Eigen­verant­wortlich Vorsorgen bleibt auch in Zukunft wichtig

Der Vorschlag des Bundesrats zur Anpassung der Besteuerung von Kapitalbezügen aus der beruflichen und privaten Vorsorge wirft Fragen auf. Roman Schwarz, Leiter der Finanzberatung bei der ZKB, ordnet ein und gibt einen Ausblick.

Text: Adrian Vonlanthen

Bekomme ich weniger Geld, wenn ich meine Vorsorgegelder beziehe? Lohnt es sich überhaupt noch, Geld in die Säule 3a einzuzahlen und freiwillige Einkäufe in die Pensionskasse zu tätigen? Diese und weitere Fragen wurden in zahlreichen Medien-Beiträgen aufgeworfen, die in den vergangenen Tagen publiziert wurden. Teilweise wurden exemplarische Berechnungen durchgeführt, die das Ausmass der vorgeschlagenen Änderung in der Besteuerungspraxis greifbar machen sollen. Allerdings sind viele Punkte zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar.

Was der Bundesrat vorschlägt

Der Bundesrat hat eine Expertengruppe eingesetzt, die Einsparungspotenziale identifizieren soll, die den Bundeshaushalt entlasten. Zudem hat das Gremium die Aufgabe, bestehende Steuervergünstigungen oder -lücken zu prüfen. Unter anderem kam die Expertengruppe zum Schluss, dass der Kapitalbezug zu sozialpolitisch unerwünschten Resultaten führen kann, wenn Beziehende ihr Kapital zu rasch aufbrauchen und anschliessend auf Ergänzungsleistungen angewiesen sind.

Gemäss einer Mitteilung vom Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) befinden sich die vorgeschlagene Massnahme derzeit in einer vertieften Prüfung. Eine konkrete Ausgestaltung liege noch nicht vor, die es erlauben würde, die Folgen im Allgemeinen und im Einzelfall abzuschätzen. Klar sei hingegen, dass die steuerlichen Abzüge, die Einzahlende in die 2. und 3. Säule heute geltend machen können, nicht zur Disposition stehen. «An diesen sowie an der Befreiung der Guthaben von der Vermögenssteuer soll in jedem Fall festgehalten werden. Damit wird auch weiterhin ein finanzieller Anreiz bestehen, eigenverantwortlich in die Altersvorsorge einzubezahlen», heisst es in der Mitteilung.

Einordung vom Experten

Roman Schwarz leitet die Abteilung Finanzberatung bei der Zürcher Kantonalbank. Im Interview ordnet er die aktuelle Situation ein und erklärt, warum die eigenverantwortliches Vorsorgen auch in Zukunft wichtig bleibt.

Roman Schwarz, der Reformvorschlag des Bundesrates wurde zuletzt medial breit diskutiert. Wie schätzt du die Lage ein?

Das Eidgenössische Finanzdepartement hat mit seiner Mitteilung klar Stellung bezogen, welche Punkte diskutiert werden. Das Beispiel zur möglichen Abschaffung des Eigenmietwerts zeigt, dass sich solche Prozesse lange hinziehen können und die Rahmenbedingungen während der Absprachen laufend angepasst werden. Darum ist in diesem Zusammenhang das Wort «Diskussion» entscheidend. Wir befinden uns erst am Anfang des politischen Prozesses, bis sich eine tragfähige Lösung abzeichnet, wird es noch eine Weile dauern. Solange kein konkreter Vorschlag auf dem Tisch liegt, macht es wenig Sinn über mögliche Auswirkungen zu spekulieren.

Gleichwohl hätten allfällige Änderungen der Steuersätze beim Kapitalbezug direkte Auswirkungen bei Kundinnen und Kunden. Wie geht ihr damit um?

Wir beobachten die politische Diskussion sehr genau und beurteilen die Situation laufend neu. Sobald die Tendenzen für eine mögliche Änderung klarer erkennbar sind, informieren wir unsere Kundinnen und Kunden direkt, welche Auswirkungen dies für sie hat und gehen in unseren Beratungen auf ihre persönliche Situation ein.

Roman Schwarz, Leiter Finanzberatung der Zürcher Kantonalbank (Bild: Simon Baumann)

Eine zentrale Frage in der aktuellen Diskussion lautet, ob es sich zukünftig noch lohnt, in die private Vorsorge zu investieren?

Zum einen hat das EFD betont, dass sowohl die steuerlichen Abzüge für Einzahlende in der 2. und 3. Säule als auch die Befreiung der Guthaben von der Vermögenssteuer nicht zur Disposition stehen. Zum anderen ermöglicht die Stärkung der persönlichen Vorsorge Unabhängigkeit und Sicherheit – erst recht im Alter. Aus diesen Gründen empfehlen wir aktuell weiterhin, in die 2. und 3. Säule einzuzahlen und dass man sich generell aktiv mit seiner persönlichen Vorsorge auseinandersetzt.

Der politische Prozess für den Reformvorschlag des Bundesrates steht erst am Anfang. Wann könnte tatsächlich eine konkrete Änderung in Kraft treten?

Der Bundesrat beabsichtigt, das Entlastungspaket und damit auch die Reformvorschlag für die Kapitalbezüge im Januar 2025 in die Vernehmlassung zu senden. In der Folge können sich interessierte Kreise zur vorgeschlagenen Massnahme äussern. Im Anschluss entscheidet der Bundesrat ob und in welcher Form er die Massnahme aufnehmen will, bevor das Paket in den eidgenössischen Räten beraten wird. Sollte das Referendum ergriffen werden, hat schliesslich das Volk das letzte Wort.

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