Engagiert in Beruf und Amt
Ohne freiwillige Engagements von Bürgerinnen und Bürgern könnte das Milizsystem von Politik und Gesellschaft in der Schweiz nicht funktionieren. Auch zahlreiche Mitarbeitende der Zürcher Kantonalbank üben neben ihrer beruflichen Funktion Ämter in Institutionen, Gremien, Parteien und Behörden aus. Wir stellen vier Mitarbeitende und ihre Mandate im Kurzporträt vor.
Text: Patrick Steinemann / Bilder: Flavio Pinton
Eine Abkürzung nehmen? Das macht Tamara Götz-Graf ganz gerne mal, wenn es sich anbietet: «Um effizient eine Wirkung zu erzielen, muss man das Rad ja nicht immer neu erfinden. Es ist durchaus hilfreich, wenn man auf sehr gute Vorleistungen aufbauen kann». Als sie ihr Amt in der Schulpflege Weisslingen angetreten hat, war es Götz-Graf aber auch äusserst wichtig, die Bedürfnisse und Hintergründe im Schulalltag zu ergründen und sich dafür genügend Zeit zu nehmen: «Erst wenn man sich ins Gegenüber hineinversetzen kann, findet man zusammen Lösungen, die wirksam sind und von der gesamten Schule getragen und gelebt werden.» Aus konkreten Situationen und Problemen hat Götz-Graf viel Wissen über das Schulsystem, die Schulentwicklung und -qualität erworben. Im Gegenzug konnte sie den Praxisbezug aus der Privatwirtschaft und ihre Erfahrung in der Projektleitung ins Gremium einbringen. «Lehrpersonen haben oftmals einen anderen Blickwinkel – aber so ergeben sich spannende Diskussionen und alle können voneinander lernen.» Die Motivation für ihr Engagement hat auch einen ganz persönlichen Grund: Götz-Graf ist Mutter von drei kleinen Kindern. Sie kennt deshalb auch die Bedürfnisse und Anliegen der Elternschaft. «Eine gute Kommunikation ist immer und überall das A und O.» In Weisslingen findet der Austausch zwischen Schule und Eltern künftig auch über eine App statt – ein Projekt, bei dem Tamara Götz-Graf aktiv mitgearbeitet hat. Und vielleicht ergibt sich daraus ja auch die eine oder andere kommunikative Abkürzung.
«Man kann nicht immer nur mit Krawatte am Pult sitzen», sagt René «Göpf» Fierz. Und so empfindet er es als wohltuenden Ausgleich zu seinem Bank-Job, wenn er mit anderen Mitgliedern der Rechnungsprüfungskommission Laufen-Uhwiesen über die Wasserversorgung der Region oder über den Umbau des Schulhauses diskutiert. «Die Kolleginnen und Kollegen habe alle einen anderen beruflichen Hintergrund. Für mich ist es spannend, andere Perspektiven und Einschätzungen zu hören – und doch müssen wir uns im Gremium dann zu einer gemeinsamen Empfehlung für die Stimmbürger durchringen.» Einer Partei gehört Fierz nicht an. «Ich bin zwar politisch interessiert, mir geht es aber vor allem um die Sache.» Die Sache – das kann in Fierz' zweitem öffentlichen Amt als Aktuar der örtlichen Flurkommission auch ein kleiner Weg sein, den die Landwirte als Eigentümer der angrenzenden Parzellen unterhalten müssen. «Die Sprache an diesen Sitzungen unterscheidet sich dann schon von unseren Meetings in der Bank – aber das ist ja gerade das Schöne daran», sagt er. Vor allem, wenn die Bauern dann am Ende doch froh sind, jemanden mit dem richtigen Hintergrund zu haben, der sich um das Administrative, die Korresponzenz mit den Notariaten und die Finanzen kümmert. Langweilig wird es Fierz auch sonst nicht: «Meine Frau und ich sind richtige Vereinsmeier und in diversen Vorständen engagiert.» Und wann lässt er sich für den Gemeinderat aufstellen? «Im Moment wäre mir das zu viel – aber ganz ausschliessen würde ich ein solches Amt auch nicht», sagt René Fierz und lacht.
Manchmal spriesst der Same für ein politisches Engagement im Schrebergarten. Angefragt von einem Gartenkollegen, hatte Ottilie Dal Canton zunächst aber keine Lust, der Partei Die Mitte (die damals noch CVP hiess) beizutreten. Doch früher oder später wächst jede Pflanze zu etwas heran – hier bildete sich politisches Engagement heraus. Dal Canton nahm irgendwann doch an einer Parteiversammlung teil, gab zuerst ihr Okay als Stimmenzählerin, liess sich später auf die Wahlliste für den Gemeinderat von Dietikon setzen – und rutschte dann prompt nach ins 36-köpfige Gemeindeparlament. Schliesslich wurde sie auch noch Präsidentin der lokalen Parteisektion. «Früher war ich politisch gar nicht so engagiert, später habe ich dann gemerkt, dass es nicht hilft, nur im Privaten über gewisse Entscheide auszurufen. Man muss selber aktiv werden – und merkt dann schnell, was möglich ist und was nicht.» Für Dal Canton war das politische Engagement auch ein Mittel, für das Dorf, in das sie 1983 als Ausserkantonale gezogen ist, etwas zu tun und sich vor Ort besser zu vernetzen. Neben der Politik ist sie auch in der Leitung des lokalen Turnvereins aktiv – «ich bin schon ein sozialer Mensch», sagt Dal Canton über sich. Heute gibt ihr zu denken, dass sich immer weniger Personen in Ämtern, Parteien und Gremien engagieren. «Wir dürfen unser System der direkten Demokratie aber auf keinen Fall verlieren. Es wäre deshalb wichtig, dass sich auch wieder mehr Junge für ein Amt interessieren.» Ottilie Dal Canton wird sich weiterhin für die Motivation des politischen Nachwuchses einsetzen – und dann gerne im richtigen Moment ihr Mandat weitergeben.
Im beruflichen Leben in der Bank ist Andreas Utz für die Bewirtschaftung von Zinsrisiken zuständig. Wenn er jeweils am Dienstagnachmittag in sein politisches Regierungsamt als Gemeinderat von Stäfa wechselt, hat er es mit Raumplanung, baupolizeilichen Fragen und Immobilien zu tun. «Eigentlich wollte ich nach der Wahl die Finanzen übernehmen, aber das wollten andere auch. So bin ich dann Bauvorstand geworden.» Mittlerweile ist Utz in seiner dritten Amtszeit – und hat nicht nur Freude an der Raumplanung bekommen, sondern auch gelernt, welche Anspruchsgruppen in der Gemeinde mit welchen Argumenten bedient werden müssen, damit Bauprojekte eine Chance haben. «Das Schöne am politischen System in der Schweiz ist, dass wir alle mitmachen können. Dazu gehört aber auch, dass die Einflussmöglichkeiten des Einzelnen – auch wenn er in der Exekutive ist – beschränkt sind.» Als ökologisch und ökonomisch denkender Mensch mit technischem Hintergrund pflegt Utz deshalb eine Politik der kleinen Schritte. So hat er etwa – ganz im Sinne seiner Grünliberalen Partei – darauf hingearbeitet, dass das Gemeindehaus mit Holzschnitzeln beheizt wird. Oder er sorgt dafür, dass in Stäfa Bauten mit Minergie-Standard gefördert werden. Utz geht dabei mit gutem Beispiel voran: Sein eigenes Haus baute er schon im Jahr 2002 nach dieser Richtlinie. «Durch meine politische Tätigkeit kann ich auch etwas für die Zukunft meiner Kinder tun.» Weite Perspektive, pragmatischer Weg: Nur folgerichtig ist es da, dass Andreas Utz bei den Wahlen im nächsten Jahr für eine vierte Amtszeit kandidieren wird.