Wir können auch Kunst-im-Buch

100 Werke der Zürcher Gegenwartskunst aus unserer Sammlung – die Fachstelle Kunst verantwortet ein wunderbares Buch.

Text: Markus Wanderl und Andreas Dürrenberger / Fotos: Simon Baumann

Jetzt und hier - Das Buch über Zürcher Gegenwartskunst aus unserer Sammlung (Bild: Simon Baumann)
Unser Kunstband gibt auch gestapelt ein besonderes Bild ab.

Seit rund 20 Jahren sammelt die Zürcher Kantonalbank Gegenwartskunst – die Werke unserer Kunstsammlung sind im gesamten Kanton in den öffentlichen Räumen und in den Beratungszimmern der Bankfilialen ausgestellt. Seit gut fünf Jahren liegen dort Karten zur Kunst auf – sie sollen vor allem auch unseren Kundinnen und Kunden den Zugang zu den Werken ebnen und Interessierten die Zürcher Gegenwartskunst näherbringen. Und rundherum im «Jetzt und hier» (sic) ist ein wunderbarer Kunstband entstanden, der wie ein Destillat einerseits der Arbeit unserer Fachstelle Kunst und der Kunstkommission ist und andererseits der Künstlerinnen und Künstler aus dem Kanton, die – angelehnt an unseren Leistungsauftrag – durch unsere Förderung etwa ein Einkommen generieren.

Aber es ist natürlich längst nicht nur das. Wie formuliert es Christine Sandercock Fitze, Leiterin Fachstelle Kunst, im Vorwort des von ihr verantworteten Kunstbands mit eben dem Titel «Jetzt und hier» prägnant: «Gründe für eine Bank, Kunst zu sammeln, gibt es viele. Neben dem naheliegenden Wunsch, Wände zu bespielen und ein anregendes Arbeitsumfeld zu schaffen, ist unsere Kunstsammlung Ausdruck unserer Werte. Hier – im Kanton Zürich – sind wir tief verwurzelt; jetzt und hier fördern wir die Innovation, das Wachstum und das Miteinander verschiedener Berufe, Pläne und Visionen.» Meint zum Beispiel: Rahmenmacher, Schreiner, Tapezierer, Galeristinnen – sie sind beim Entstehen dieses oder jenes Kunstwerks unbedingt mitzudenken. Was an der Wand hängt, ist ohne vorherige Dialoge nicht denkbar.

Führt zur Frage: Wann ist etwas vollbracht? Tatsächlich erst dann, wenn dies oder das fix in den Händen gehalten, betrachtet, oder, wie in diesem konkreten Fall, auch noch durchgeblättert werden kann? Die Idee, jene hochwertig produzierten Doppelkarten, die von der Zürcher Grafikerin Jeannine Herrmann gestaltet werden und von der Zürcher Autorin Nadine Olonetzky mit assoziativen Texten versehen sind, einmal in ein Buch zu bringen, gab es nicht erst seit gestern. Doch es musste der an sich doch so vermaledeite Lockdown passieren, um das Projekt peu à peu voranzutreiben; für diese oder jene Freischaffenden und diese oder jene kleine Betriebe im Kanton – das war auch die Überlegung – diesen oder jenen Auftrag zu vergeben: Wer – wenn nicht wir? Apropos unsere Werte.

Jetzt und hier - Das Buch über Zürcher Gegenwartskunst aus unserer Sammlung (Bild: Simon Baumann)
YOUTH! YOUTH! Beim Blättern auf das Werk von Fabian Marti gestossen, jenes mit Tusche bearbeitete Fotogramm.

Stimmungsvolle Vernissage in der City

Im Personalrestaurant «1870» in der CC City fand am 5. Dezember die feierliche Vernissage des Kunstbands «Jetzt und hier» statt. Zahlreiche der im Buch mit ihren Werken vertretenen Künstlerinnen und Künstler waren anwesend, dazu Mitglieder der Generaldirektion, des Bankpräsidiums und Mitarbeitende. Roger Liebi, Vizepräsident des Bankrats und Leiter der Kunstkommission, begrüsste die Gäste herzlich. «Heute ist ein epochaler Tag», sagte er. «Denn heute erscheint der erste Kunstband in der Geschichte der Zürcher Kantonalbank.» Er dankte allen Beteiligten, die das ermöglicht haben und durch ihr Wirken eine Momentaufnahme der Kunstsammlung festgehalten haben, ganz im «Jetzt und hier» eben.
Christine Sandercock Fitze erinnerte daran, dass man sich vor etwas mehr als fünf Jahren bereits in ähnlichem Rahmen getroffen hatte anlässlich der Lancierung der Kunstkarten. Diese seien ein grosser Erfolg – «auch dank Euch», sagte sie in Richtung der Kunstschaffenden, der Autorin und der Grafikerin der Karten und ihres Teams. Anschliessend genossen die Gäste den gemeinsamen Apéro und die angeregten Gespräche und waren ganz im Jetzt und Hier.

Nun wäre es übertrieben, dem Lockdown an dieser Stelle einen Dank auszusprechen, aber das Innehalten, das Aushalten, das Durchhalten während dieser und der darauffolgenden Zeit mag – was für ein Zufall – sinnbildlich dafür stehen, was kreativen Prozessen innewohnt. Weiter, immer weiter. Zurück, und wieder nach vorn. Mal gänzlich die Richtung wechseln. Den Gedanken auch mal beiseiteschieben, ihn dann wieder fortführen. Doch: Irgendwann einmal bedarf es eben des Entscheids: Gedruckter Einband oder Leineneinband? Orange Kachel auf dem Cover oder grüne? Auberginefarben ging nicht, also blaue oder schwarze Schrift? 100 Kunstwerke und Texte? Mehr? Weniger? Und wie viele begleitende Texte, Essays grösseren Umfangs eigentlich? Drei? Mehr?

Mit dem nunmehr erfolgten Erscheinen des Buches im Verlag Scheidegger & Spiess ist es beantwortet, vollbracht. Wie wunderbar vielschichtig es geworden ist: Bekannte Künstlerinnen und Künstler, weniger bekannte, ältere, jüngere, nicht alphabetisch geordnet kommen sie daher. Und alle möglichen Medien und Techniken sind vertreten: Malerei, Zeichnung, Druckgrafik, Fotografie, Videokunst, Skulptur und Kunst-am-Bau: «Abwechslungsreich soll es sein beim Durchblättern», sagt Christine Sandercock Fitze. Deshalb geben Schwarzweiss-Fotos von Daniel Sutter am Buchanfang und -ende Einblick in fünf auserwählte Ateliers, in die «Nabel der Welt» (Paolo Bianchi). Und sind im Buch etwa Lieblingskunstwerke vertreten? Im Interview mit dem Schauspieler und Verleger Patrick Frey sagt János Blum, bis zu seinem Ausscheiden aus der Bank langjährig Vorsitzender unserer Kunstkommission: «Mein Lieblingskunstwerk ist das letzte, das wir erworben haben (…). Im Grunde liebe ich das Ganze, die Sammlung in ihrer Vielfalt.» Panegyrisches zum Schluss.
 

Jetzt und hier - Das Buch über Zürcher Gegenwartskunst aus unserer Sammlung (Bild: Simon Baumann)
Das ist mal ein Buch!

Kategorien

Ausgewählte Themen