen oder Kompromisse zum Pensum einzugehen.
5. Nur im aktiven Markt suchen
Nur auf Stelleninserate zu setzen und darauf zu warten, dass sich passende Bewerbende melden, reicht heutzutage nicht mehr aus. Denn dabei werden die passiv suchenden Talente nicht angesprochen: Diese sind nicht aktiv auf der Suche nach einer neuen Stelle, aber dennoch wechselbereit.
Lösung: Nutzen Sie Active Sourcing und andere kreative Rekrutierungsstrategien. Gehen Sie aktiv auf potenzielle Bewerbende zu, nutzen Sie ihr Netzwerk, Social Media, Online Werbe-Banner oder Auto-Beschriftungen. Neue Wege sind in der Rekrutierung gefragt!
6. Keine Nutzung digitaler Tools
In vielen KMU wird nach wie vor per E-Mail rekrutiert, was ineffizient, langsam und oft nicht datenschutzkonform ist.
Lösung: Setzen Sie auf ein digitales Bewerbermanagement-System. Es spart Zeit und macht den Rekrutierungsprozess effektiver. Sie haben einen perfekten Überblick, optimieren im Handumdrehen die Zusammenarbeit zwischen HR und Führungskräften und gewinnen dabei mehr Zeit für das Wesentliche.
Fazit
KMU sollten sich ihrer Stärken als Arbeitgeber bewusst sein und sich durch Schnelligkeit, Klarheit und einem strukturierten Rekrutierungsprozess von der Konkurrenz abheben. Wenn Sie diese Fehler vermeiden und nicht an veralteten Praktiken festhalten, können Sie die besten Talente gewinnen und die Unternehmensziele nachhaltig erreichen.