Mit den Finanzen auf Kurs

Genügen meine finanziellen Mittel, um auch nach der Pensionierung den gewohnten Lebensstandard halten zu können? Wenn Sie sich diese Frage seriös beantworten wollen, gibt es einen lohnenden Weg dazu: ein persönliches Budget mit Einnahmen und Ausgaben. Finanzplanerin Michèle Geissmann erklärt, welche fünf einfachen Schritte es dazu braucht.

Text: Patrick Steinemann / Illustration: Maria Salvatore | aus dem Magazin «Meine Vorsorge» 2/2023

Themenbild Budgetplanung
Strandleben auch nach der Pensionierung? Wer ein persönliches Ausgabenbudget erstellt, kann die finanzielle Zukunft besser planen. (Bild: Unsplash / Luke Dean Weymark)

Ein Nachtessen mit Freunden in einem feinen Zürcher Restaurant, ein Weekend-Städtetrip mit den Kindern nach Paris oder ein neues E-Bike für Touren ins Oberland: Solange der Lohn jeden Monat auf dem Konto ist, sind solche Extras neben den normalen Auslagen meist planbar. Und wenn einmal im Jahr die Steuerrechnung eintrifft, tut das vielleicht etwas weh, aber die Reserven dafür haben Sie ja auf der Seite. Eine Aufstellung Ihrer Finanzen? Nicht nötig, solange der Saldo Ihres Kontos Ende Jahr im Plus ist.

Doch funktioniert das auch, wenn statt des Lohns nach der Pensionierung nur noch die Renteneinnahmen aus der AHV und der Pensionskasse fliessen? «Wer auf diese Frage eine seriöse Antwort will, kommt um ein Ausgabenbudget nicht herum», sagt Michèle Geissmann, Finanzplanerin bei der Zürcher Kantonalbank. Die vollständige Auflistung der Ausgaben und Einnahmen bilde quasi den Anker jeder Pensionierungsplanung. «Nur wer den Überblick über seine Finanzen hat, kann einschätzen, ob das Geld reicht, um auch nach der Erwerbsaufgabe den gewohnten Lebensstandard halten zu können.»

Aus ihrer Berufspraxis weiss Michèle Geissmann, dass Budgetierung oft nicht gerade zu den Lieblingstätigkeiten ihrer Kundinnen und Kunden gehört. «Viele scheuen auch den Zeitaufwand. Dabei braucht es eigentlich nur fünf einfache Schritte.»

Michèle Geissmann, Zürcher Kantonalbank

Nur wer den Überblick über seine Finanzen hat, kann einschätzen, ob das Geld reicht, um auch nach der Erwerbsaufgabe den gewohnten Lebensstandard halten zu können.

Michèle Geissmann, Finanzplanerin Zürcher Kantonalbank

1. Machen Sie sich Gedanken über Ihr künftiges Leben

«Was ist mir wichtig? Und welche Wünsche habe ich nach der Pensionierung?»: Diese Fragen stünden immer am Anfang jeder Finanzplanung, sagt Michèle Geissmann. Genauso wichtig sei es aber, auch die Pläne der Partnerin oder des Partners zu erfahren – nicht immer seien diese deckungsgleich mit den eigenen. Um die gemeinsamen Ziele zu erfahren – und den daraus resultierenden Finanzbedarf zu ermitteln –, sei es wichtig, sich frühzeitig auszutauschen und abzustimmen. Denn nur so könne der Vermögensaufbau gesteuert oder die Vorsorge gestärkt werden.

2. Listen Sie Ihre Ausgaben auf (und beachten Sie dabei die Teuerung)

«Im Alter sinken doch die Ausgaben, da brauche ich auch nicht mehr so viel Geld»: Diese Meinung hört Michèle Geissmann häufig. Doch sie sei ein Trugschluss: «Grundsätzlich bleiben viele Ausgabeposten auch nach der Pensionierung gleich, wenn sich der Lebensstandard nicht verän­dern soll.» Oft falle nicht mal die Steuerrechnung deutlich geringer aus, denn erwerbsbedingte Abzüge könnten nicht mehr geltend gemacht werden.

Die einzige verlässliche Basis ist deshalb, die wie­derkehrenden und unregelmässigen Ausgaben aufzulisten. Am besten sei es, dafür eine Vorlage zu verwenden, sagt Michèle Geissmann (vgl. auch Auflistung unten). «So ist sichergestellt, dass keine Posten vergessen gehen.» Doch ist eine solche Aufstellung nicht sehr aufwendig? Finanzplanerin Geissmann hat auch hier einen Tipp: «Der Finanzassistent im ZKB eBanking vergisst keine Ausgaben und unterscheidet die einzelnen Ausgabekategorien.»

Ein weiterer wichtiger Punkt: «Die Teuerung nicht ausser Acht lassen», sagt Michèle Geissmann. Denn die Lebenshaltungskosten ändern sich im Zeitverlauf. «Nach einer längeren Phase mit rückläufigen Werten steigt die Teuerung seit 2022 wieder», merkt Michèle Geissmann an. Zwar sei eine Prognose für die nächsten Jahre oder gar Jahrzehnte schwierig, meint die Finanzplanerin. Eine vorsich­tige Berechnung mit Reserven sei aber sicher nicht falsch. Eigenheimbesitzer sollten zudem nicht nur die aktuellen, sondern auch die langfristigen Hypothekarzinsen einkalkulieren. Jedes Ausgabenbudget braucht aber auch einen Realitätscheck: «Es lohnt sich, jährlich – oder mindestens alle paar Jahre – zu überprüfen, ob der berechnete Sparbetrag auch eingehalten wird», sagt Michèle Geissmann. Auch hier helfe der Finanzassistent, die einzelnen Ausgabeposten zu analysieren.

3. Prüfen Sie Ihre aktuellen und künftigen Einnahmen

Als Gegenüberstellung zu den Ausgaben kommen auch die Einnahmen ins Budget. Wer während des aktiven Erwerbslebens Sparbeiträge auf die Seite legen kann, sollte dies tun: Die Ersparnisse ergänzen die späteren Einnahmen im Pensionsalter. Diese setzen sich meist aus drei Quellen zusammen: AHV, Pensionskasse (PK) und Vermögensverzehr.

Die AHV lasse sich nur bedingt steuern, etwa durch die Wahl des Arbeitspensums, sagt Finanzplanerin Geissmann: «Die Maximalrenten lassen sich aber nicht vergrössern.» Mehr geht bei der PK: Freiwillige Einkäufe oder freiwillig höhere Sparbeiträge könnten die spätere Rente (oder den Kapitalbezug) erhöhen, so Michèle Geissmann. Die ideale Möglichkeit für alle Erwerbstätigen biete schliesslich die Säule 3a: «Wir empfehlen, Einzahlungen in die private Vorsorge während des Erwerbslebens zu prüfen. Denn sie sind eine wertvolle Ergänzung zu den Einnahmen im Alter.» Bei der Kalkulation der künftigen Einnahmen im Rentenalter können die Kundenberaterinnen und Spezialisten der Bank auf Wunsch Unterstützung leisten.

Weitere mögliche Einnahmequellen sind Erträge aus Wertschriften und anderen Beteiligungen oder Mietzinseinnahmen aus Liegenschaftsbesitz. «Natürlich ist es auch möglich – sofern die Gesundheit es zulässt und die Lust vorhanden ist –, über das 65. Altersjahr hinaus weiterzuarbeiten. So lassen sich zusätzliche Einnahmen generieren», sagt Michèle Geissmann. Und schliesslich könnten im Ruhestand auch Teile des angesparten Vermögens strukturiert abgebaut und damit die Ausgaben mitfinanziert werden.

4. Optimieren Sie Ihr Budget, falls nötig

Der grosse Moment jeder Budgetierung folgt immer mit dem Blick auf den Saldo: Geht die Rechnung auf? Falls die Gegenüberstellung von Ausgaben und Einnahmen ein Defizit ergebe, sei entweder ein Verzicht oder eine Reduktion bei gewissen Ausgabeposten angesagt – oder eine rechtzeitige Optimierung des Vermögens vor der Pensionierung, so Finanzplanerin Geissmann. «Oft findet man bei einer sorgfältigen Analyse Potenzial, um etwa die Steuern zu optimieren, die Vorsorge zu stärken oder das Vermögen anders zu strukturieren und den Vermögensaufbau damit zu forcieren.» Damit dies gelinge, lohne es sich, Expertenhilfe in Anspruch zu nehmen.

5. Holen Sie sich Hilfe

«Wer sich Unterstützung holt, erhält Transparenz, Sicherheit und wertvolle Empfehlungen»: So lautet Michèle Geissmanns Antwort auf die Frage nach dem Warum einer Pensionierungsplanung. Eine genaue Analyse der Finanzen, die Überprüfung des eingeschlagenen Kurses, das Besprechen von offenen Punkten und das Ausloten von Optimierungspotenzial bringe in vielen Fällen einen finanziellen Vorteil für die Situation im Alter, sagt die Finanzplanerin mit Blick auf ihre berufliche Erfahrung. Wichtig sei aber vor allem eines: Die Pensionierungsplanung idealerweise ab dem Alter 50 anzugehen und sich bei Bedarf rechtzeitig Hilfe zu holen. Denn so ist sichergestellt, dass wichtige Weichenstellungen in den letzten Jahren bis zur Pensionierung nicht verpasst werden.

Illustration Budgetplanung

Persönliches Budget

Mit den folgenden Posten haben Sie Ihre Einnahmen und Ausgaben im Überblick. Das Budget dient der Standortbestimmung und ist Grundlage für die finanzielle Planung des nächsten Lebensabschnitts. Das Budget sollte regelmässig überprüft und bei Bedarf angepasst werden.

Einnahmen

   
Lohn Person 1  
Lohn Person 2  
Übrige Einkünfte Zins- und Kapitalerträge
Mietzins-Einnahmen
Kapitalverzehr
   

Ausgaben

     
Wohn­kosten Mietwohnung / Wohneigentum Mietkosten / Hypthekar­kosten
Vertragliche Amortisationen
Miete Zweitwohnung / Garage
Reparaturen / Unterhalt / Erneuerungsfonds / 
Wohnneben­kosten / Versicherungen für Haus­eigentümer Heizungs- und Energie­kosten
Feuer-, Wasser-, Gebäude­versicherung
Gebühren und Abgaben (Wasser / Kehricht)
Beiträge Stockwerk­eigentum
Lebens­haltungs­kosten Haushalts­kosten Nahrung und Übriges
Bekleidung / Schuhe
Telefon / Radio / TV / Internet
Körper­pflege / Kosmetik / Coiffeur
Auswärtige Verpflegung
Arzt (Selbstbehalt und Franchise) / Gesundheit
Auto / Mobilität Service + Betriebs­kosten Auto (inkl. neue Pneus)
Kreditraten; Leasing
öffentlicher Verkehr / Velo / Mofa
Rückstellungen für neues Auto
Ferien / Freizeit Unterhaltung / Kultur / Hobbys
Ausflüge / Ferien / Reisen
Versicherungen Privathaftplicht / Hausrat / Rechtsschutz / Auto
Krankenkasse / Unfall
Übrige Ausgaben Bücher / Zeitschriften / Mitgliedschaften
Schulen / Kurse / Ausbildungskosten Kinder
Kinderbetreuung / Haushaltshilfe
Alimente für Kinder
Unterhaltszahlungen an geschiedenen Ehegatten
Diverses / Taschengeld / Geschenke / Spenden
Steuern   Staats- / Gemeinde- / Kirchensteuer
Direkte Bundessteuer
Vorsorge­beiträge   Lebens- und Risikoversicherung
Gebundene Vorsorge (Säule 3a)
     

Saldo

 
Einnahmen- bzw. Ausgaben­überschuss
 

Drei Tipps zur Budgetplanung

  1. 1 Beginnen Sie frühzeitig: Eine gute finanzielle Vorbereitung auf die Pensionierung startet idealerweise im Alter von 50 Jahren. In der verbleibenden Zeit können Sie in aller Ruhe Optimierungsmöglichkeiten prüfen, allenfalls die Sparquote erhöhen und Ihre Vorsorgesituation verbessern.
  2. 2 Budgetieren Sie vollständig: Listen Sie alle regelmässigen Ausgabeposten auf, kalkulieren Sie auch unregelmässige Ausgaben und bilden Sie Rückstellungen für Unvorhergesehenes oder Reparaturen. Die Lebenshaltungskosten können sich zudem im Zeitverlauf ändern. Nutzen Sie zur Differenzierung der Ausgaben auch den Finanzassistenten im ZKB eBanking.
  3. 3 Überprüfen Sie das Ergebnis: Unterziehen Sie Ihr Budget jährlich – spätestens aber alle zwei bis drei Jahre – einem Realitätscheck und prüfen Sie, ob Sie die berechnete Sparquote einhalten konnten. Passen Sie Ihr Budget falls nötig an und integrieren Sie nicht kalkulierte Ausgaben.