«Ich will näher heran an die nahe Bank»

Der Kantonsrat hat gewählt: Mark Roth wird der Nachfolger von János Blum im Bankpräsidium der Zürcher Kantonalbank. Der 47-jährige Wirtschaftsprüfer und langjährige Bankrat sowie Leiter des Prüfausschusses tritt sein Amt per 1. Februar an. Wer ist der Mann, der an der Seite von Jörg Müller-Ganz und Roger Liebi in Zukunft das oberste Organ der Zürcher Kantonalbank leiten wird? Und welche Akzente will er im Präsidium setzen?

Text: Marco Schwarzenbach / Bilder: Simon Baumann

Mark Roth, neues Mitglied des Bankpräsidiums der Zürcher Kantonalbank
Mark Roth wird in Zukunft häufiger am Hauptsitz der Zürcher Kantonalbank anzutreffen sein.

Der Gedanke, einmal in das Bankpräsidium aufzusteigen, kam Mark Roth immer einmal wieder in den Sinn. Schliesslich hat er sich als Vertreter der SP und somit einer der drei grössten Parteien im Bankrat durchaus zum Kreis der Favoriten zählen dürfen. Dass die Ankündigung des Rücktritts von János Blum im Juni 2021 dann doch schneller als erwartet kam, liess aus der Überlegung Roths ein konkretes Vorhaben werden. Es folgten Gespräche und Evaluationen in der Fraktion, bei der FINMA und auch bei einem Executive-Search-Unternehmen. Der Einbezug eines Rekrutierungsprofis wurde mit der Änderung des Reglements über die Wahl des Bankrats und -präsidiums der Zürcher Kantonalbank im vergangenen Jahr neu eingeführt. Mark Roth ist somit der erste Kandidat, der nach neuem Reglement in das Präsidium der Bank gewählt worden ist. Diesen Montag wählte ihn der Kantonsrat ohne Gegenstimmen.

Die Bank im Zentrum

Mit seiner Wahl ins Bankpräsidium erhält die Bank einen noch wichtigeren Stellenwert im Wirken von Mark Roth. Statt nur nebenamtlich, wird er sich in Zukunft vollamtlich um die Belange der Zürcher Kantonalbank kümmern. Er freue sich sehr darauf, die Bank ins Zentrum seiner beruflichen Tätigkeit stellen zu können und den Austausch mit der Generaldirektion zu vertiefen. «Kurz gesagt, ich will noch näher heran an die nahe Bank.»

In Zukunft ist er nicht mehr nur einer von dreizehn, sondern einer von dreien. Befürchtet er als Vertreter der SP im Bankpräsidium in Zukunft mit seinen Positionen häufiger in der Minderheit zu sein? Schliesslich vertreten Jörg Müller-Ganz (FDP) und Roger Liebi (SVP) jeweils eine bürgerliche Partei. Keinesfalls, sagt Mark Roth. Das gemeinsame Ziel der Arbeit im Präsidium sei es, das Beste für die Bank herauszuholen und sie weiter erfolgreich zu lenken; da spiele das Parteibuch kaum eine Rolle.

«Politisch gefärbte Diskussionen werden sich, wenn überhaupt, eher um Kleinigkeiten drehen. Sicher werden wir teilweise etwas andere Schwerpunkte setzen wollen. Grundsätzlich sind wir uns aber über den Auftrag der Bank in unserem Kanton über alle Couleur hinweg einig», sagt Mark Roth. Zumal: Er kenne und schätze die Zusammenarbeit mit dem bisherigen Präsidium. Auch wenn er früher mit Roger Liebi intensive Diskussionen geführt habe, «wo auch mal die Fetzen flogen» – beide sassen gemeinsam im Gemeinderat der Stadt Zürich –, so sei dies im Bankrat nie der Fall. Eben: Dort stehe die Bank im Zentrum.

Wahl ins Bankpräsidium der Zürcher Kantonalbank, Wahlurne
Der Kantonsrat wählte Mark Roth ohne Gegenstimmen. (Bild: Parlamentsdienste Kantonsrat Zürich)

Diversity, Nachhaltigkeit und Vorbildlichkeit

Unser neues Präsidiumsmitglied hat eine klare Vorstellung davon, was die Zürcher Kantonalbank ausmacht. «Es ist der Leistungsauftrag. Und: Dass wir die Bank der Zürcherinnen und Zürcher sowie der Zürcher Firmen sind – und stets ein vorbildlicher Arbeitgeber.»

Letzteres sei an der grossen Loyalität der Mitarbeitenden abzulesen. Er sei jedes Mal wieder beeindruckt und erst recht stolz, wenn er Mitarbeitende, die über 40 Jahre bei der Bank gearbeitet hätten, in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden dürfe. Zu diesen beiden Themen – die konsequente Erfüllung des Leistungsauftrags und die Qualitäten als Arbeitgeberin – will Mark Roth mit seinem Eintritt in das Bankpräsidium beitragen, aber auch eigene Akzente setzen. So liegt es ihm am Herzen, die Diversität in der Bank und insbesondere auf Direktionsstufe weiter zu erhöhen, auch um die Bank weiter fit für die Zukunft zu machen.

Die Zürcher Kantonalbank in zehn Jahren werde wohl noch viel digitaler und automatisierter funktionieren. «Im Grundsatz werden die Kundenbedürfnisse im Banking dieselben bleiben, aber die Erwartungen, wie die Bank diese erfüllt, werden sich verändern – insbesondere dahingehend, wie schnell und einfach eine Bankdienstleistung abgewickelt werden sollte», so Mark Roth.

Er zieht hier den Vergleich zur Industrie, die im Gegensatz zu den Banken wegen eines stärkeren Kostendrucks viel stärker und früher auf vollautomatisierte Prozesse hätte setzen müssen. «Um dem Druck standzuhalten, ist es essenziell, dass wir die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden ins Zentrum stellen und versuchen, diese stets so effizient wie möglich zu erfüllen.» In der Industrie gelang dies durch Investitionen in Forschung und Entwicklung – im Fall der Banken hätten diese in der IT zu erfolgen. «Da ist die Zürcher Kantonalbank bestens aufgestellt», ist Mark Roth überzeugt.

Acht Jahre, viele Highlights und ein Sorgenkind

Evident ist: Mark Roth kennt die Zürcher Kantonalbank aus dem Effeff. 2013 wurde er in den Bankrat gewählt. Momente der letzten acht Jahre, auf die er besonders gerne zurückblickt, sind die Übernahme der Swisscanto, der Roll-Out des Mobile-Bankings, wie die Bank mit Jubiläums- und Corona-Dividenden einen wichtigen Beitrag im Kanton leistete und wie mit Florence Schnydrig endlich die erste Frau in die Generaldirektion der Bank gewählt wurde – «mehr als überfällig».

Grössere Sorgen bereitete dem Bankrat während dieser Zeit eigentlich nur der Steuerstreit mit den USA. «Es war in erster Linie die Unsicherheit, die offenen Fragen und die lange Dauer des Prozesses, die das Ganze sehr herausfordernd gestalteten. Das Interesse an dem Fall war gross, auch in der Politik. Wir im Bankrat konnten leider oft nur unbefriedigend Auskunft geben», resümiert Mark Roth – er leitete während dieser Zeit auch den Prüfausschuss der Zürcher Kantonalbank.

Den US-Steuerstreit wird Mark Roth als besonders grosse Herausforderung aus seiner Zeit im Bankrat in Erinnerung behalten. Darüber hinaus plagten zum Glück keine grösseren Krisen die Bank – und sie meisterte auch stürmischere Zeiten wie den Ausbruch der Covid-Pandemie mit der gewohnten Umsicht. Mit dem Eintritt von Mark Roth ins Bankpräsidium und den Prioritäten, die er sich setzt, wird sich die Bank weiterhin treu bleiben und ihren bewährten Kurs beständig fortsetzen.

Zur Person

Von Zürich nach Amman und wieder zurück

Mark Roth, neues Mitglied des Bankpräsidiums der Zürcher Kantonalbank

 

Mark Roth wuchs in Albisrieden auf, wohnte zur Zeit der Lettenräumung in der ersten eigenen Wohnung im Kreis 4, dann im Kreis 5. Heute lebt er mit seiner Frau im Giesshübel. «Man könnte meinen, ich sei nicht wirklich ‹weit› gekommen im Leben. Aufgewachsen bin ich beim Triemli – und heute wohne ich kaum einen Kilometer Luftlinie entfernt», sagt Mark Roth schmunzelnd.

Seine berufliche Laufbahn begann Mark Roth als KV-Lehrling bei der Bank Hyposwiss in Zürich. Nach dem Lehrabschluss arbeitete er in der Wertschriftenbuchhaltung. «Zu meiner Berufswahl trugen insbesondere mein fehlendes handwerkliches Geschick und meine mangelnde Begabung bei, was Fremdsprachen anbelangt», so Roth. Nach der Weiterbildung an der Fachhochschule landete er dank eines Headhunters in dem Bereich, in dem er die letzten 20 Jahre wirkte: in der Revision und Wirtschaftsprüfung. «Ich fand die Revision schon zu meiner Zeit bei der Bank spannend. Ich bin ein Zahlenmensch, ich schaue gerne genau hin, stelle Fragen und analysiere – all das fand ich in dem Beruf wieder.»

Den Einstieg in die Wirtschaftsprüfung unternahm Mark Roth bei EY in Zürich, für jenes Unternehmen verschlug es ihn dann auch an den exotischsten Ort in seiner beruflichen Laufbahn: Jordanien. Nach einer kurzfristigen Anfrage eines damaligen EY-Partners – von der Frage bis zum Abflug vergingen kaum zwei Monate –, verbrachte er knapp ein Jahr in Amman, Jordaniens Hauptstadt, dort arbeitete er in der Ausbildung für Bankenprüfungen.

«Vor der Abreise hatte ich schon Respekt; ich habe versucht, mich so gut wie möglich auf das neue Land und die neue Kultur vorzubereiten, leider waren Reiseführer und Bücher über Jordanien in jenen Jahren kaum zu finden.» Doch bald nach seiner Ankunft in Amman verschwanden die anfänglichen Bedenken des damals 31-Jährigen. Heute erinnert er sich gerne zurück an die Zeit im Haschemitischen Königreich. «Ich wurde sehr gut aufgenommen und erlebte ein progressives und offenes Land.» In Jordanien lernte Mark Roth auch seine Frau kennen, doch es kam die Zeit, als es ihn wieder zurück nach Zürich zog. Und so gingen die Roths. Seit 2009 ist er bei der Budliger Treuhand AG tätig, seit 2014 als Partner und Teilhaber. Er leitet den Fachbereich Wirtschaftsprüfung – aus dem Unternehmen zieht er sich operativ zurück.

Mit der Stadt Zürich verbindet Mark Roth aber nicht nur Privatleben und Beruf, sondern auch sein politisches Engagement, insbesondere seine Zeit im Zürcher Gemeinderat für die SP von 2001 bis 2006. Im Parlament gehörte er – wie könnte es anders sein bei seiner Expertise –, der Rechnungsprüfungskommission an und schaute der Stadtverwaltung in finanziellen Belangen auf die Finger.

Seit dieser Zeit sei er wohl etwas gelassener geworden, sagt Mark Roth, auch dank 20 Jahren mehr Lebenserfahrung. «In jüngeren Jahren wird die Welt mitunter durch eine ideologischere Brille betrachtet. Man handelt selbst ideologischer und unterstellt dem Handeln anderer auch schneller einmal eine ideologische Prägung», so der ehemalige Gemeinderat.

Neben Treuhandbüro und Bankrat blieb in den vergangenen Jahren nicht viel Zeit für besondere Hobbys, was wohl so bleiben dürfte. Auch die Fussballschuhe hat Mark Roth vor einiger Zeit an den Nagel gehängt. Er lief früher für die Junioren des FCZ auf und schoss bis vor einigen Jahren für den Altherrenklub des FC Gemeinderat Tore. «Meine Freizeit verbringe ich gerne auf dem Uetliberg beim Spazieren, auch ein guter Krimi und eine spannende Netflix-Serie gehören zum Programm.»

In Zukunft möchte Mark Roth wie schon sein Vorgänger János Blum das eine oder andere Amt im Rahmen des umfangreichen Engagements der Zürcher Kantonalbank übernehmen, insbesondere im kulturellen Bereich.

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