SNB – Die Zinshochebene ist erreicht

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat an ihrer heutigen geldpolitischen Lagebeurteilung beschlossen, den Leitzins unverändert bei 1,75 Prozent zu belassen. Eine Einschätzung von Chefökonom Schweiz David Marmet.

Text: David Marmet

David Marmet, Chefökonom Schweiz der Zürcher Kantonalbank. (Bild: Selina Meier)

Sie argumentiert, die über die letzten Quartale gestraffte Geldpolitik wirke dem immer noch vorhandenen Inflationsdruck entgegen. Es sei aber nicht auszuschliessen, dass eine weitere Straffung der Geldpolitik nötig werden könnte. Unserer Ansicht nach ist der Zinsgipfel, bzw. präziser ausgedrückt, die Zinshochebene nun aber erreicht. Hochebene insofern, als dass der Leitzins über längere Zeit bei 1,75 Prozent verharren dürfte. Insgesamt kann die heutige Lagebeurteilung als «Non-Event» betrachtet werden. So wurden nebst dem unveränderten Leitzins auch die Aussagen zu den Devisenverkäufen und Verzinsungslimiten der Sichtguthaben nicht geändert.

Überraschung bei der bedingten Inflationsprognose

Die Schweizer Inflationsrate ist seit Februar, als sie bei 3,4 Prozent notierte, Monat um Monat gefallen. Seit dem Sommer liegt sie gar wieder innerhalb des Zielbandes der SNB von 0 bis 2 Prozent. Zweifelsohne hat die SNB dies mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen. Dennoch erachtete sie das Risiko von Zweitrundeneffekten als immer noch nicht gebannt. Denn wie die SNB ausführt, liegt ihre bedingte Inflationsprognose am Ende des Prognosezeitraums nur knapp im Bereich der Preisstabilität. Es ist jedoch als Überraschung zu werten, dass die aktuelle Inflationsprognose – bei unverändertem Leitzins – unterhalb derjenigen vom Juni zu liegen kommt. So sind in den letzten Monaten einige Daten publiziert worden, die auf eine höhere zukünftige Inflation hätten schliessen lassen können. Im Mittel werden die Strompreise nächstes Jahr um 18 Prozent ansteigen, die hypothekarische Referenzzinssatz wird mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits im Dezember 2023 ein weiteres Mal erhöht und der Erdölpreis ist trotz globaler Konjunkturabkühlung jüngst angestiegen, was die Wahrscheinlichkeit von Zweitrundeneffekten tendenziell erhöht. Aus den Ausführungen der SNB kann indes geschlossen werden, dass die konjunkturelle Abkühlung und ein etwas tieferer Inflationsdruck aus dem Ausland die Inflationsprognose stärker beeinflusst haben als die angekündigten Preissteigerungen in der Schweiz. Die aktuelle Prognose der SNB sieht die Inflation in diesem und im nächsten Jahr bei 2,2 Prozent, für 2025 rechnet sie mit einer durchschnittlichen Teuerung von 1,9 Prozent.

Keine Änderungen der Devisenpolitik

Im Vorfeld der SNB-Lagebeurteilung war von den Ökonomen erwartet worden, dass die Notenbank nebst einer Leitzinserhöhung auch Änderungen zur Währungspolitik und zur Verzinsung der Mindestreserven bekanntgeben wird. Diese Erwartungen wurden nicht erfüllt. Wie die SNB in ihrer Medienmitteilung schreibt, ist sie weiterhin bereit, bei Bedarf am Devisenmarkt zu intervenieren. Dabei stehen Devisenverkäufe im Vordergrund. Die Sichtguthaben der Banken werden unverändert bis zu einer bestimmten Limite zum SNB-Leitzins von 1,75 Prozent verzinst. Guthaben oberhalb dieser Limite werden zu 1,25 Prozent verzinst.​

Einschätzung aus dem CIO Office

Die SNB folgt dem Fed und belässt den Leitzins unverändert. Obwohl wir von einer letzten Zinserhöhung durch die SNB ausgegangen waren, trifft uns der Zinsentscheid nicht unvorbereitet. Für die Anleger und die Entwicklung an den Finanzmärkten stand ohnehin der Entscheid der EZB und des Fed im Vordergrund. Dessen Ausgang bekräftigt uns in unserer taktischen Positionierung. Dass die SNB die Zinsen unverändert belässt, ändert nichts am taktischen Anlageausblick. Wir gehen aufgrund der neuen Ausgangslage nicht von einer anhaltenden Schwäche des Schweizerfrankens aus. Dass der Schweizerfranken kurzfristig gegenüber den Hauptwährungen nachgibt, ist naheliegend und höchstens als abnehmende Schweizerfrankendominanz innerhalb der sicheren Häfen zu verstehen. Zumal sich die Inflationsentwicklung in der Schweizer relativ zum Rest der Welt weiterhin vorteilhafter präsentiert.