Der Zauber des Zeitlosen
Serie: Mirjam Rüegg aus der Kunstkommission stellt ihr besonderes Kunstwerk vor.
Text: Markus Wanderl / Bild: Flavio Pinton
Es dürfte Einigkeit darin bestehen, dass eine Information mitunter Gold wert sein kann. Erst recht dann, wenn aus ihr etwas erwächst. Hier ist es ein Kontinuum von besonderer Güte: 16 Jahre Tätigkeit in der Kunstkommission der Zürcher Kantonalbank.
Es ist 2005, als Mirjam Rüegg in einem kurzen Austausch im Gang erfährt, dass eine solche Kommission gegründet werden solle: pro Geschäftseinheit eine Vertretung, heisst es. Vielleicht kann ein Interesse gar nicht schlagartiger geweckt sein. Es kommt dann so: Als in jenem oben erwähnten Jahr die ersten KuKo-Sitzungen stattfinden, ist Mirjam Rüegg mit dabei. Sie ist es bis heute.
Dass sie vieles während der Jahre mit Herzblut betrachtet und begleitet hat, unbedingt! Den Umbau Hauptsitz mit der Künstlerauswahl für die Kundenhalle etwa. Auch Mirjam Rüegg kann vom von der Künstlerin Shirana Shahbazi geschaffenen Terrazzo-Boden im Bankratssaal nur schwärmen. «Das unbekannte Kunstwerk» von Christine Streuli ist ihr nah. Ebenso erwähnt wissen möchte sie die Arbeit von Nina Mann – wir erinnern uns: Sie hat die Umbau-Geschichten mit der Kamera begleitet und ein Konzentrat der Fotografien im Kunstbuch «Bahnhofstrasse 9» festgehalten.
Die Fotografie – ein gutes Stichwort. Mirjam Rüegg möchte im zweiten Teil dieser Kunstserie zu den Neuankäufen Cécile Wick und ihr Werk «Grosse Wasser 4» exponieren. Weil Wick sich nicht aufmache, «um mit der Kamera Geschichten bzw. Bilder zu erbeuten, sondern um Stimmungen einzufangen und zu verdichten.» Das gibt doch schon einen schönen Hinweis darauf, auf was es Mirjam Rüegg ankommt. Also überlassen wir ihr endgültig das Wort.
«Cécile Wick zählt zu meinen favorisierten Fotokünstlerinnen. Ihre Bilder haben etwas Zeitloses, Meditatives und gleichzeitig Kraftvolles. Sie haben Qualität und Präsenz – ohne aufdringlich zu sein. Sie sind mehr als nur schöner Wandschmuck. Und sie sind nicht einem schnelllebigen Trend unterworfen.
'Grosse Wasser 4' hat mir auf den ersten Blick gefallen. Das Wassermotiv hat eine beruhigende Wirkung auf mich. Wenn ich das Bild betrachte, habe ich das Gefühl, als stünde ich direkt am Ufer eines Sees. Ich spüre die unaufhörliche Bewegung des Wassers, höre das leise Plätschern der Wellen, spüre die fliessende Zeit. Das alles löst bei mir ein Gefühl von Leichtigkeit, Freiheit und Entschleunigung aus – fast wie in den Ferien :-). Dazu passt: Ich mag auch sämtliche sportlichen Aktivitäten, die mit Wasser zu tun haben.
Und wir wissen: Sauberes Wasser ist längst eine umkämpfte Ressource. Es ist nun einmal der Motor des Lebens; es ist unvergleichlich kostbar. Wasser steht für Wachstum, Entwicklung und schliesslich auch für Wohlstand. Ich bin für einen achtsamen, bewussten Umgang mit wertvollen Ressourcen, erst recht für jenen mit Wasser.
Die wiederkehrenden Motive von Wick wie Wasser, Wolken, Nebel und Licht sprechen mich an. Ich bin naturverbunden, fotografiere draussen auch gern. Mich fasziniert, wie die Künstlerin durch lange Belichtungszeiten Formen und Farben bewusst verfliessen lässt. Es ist fast so, als gäbe es keinen Anfang und kein Ende. In der Fotokunst nimmt die Künstlerin übrigens eine sehr eigenständige Position ein: Ihre Bilder vergrössert sie nicht auf konventionelles Fotopapier, sondern druckt sie auf Büttenpapier aus. Das ist interessant, denn Büttenpapier wird aus einem verdünnten Faserbrei aus Hadern und Zellstoff mit Hilfe eines Schöpfsiebs aus der Bütte, einem wannenförmigen Gefäss, geschöpft. Handwerklich stellt dies die historisch ursprüngliche Herstellung von Papier dar.
Keine Frage, dass sich mein Lieblingsbild daheim gut machen würde. Doch mir fehlen die freien Wände, leider …»
Cécile Wick (*1954) stellt seit 1980 regelmässig im In- und Ausland aus. Den Schwerpunkt ihrer Arbeit bildet die Fotografie. Neben ihrer Tätigkeit als freischaffende Künstlerin wirkte Cécile Wick bis 2016 als Professorin an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK). Seit 1998 betreibt sie mit dem Künstler Peter Radelfinger die F.I.R.M.A, die vor allem Kunst-und-Bau-Projekte initiiert und ausführt. Unter anderem erhielt sie 2003 den Kunstpreis des Kantons Zürich.
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Die Zürcher Kantonalbank fördert im Sinne des Leistungsauftrages die Kreativwirtschaft im Kanton und sammelt seit bald zwanzig Jahren Zürcher Gegenwartskunst. Über 1'000 Werke, die diesem Konzept entsprechen, nennt unsere Bank ihr Eigen. Die Entscheidung, ob und welche neuen Werke angekauft werden, trifft die Fachstelle Kunst unter Einbeziehung der Kunstkommission nach sorgfältiger Abwägung.